Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
Sueskanal nahmen, waren bekannt dafür, dass sie gern und viel tranken und auf einer so langen Reise niemals einem aufregenden Kartenspiel abgeneigt waren. Bei diesen gut betuchten Passagieren ließ sich bestimmt einiger fetter Rahm abschöpfen. Und genau das würde er auch tun!
    »Wollen doch mal sehen, wer hier die beste Hand hat, McLean!«, rief Fluke und riss ihn damit aus seinen selbstgefälligen Überlegun gen. Fluke warf fünf Sovereigns * in den Pot. Damit hatte er gleichge zogen. »Call, McLean! Nun lass sehen, was du zu bieten hast!«
    Alistair McLean machte es kurz und schmerzlos. Er wollte jetzt nichts weiter, als den Pot einstreichen, sich aus Kendalls Würgegriff befreien und dann eine halbe Ewigkeit schlafen.
    »Fullhouse!«, verkündete er im rauchgeschwängerten Hinterzim mer der Taverne und warf sein Blatt – ein Drilling Könige und ein Zwilling Buben – auf den grünen Filz des Spieltisches.
    Fluke sog scharf die Luft ein. »Fullhouse? Und ich wäre jede Wette eingegangen, dass du nichts auf der Hand hast und es mal wieder mit einem dreisten Bluff versuchst!« Er lachte trocken auf. »Gut, ich habe mich geirrt. Was aber nichts daran ändert, dass du dennoch verloren hast, McLean.« Und damit knallte nun er seine Karten triumphierend auf den Tisch: »Straightflush!«
    Ein erregtes Raunen ging um den Tisch.
    Alistair McLean erbleichte. Er konnte nicht glauben, dass für ihn das Spiel aus war, er alles verloren hatte, es keine Überfahrt erster Klasse nach Ägypten oder sonst wo geben würde und er bald mit Be such von Kendalls Schlägern rechnen musste. Er hatte den fettesten Pot des fünfzehnstündigen Marathonspiels schon so gut wie sicher gehabt und ihn nun doch verloren – und zwar mit einem grandiosen Fullhouse auf der Hand! Dabei lag die Wahrscheinlichkeit, solch gute Karten in die Hände zu bekommen, gerade mal bei etwa 1:500! Das bedeutete, dass diese Kombination in fünfhundert Runden nur ein einziges Mal auftauchte. Und mit solch einem exzellenten Blatt gegen eine Straße aus fünf aufeinanderfolgenden Karten von einer Farbe zu verlieren, das kam gewiss nur in einer von 10 000 Runden vor!
    * Goldmünze im Wert von 1 Pfund Sterling
     
    Und dennoch war dieser höchst unwahrscheinliche Fall eingetre ten!
    Wie betäubt kam Alistair McLean von seinem Stuhl hoch. Er hörte nicht, was Fluke und die anderen sagten, als er aus dem Zimmer tau melte. Es rauschte in seinen Ohren und er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
    Er wankte durch den kurzen Gang zur Hintertür, die auf der Rück seite der Half Moon Tavern in eine schmale, verschwiegene Sackgasse führte. Gerade hatte er die Tür geöffnet, als sich ihm plötzlich von hinten eine schwere Hand auf die Schulter legte.
    »Nicht so eilig, McLean!«
    Erschrocken fuhr er herum und starrte in das breite Grinsen von Todd Callaway, dem die Taverne mit dem illegalen Spielklub gehör te. Er hatte nicht bemerkt, dass der bullige Wirt ihm gefolgt war, und befürchtete das Schlimmste. Nämlich dass Kendalls Eintreiber wo möglich schon vorne in der Schankstube auf ihn warteten und ihm nun eine Kostprobe von dem geben wollten, was ihm blühte, wenn er nicht bald seine Schulden bezahlte oder zumindest die fälligen Wochenzinsen in Höhe von zwanzig Pfund beibrachte.
    Umso verblüffter war er deshalb, als Todd Callaway nun freundlich und aufmunternd sagte: »Nimm es nicht so schwer, McLean. Das war heute einfach nicht dein Tag. Sei froh, dass du dir Snake vom Hals geschafft hast. War clever, erst mal deine Schulden bei ihm zu begleichen, bevor du dich bei mir an den Tisch gesetzt hast. Und wenn du das nächste Mal mau bist und einen Kredit brauchst, dann komm zu mir, okay? Ich gebe mich mit zehn Prozent zufrieden – und das bei vierzehn Tagen Laufzeit!«
    Verständnislos sah Alistair McLean ihn an. Seine Schulden bei Ken dall »Snake« Taylor sollten beglichen sein? Wo hatte Todd denn nur diesen Unsinn her? Davon konnte er doch bloß träumen!
    Aber bevor Alistair McLean ihn danach fragen konnte, zog der Wirt einen Briefumschlag hervor, auf dem in burgunderroter, kratziger Handschrift sein Name geschrieben stand, und fuhr fort: »Hier, das ist vorhin für dich abgegeben worden. Frag mich nicht, von wem. Der Bursche hat mir nur aufgetragen, dir diesen Brief am Ende eures wilden Zockermarathons in die Hand zu drücken. Und er hat sich für die Gefälligkeit wahrlich nicht lumpen lassen.« Damit schlug er ihm noch einmal freundschaftlich auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher