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Die Intrige

Titel: Die Intrige
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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dieser über das ganze Gesicht grinste.
    »Wie oft hat mein Vater zu mir gesagt, dass ich dumm, blöd und zu nichts zu gebrauchen bin und … bin ich wirklich der König von England? Und von Frankreich?« Chip lachte. »Super!«
    Chips Frohlocken erinnerte Jonas an etwas. An jemanden, der verkündete, dass er König sei, nein, dass er König sein
wolle
. Es war Simba, der im Film
König der Löwen
sang: »Ich will jetzt gleich König sein.«
    Na toll, dachte Jonas. Mein Kopf arbeitet gut genug, um sich an Disneyfilme zu erinnern. Damit bin ich auf dem Stand eines normalen Dreijährigen.
    Aber genau konnte er sich an den
König der Löwen
nicht mehr erinnern. Irgendetwas stimmte nicht damit, dass Simba dieses Lied sang. Es gab einen Haken, den der kleine Löwe nicht verstanden hatte … zum Beispiel, dass sein Vater würde sterben müssen, bevor er selbst König werden konnte.
    »Äh, Chip …«, setzte Jonas an, brachte den restlichen Gedanken aber nicht heraus. Simbas Vater wurde im Film von jemandem getötet, nicht? Und man versuchte doch auch Simba zu töten?
    Vielleicht war es gar nicht so super, König zu sein?
    Ehe Jonas Hirn und Mund dazu bringen konnte, eine Art Warnung für Chip zu formulieren, meldete sich eine andere Stimme aus der Dunkelheit.
    »Und wenn
er
König ist, wer bin ich dann?«
    Wenn er die Augen zusammenkniff, konnte Jonas gerade eben die Umrisse eines Jungen ausmachen, der mit dem Rücken an eine Steinwand gelehnt dasaß. Alex, schoss es ihm durch den Kopf. Der andere Junge, den man aus dem fünfzehnten Jahrhundert entführt hatte. Der andere Junge, der von HK in die Vergangenheit zurückgeschickt worden war.
    »Du bist sein jüngerer Bruder, Prinz Richard«, sagte HK.
    Alex schien darüber nachzudenken.
    »Nach dem Motto: der Thronfolger und sein Ersatz, stimmt’s?«, sagte er.
    »So könnte man sagen«, erwiderte HK zögerlich.
    »Und was geschieht mit uns?«, fragte Alex. »Was ist mit uns geschehen, meine ich. Beim ersten Mal?«
    »Das kann ich euch nicht sagen«, antwortete HK. »Denn für euch ist es noch nicht geschehen.«
    Wieder stöhnte Katherine.
    »Könnt ihr nicht einfach … den Mund halten?«, murmelte sie.
    »Tut so weh …«
    Jonas stützte sich auf die Arme, was ihn fast übermenschliche Kraft zu kosten schien. Sie zitterten erbärmlich.
    »Alles in Ordnung, Katherine?«, fragte er.
    »Nein«, stöhnte Katherine. »Ich glaube, ich muss sterben.«
    »Das ist die Zeitkrankheit«, stellte HK in leicht süffisantem Ton fest. »Man stirbt nicht daran, aber manchmal wünscht man es sich, genau wie bei der See- oder Luftkrankheit.«
    »Du … lieber … Himmel«, stöhnte Katherine. »Hat es sich für euch im einundzwanzigsten Jahrhundert etwa die ganze Zeit über so angefühlt? Fehl am Platz zu sein und im falschen Zeitalter?«
    Jonas dachte darüber nach. Er wusste nicht, welche geschichtliche Person er eigentlich sein sollte. Am Tag, als er herausgefunden hatte, dass er noch eine andereIdentität besaß, hatte es eine Menge Kämpfe, Geschrei und verzweifeltes Gerangel um die Oberhand gegeben. Es war nicht gerade der ideale Zeitpunkt gewesen, um einschneidende Neuigkeiten aufzunehmen, alle Konsequenzen zu bedenken und kluge Nachfragen anzustellen. Aber wenn er wirklich in eine andere Epoche gehörte, bedeutete das, dass praktisch sein ganzes Leben, nun ja …
falsch
gewesen war?
    »Nein«, sagte er eindringlich zu Katherine, während Chip im gleichen Augenblick »verstehe« flüsterte und Alex murmelte: »Das erklärt alles.«
    »Was?«, wollte Jonas wissen.
    »Weißt du noch?«, sagte Chip. »Ich habe es dir gesagt. Damals im Schulbus, als ich erzählt habe, dass ich mich schon mein ganzes Leben lang fehl am Platz gefühlt habe, als ob ich nicht dazugehöre oder woandershin. Bloß dass es eben nicht nur
wo
anders, sondern auch
wann
anders ist …«
    »Und du fühlst dich im Moment wirklich richtig super?«, fragte Alex. »Besser als je zuvor im Leben?«
    »Absolut«, sagte Chip. Selbst im Dunkeln konnte Jonas sehen, dass er heftig nickte.
    »Also ich nicht«, murmelte Katherine. »Ich fühle mich schlechter als je zuvor. Schlimmer als damals mit der Streptokokkenentzündung, als Mom mich in die eiskalte Badewanne setzen musste, um das Fieber zu senken. Schlimmer als mit einem Magen-Darm-Infekt. Schlimmer als –«
    »Katherine, ich kann dir und Jonas immer noch sagen, wie ihr zurückkommen könnt«, meldete sich HK über den Definator. Selbst über die Jahrhunderte hinweg und
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