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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben
Autoren: Bruno Maccallini
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die Mehrzahl der Mailänder – nicht nur Gianna – diese Unsitten ablehnt. Für mich und für viele Einwohner der Stadt, die sich mit diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten nicht identifizieren können, wirkt Mailand wie eine etwas heruntergekommene, eigentlich wunderschöne Frau, die durch ihr zugefügte Verletzungen misstrauisch geworden ist. Es ist eine Stadt voller Überraschungen wie diese russischen Matroschkapuppen. Man muss nur wissen, wie und wo man sie hinter dem »äußeren Schein« entdecken kann. Daher lade ich Sieein, neben den Navigli auch den Parco Trotter zu besichtigen, wo einst die erste Pferderennbahn der Stadt lag; außerdem die Gässchen im Morigi-Viertel und die Gegend um die Porta Venezia, diesen magischen Ort, der quadrilatero del silenzio genannt wird, weil in diesem von vier Straßen umgebenen Block aus alten Wohnhäusern mitten im Stadtzentrum eine so herrliche Ruhe herrscht; dann Monte Stella, die Via degli Orti und all die Winkel, in denen sich Spuren dieses ebenso volkstümlichen wie eleganten, »alten und gebildeten« Mailands erhalten haben. Und auch wenn es nicht ganz einfach ist, die Stadt mit dem Fahrrad zu erkunden (entweder geht man das Risiko ein, von einem Auto oder Bus zu Fall gebracht zu werden, oder man gerät mit den Rädern in die Gleise der Straßenbahn), machen Sie doch trotzdem mal eine Bike and the City -Tour.
    Gianna und ich, wir haben das jedenfalls getan, und zwar an einem Samstagnachmittag, als sich die Stadt allmählich leerte und wir uns fragten, was wir nach einer todlangweiligen Modenschau jetzt noch mit dem Rest des Tages anfangen könnten ... also, ich habe mich durch die verborgenen Winkel Mailands treiben lassen und einen wirklich angenehmen Nachmittag verbracht, der meine Meinung über diese Stadt sehr verändert hat.
Noch ein paar Tipps zum Schluss:
    Radeln Sie langsam, nur keine Eile, bis zu den Navigli. Dort im Kanal schwimmen Enten, und die für Mailand so typischen Wohnhäuser mit Innenhöfen und Außentreppen spiegeln sich im Wasser ... Schweigen Sie und lauschen ... Sie hören bloß die Unterhaltungen von Leuten, die sich Zeit nehmen wie Sie, den Pfiff eines Zuges irgendwo in der Ferne und das leise Surren der Fahrräder. Schauen Sie sich die illegalen Gärten mit ihren surrealen Wassermühlen an (eine sieht aus wie eine riesige Waschmaschinentrommel mit Schaufeln aus Plexiglas), die Ihnen vom anderen Ufer zuzuwinken scheinen. Lassen Sie sich auf einen kleinen Markt in irgendeinem Viertel locken ... da finden Siebestimmt auch einen Stand mit antiquarischen Büchern, stöbern Sie ein wenig, und kaufen Sie für drei Euro ein Werk mit dem viel versprechenden Titel La vecia Milan – »Das alte Mailand«. Es genügt so wenig, um einen Tag in Italien schön und »nicht perfekt« zu machen.

35.
    TORRE DEL LAGO
    2008–1920
Die falschen Klischees über Italiener
    Lange habe ich mich mit dem Gedanken getragen, eine Komödie zu schreiben über die falschen Klischees, die man uns Italienern so im Allgemeinen anhängt. Selbst als ich dieses Projekt begraben hatte, ließ mich die Idee nicht mehr los, und ich habe immer mal wieder amüsante Überlegungen zu dem Thema angestellt. Zum Beispiel macht es mir riesigen Spaß, mir vorzustellen, wie und wann das erste Klischee über uns entstanden sein mag. Zu Zeiten von Mazzini und Garibaldi war der typische Italiener ganz bestimmt kein Kerl mit verspiegelter Sonnenbrille, der ständig laut in mindestens ein Mobiltelefon spricht und selbstverständlich perfekt angezogen ist (wir Italiener müssen ja bekanntermaßen immer bella figura – eine gute Figur – machen), aber ganz sicher hat man sich schon damals das Maul über ihn zerrissen. In Europa hieß es auf jeden Fall schon zu jener Zeit, Italiener wären nicht vertrauenswürdig und würden jedermann, insbesondere Fremde, übers Ohr hauen. Daraus entwickelte sich dann der Italiener als Mafioso. Dieses Bild zieht sich wie ein Leitmotiv durch die Geschichte und geht einerseits auf die massenhafte Auswanderungswelle nach Amerika in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zurück, zum Teil auch auf die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, als dort die ersten mafiösen Strukturen entstanden. Kein gutes Licht auf uns wirft auch der Ausspruch eines berühmten weiblichen Popstars: »Ich bin in Venedig gewesen, und es hat mir dort so gut gefallen, dass ich mir auch das Venedig in Las Vegas ansehen wollte. Es ist natürlich kleiner, aber viel, viel sauberer ...
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