Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn
Autoren: Ben Fountain
Vom Netzwerk:
die er eigentlich aufhalten müsste.
    »Keine Ahnung«, sagt Billy, »vielleicht ist Talent einfach billig. Gibt zu viele heiße Puppen hier.«
    »Stimmt doch gar nicht.«
    Billy lacht, aber seine Gedanken über blühende junge Körper und den Markt für menschliches Fleisch und das vermutlich gnadenlose Gesetz von Angebot und Nachfrage gehen viel weiter. Selbst wenn die Gesellschaft einen streng genommen nicht braucht, zu irgendwas ist man doch meistens trotzdem nütze.
    »Vielleicht wollen die da sein, von sich aus », sagt er, nur so vor sich hin. »Weil sie da tolle Jungs kennenlernen können, so was wie uns.«
    Mango lacht. »Wird so sein. Geht gar nicht um Geld, Alter. Die waren wirklich scharf auf uns.«
    Genau das hatte Sykes gestern Nacht gesagt, als er wieder aus dem Separee gekommen war. Die war wirklich scharf auf mich. Das war nicht wegen dem Geld . Noch immer geschockt von Shrooms Beerdigung an dem Nachmittag, hatten sie sich in Dallas sofort in Zivil geschmissen, fluchtartig das Hotel verlassen und sich total zugesoffen. Irgendwann im Lauf des Abends hatte sich jeder einen blasen lassen. Die war scharf auf mich war zum Witz der Nacht avanciert, aber jetzt, am Tag danach, ist Billy nur noch deprimiert. Die Erinnerung daran ist ein wie zweiter Kater, ein Schlackenring, der sich um seine Seele zieht wie ein Dreckrand in der Badewanne. Er beschließt, Blowjobs sind ätzend, einfach so an sich. Na ja, manchmal sind sie ganz gut. Okay, normalerweise sind sie richtig geil, solange sie dauern, aber seit einiger Zeit wird Billy das Gefühl nicht los, dass er eindeutig mehr im Leben braucht. Es hat gar nicht so viel damit zu tun, dass er mitneunzehn im Grunde immer noch Jungfrau ist, es ist eher so ein ausgehungertes Gefühl tief in der Brust, so eine Leere wie nach einer Fettabsaugung an seinen besten Teilen. Er braucht eine Frau. Nein, er braucht eine Freundin , er braucht jemanden zum Verschmelzen mit Leib und Seele, und er hofft jetzt seit zwei Wochen, dass so was endlich mal passiert, das mit der Freundin und dem Verschmelzen, seit zwei ganzen Wochen reist er jetzt durch diese unsere großartige Nation, und bei all den Kilometern und Städten und positiven Schlagzeilen, all der Liebe und Zuneigung, all den jubelnden und lächelnden Menschen müsste er so jemanden doch endlich mal finden.
    Entweder ist Amerika scheiße oder er. Und so geht er in der Halle spazieren mit einem wunden Herzen und dem deutlichen Bewusstsein, dass ihm die Zeit davonrennt. Heute Abend um zehn ist Rückmeldung in Fort Hood, morgen heißt es SACHEN PACKEN, und einen Tag später beginnt der siebenundzwanzigstündige Flug zurück zur Schlachtfeldtour. Billy hält es für ein reines Wunder, dass überhaupt noch einer von ihnen am Leben ist. Bisher haben sie Shroom und Lake verloren, Statistiker würden sagen: nur zwei Mann , aber jeder Bravo ist dem Tod schon mal um Haaresbreite entgangen, die Verlustrate könnte locker bei hundert Prozent liegen. Es ist das irrwitzig Zufällige , was einen mürbe macht, die Differenz zwischen Leben und Tod und schrecklicher Verwundung ist manchmal so hauchdünn wie bei der Frage, ob man sich auf dem Weg zum Essenfassen zum Stiefelbinden bückt oder nicht oder als Dritter in der Schlange vorm Scheißhaus steht und nicht als Vierter oder den Kopf nach links dreht und nicht nach rechts. Zufällig. Und von solchem Mist schwirrt einem der Kopf. Der fickt einem echt ins Hirn, das war Billy gleich bei der ersten Fahrt außerhalb der FOB Viper aufgegangen, als Shroom ihn angewiesen hatte, die Füße nicht nebeneinander, sondern hintereinander zu stellen, so verliert mannämlich, falls irgendeine selbst gebastelte Sprengfalle den Boden des Humvees durchschlägt, wenigstens nicht beide Füße, sondern nur einen. Ein paar Wochen lang hatte Billy brav genau so gestanden, hatte auch die Hände unter die Panzerweste geschoben und ständig Augenschutz und den ganzen anderen Krempel getragen, dann war er zu Shroom gegangen und hatte ihn gefragt: Und was macht man, damit man nicht verrückt wird? Shroom hatte genickt, als sei das eine ungemein vernünftige Frage, und ihm von einem Inuit-Schamanen erzählt, über den er irgendwo gelesen hatte, dass der einen angeblich nur ansehen müsse und auf den Tag genau wisse, wann man sterben werde. Den Tag verrate er aber nicht, das hätte er als unhöflich empfunden, als Einmischung in Dinge, die ihn nichts angingen. So viel zum Thema verrückt, was?, hatte Shroom gegluckst. Du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher