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Die Jagd nach dem Meteore

Die Jagd nach dem Meteore

Titel: Die Jagd nach dem Meteore
Autoren: Jules Verne
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jetzt vergeblich suchen würde, gehörte noch zu der jetzt erloschenen Art, die etwas von der Natur des Hundes und der Katze an sich hat: von der des Hundes, der sich treu an seinen Herrn anschließt, und von der der Katze, die an das Haus gefesselt bleibt, in das sie gehört. Man kann sich wohl leicht vorstellen, daß Mitz dem Mr. Dean Forsyth gegenüber das Herz auf der Zunge hatte. Wenn dieser unrecht hatte, sagte sie es ihm frank und frei ins Gesicht, doch mit so bestechenden Wendungen, daß sich ihre Worte in deutscher Sprache gar nicht treu wiedergeben lassen. Wollte Forsyth aber dennoch keine Einsicht haben, so blieb ihm nichts andres übrig, als sie stehen zu lassen, sich in sein Kabinett zurückzuziehen und dieses fest zu verriegeln.
    Mr. Dean Forsyth brauchte jedoch niemals zu fürchten, hier allein zu sein. Er fand in dem Zimmer stets noch eine andre Person, die sich in derselben Art den Verweisen und Ermahnungen Mitzens entzogen hatte.
    Diese Persönlichkeit hörte auf den Namen Omikron. Ein seltsamer Name, der sich von der untermittlern Natur eines Männchens herleitete, welches, wenn der Betreffende nicht gar so klein gewesen wäre, gewiß auch noch den Zunamen Omega erhalten hätte. Im Alter von fünfzehn Jahren vier Fuß sechs Zoll groß, war das Männchen später nicht weiter gewachsen. Sein richtiger Name lautete Tom Wife, und er war in jenem Alter, schon zu Lebenszeiten des Vaters Dean Forsyths, als junger Diener in dessen Haus gekommen. Da er jetzt fünfzig Jahre zählte, liegt es auf der Hand, daß er bereits fünfunddreißig Jahre bei dem Oheim Francis Gordons im Dienste stand.
    Hier müssen wir einflechten, woraus denn dieser Dienst bestand. Darin nämlich, Mr. Dean Forsyth bei seinen Arbeiten zu unterstützen, Arbeiten, für die er eine nicht minder große Leidenschaft hatte als sein Herr.
    Mr. Dean Forsyth arbeitete also?
    Ja freilich; doch nur aus Liebhaberei, aber mit welchem Eifer, mit welcher Zähigkeit, das wird sich im weitern Verlaufe dieser Erzählung zeigen.
    Womit beschäftigte sich denn Mr. Dean Forsyth? Mit Heilkunde oder Rechtswissenschaft, mit Literatur oder Kunst oder vielleicht mit Handelsgeschäften, wie so viele Bürger des freien Amerika?
    Fehlgeschossen!
    Nun, womit denn dann? fragt der Leser. Doch wohl mit den Wissenschaften?
    Auch das nicht, wenigstens dieser Plural ist nicht richtig. Nein, nicht mit den Wissenschaften, sondern mit der Wissenschaft, nämlich der erhabensten, in der Einzahl: ausschließlich mit der, die sich die Astronomie nennt.
    Er träumte nur von Planeten-und Sternentdeckungen. Nichts oder fast nichts von dem, was auf unserer Erdkugel vorging, schien ihn zu interessieren, er lebte nur in dem unendlichen Weltraume. Da er darin aber weder ein Frühstück noch ein Mittagsmahl gefunden hätte, mußte er des Tags über wohl oder übel wenigstens zweimal von da herabsteigen. Gerade am heutigen Tage stieg er nicht zur gewohnten Stunde herunter; er ließ auf sich warten, worüber Mitz, die den Tisch längst zurecht gemacht hatte, wirklich schimpfte.
    »Er wird also gar nicht kommen? rief sie wiederholt.
    – Ist denn Omikron schon da? fragte Francis Gordon.
    – Der?… Na, der steckt doch immer, wo sein Herr ist, erwiderte die Haushälterin. Ich habe wahrhaftig nicht Beine genug – ja, so drückte sich die ehrbare Mitz wirklich aus! – nicht genug, auf seinen Hühnerstall hinaufzuklettern!«
    Der betreffende Hühnerstall war nichts mehr und nichts weniger als ein Turm, der zwanzig Fuß über das Dach emporragte oder, um das Kind beim rechten Namen zu nennen, eine Sternwarte. Unter der obern Galerie befand sich ein rundes Zimmer mit vier nach den Haupthimmelsgegenden gerichteten Fenstern. Im Innern standen, auf ihrem Untergestell drehbar, mehrere Fernrohre und einige stark vergrößernde Teleskope, und wenn deren Objektive nicht abgenutzt aussahen, so lag das nicht darin, daß sie unbenutzt gewesen wären. Weit eher war zu befürchten, daß Mr. Dean Forsyth und Omikron dadurch, daß sie mit den Augen immer vor den Okularen ihrer Instrumente lagen, sich die Augen schließlich gründlich verderben würden.
    In diesem Zimmer verbrachten die beiden, einander zeitweilig ablösend, den größten Teil des Tages und der Nacht. Sie blickten umher, beobachteten, durchsuchten die Zwischenräume der Sterne immer in der Hoffnung auf eine Entdeckung, die sich mit dem Namen Dean Forsyths verknüpfen sollte. Bei klarem Himmel war das ja leicht; es gehörte hier aber dazu,
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