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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben
Autoren: Bruno Maccallini
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Castello … Da kommt mir dieser Wahnsinnige doch glatt mit einer Flasche Wodka in der Hand hinterher und will mir noch unbedingt eine Anekdote über Jim Morrison und Robert Plant erzählen. Es ist vier Uhr in der Früh, keine Menschenseele ist auf der Straße.
    »Einesss Taaagesss trafen sssich Jiiim und Roobert auf dem Flughafen von Phoeeenixxx. Jim fragt Rooobert: ›Was machst du denn sooo?‹, und Rooobert aaantwortet: ›Ich bin der Sänger von Led Zzzeppelin.‹ – ›Nie gehört‹, sagt darauf Jim. Robert is baff, das ist völlig unmöglich, jeder kennt Led Zeppelin, zu der Zeit wusste sogar meine Oma, wer die waren! Doch Rooobert bleibt ganz coool und fragt zzzurück: ›Und du, was machst du denn so?‹ Darauf Jim: ›Ich bin Dichter!‹ Und weißt du, was dieses coole Arschloch von Rooobert ihm darauf geantwortet hat? ›Tja, ich war auch mal ein Dichter. Aber dann wurde ich berühmt!‹«
    Er lacht sich über seinen Scherz halb kringelig und kippt dazu den letzten Rest Wodka in sich hinein. Darauf tritt er nach einer Taube, die neben seinem Schuh gelandet ist und dort nach Krümeln pickt, und als er sie nicht erwischt, wirft er die Flasche nach ihr.
    »Ich hasse Jim Morrison und alle, die meinen, sie wären Dichter!«
    »Was hast du denn gegen diese arme, unschuldige Taube? Was hat sie dir denn getan?«
    Ich sehe ihm noch lange nach, wie er im Dunkel der Nacht verschwindet und dabei wie ein Verrückter brüllt: »Ich hasssse Jim Mooorrison und alle Taaauuuben dieser Welt!«
    ~ ~ ~
    Als die Frau, die die Tauben fotografierte, feststellte, dass mein Vater nicht mehr zurückkam, wurde sie langsam sichtlich ungeduldig und besorgt. Inzwischen fühlte ich mich völlig verloren und heulte wie ein Schlosshund. Ein Bersagliere brachte mich dann aufs Polizeipräsidium. Zwei Stunden später sah ich meinen Vater wieder, der sich wortreich beim Beamten für sein »kleines« Versehen entschuldigte und ihm versicherte, dass er mich ab sofort nie wieder allein lassen würde.

2.
    CAPO D’ORLANDO | SYRAKUS | NOTO
    1983
    Wie in einem Flashback erlebe ich noch einmal jene Nacht in Capo d’Orlando, einem Ort in der Provinz Messina. Wir hatten dieses kleine Hotel außerhalb der Stadt gewählt, weil es billig war, aber auch weil es so nah an dem wunderschönen Strand von San Gregorio lag. Einmal mit dem Wagen dieses lange Stück am Mittelmeer entlangzufahren, wo die Felsen ganz nahe am Strand stehen, und zu sehen, wie sich die Wellen des tiefblauen Meeres an ihnen brechen, das allein ist schon die Reise nach Sizilien wert. Kaum angekommen, fiel uns in der Hotelhalle ein seltsames Kommen und Gehen von Pärchen auf. Doch wir hielten uns nicht groß damit auf, wir Schauspieler sind ja – besonders am Beginn unserer Karriere – daran gewöhnt, in billigen Motels oder Stundenhotels zu übernachten. Außerdem blieben wir nicht lange, wir hatten nur kurz Zeit, unsere Koffer abzustellen, dann mussten wir schon zur Beleuchtungsprobe ins Theater. Erst als wir tief in der Nacht zurückkehrten, wurde meinen Freunden und mir klar, dass wir in einem Sexclub gelandet waren.
    Der Nachtportier, der sich merkwürdig steif bewegte und beim Atmen schrecklich keuchte, reichte uns ohne ein Wort die Schlüssel. Na ja, bei diesem ständigen Gästewechsel ist der bestimmt nicht sonderlich gesprächig, dachte ich bei mir. Aber tatsächlich wollte er sich wohl bloß heimlich unter dem Tresen seine Dosis Aerosol-Asthmaspray verpassen. »Ahò«, sagte einermeiner Freunde mit seinem ausgeprägten römischen Akzent, »der schiebt hier ja wirklich eine ruhige Kugel.«
    »Bleib du mal die ganze Nacht auf den Beinen. Weißt du, wie anstrengend das ist?«, erwiderte ich.
    »O ja, das meinst du vielleicht!«, erklärte er und verzog seinen Mund zu einem vielsagenden Grinsen. »Ich sag dir was, der zieht sich doch die ganze Nacht nur Pornos rein. Deshalb keucht der und nicht, weil er Asthma hat. Schau dir doch nur die tiefen Ringe unter seinen Augen an, die hat er sicher nicht vom Schlafmangel.«
    Wir brachen in schallendes Gelächter aus und gingen Richtung Aufzug. Dort drückte ich aus Versehen auf die –2 anstatt –1. Diese Etage bestand aus zwei Fluren rechts und links vom Aufzug, und als die Türen aufgingen, standen wir direkt vor einer leicht nach hinten versetzten Wand mit der Aufschrift »Golden Club Privé«. Angelockt durch die sanfte Musik und das gedämpfte Licht, beschlossen wir, einen Blick zu riskieren. Der Raum, mehr Kitsch als
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