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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich
Autoren: betty McDonald
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Häuser mit moderner Installation, elektrischem Licht und sogar Konzertflügeln hatte, und alle gehörten sie entzückenden Leutchen, die uns vermutlich mit Freuden als Mieter aufnehmen, ja, uns vielleicht sogar mietefrei bei sich wohnen lassen würden. Ich beschloß, die Kinder mitzunehmen, und am Freitag abend sagte ich zu Anne und Joan, daß wir am Samstag einen reizenden Picknick-Ausflug jenseits des wunderschönen Puget-Sundes machen würden, um ein nettes Häuschen für uns zu suchen, in dem wir alle gemütlich wohnen könnten. Meine Stimme war honigsüß, und vor lauter Gefühl brachte ich fast ein paar Krokodilstränen zustande.
    Anne und Joan warfen sich einen verständnisinnigen, mir einen argwöhnischen und Don einen kriegerischen Blick zu, und dann jammerten sie meiner Mutter etwas vor: «Aber Margar, samstags dürfen wir doch sonst immer ins Kino, nicht? Wir haben uns schon mit Patsy und Genevieve verabredet, und überhaupt gibt’s doch morgen Makkaroni mit Käse, nicht wahr, Margar?»
    Don war offensichtlich erleichtert, ich aber gekränkt. Nicht so gekränkt wie am Eltemtag vor vier Jahren, als Anne mich verleugnete, weil sie sich meinetwegen schämte, denn ich sah nicht ‹wie Ethels Mama› aus. Auch nicht so gekränkt wie damals, als sie nicht mit mir zur Kirche gehen wollten, weil ich Zigarettenraucherin sei. Mutter tröstete mich immerhin, daß Kinder gern immer wieder das gleiche täten, und das sei durchaus normal für Kinder. Da der Tag ohnehin regnerisch und trübe wurde, war es ein Glück, daß Don und ich alleine losfuhren. Das Picknick fand schließlich bei einer Tankstelle in unserm Wagen statt.
    Wir fuhren mit dem Neun-Uhr-Fährboot von Seattle ab. Ich hatte Don gesagt, daß wir nicht zu Hause frühstücken wollten, da es auf den Fährbooten immer so ausgezeichnetes Essen gäbe.
    «Zum Beispiel?» fragte Don mißtrauisch.
    «Zum Beispiel heiße Pfannküchlein mit Schweinsbratwürstchen», sagte ich und dachte an meine herrliche Jugendzeit. «Und Zeit genug haben wir ja, denn die Überfahrt dauert eine Dreiviertelstunde.»
    Die Überfahrt dauerte eine Dreiviertelstunde, aber das Frühstück bestand in einem altbackenen Brötchen mit Sirup und einer Tasse Kaffee, die offenbar aus Kaffeegrund des gestrigen Tages zusammengebraut war. Drüben suchten wir eine Häuser-Agentur und fanden auch eine in der Nähe der Landestelle. Weinlaub hing über der Tür, und der Besitzer sah so liebenswürdig aus, daß ich dachte, wir hätten uns in der Hausnummer geirrt. Nicht ein einziges Mal sagte Mr. Haggerty: «Es ist nämlich Krieg.» Er erwähnte nur, daß nicht viel zu machen sei, da eine Werft für ihre Arbeiter viele Wohnungen benötigt habe. «Ich will Ihnen aber zeigen, was ich an der Hand habe», sagte er und holte ein paar große, altmodische Schlüssel aus einem Schubfach.
    Was er hatte, war ein dünnwandiges, rachitisches Ferienhäuschen, das meilenweit von Fähre, Schule, Laden und jeglichem andern Haus entfernt lag. Es hatte kein elektrisches Licht, und das Badezimmer war auf der Hinter-Veranda. Man hatte einen Blick auf die Olympic-Berge, und mitsamt der sandigen Bucht, der vier Zimmer, mit verklumpten Matratzen und wackligen Korbstühlen sollte es sechzig Dollar Miete pro Monat kosten. Don wollte es sofort nehmen. Ich aber hatte schon in Häusern ohne Elektrizität und Nachbarn und mit Örtchen im Freien gelebt und blieb eisern fest. Don gab nur sehr widerstrebend nach.
    Das einzige andere Mietobjekt auf der Bainbridge-Insel, wie Mr. Haggerty mit reizender Offenheit erzählte, sei noch weiter weg von Fähre, Schule, Laden und jeglichem andern Haus und ebenfalls ohne elektrisches Licht. Es liege hoch oben auf einer Klippe und sei bei Ebbe leicht erreichbar, bei Flut dagegen sei es vorteilhafter, wenn man ein Fisch wäre.
    «Wir wollen es trotzdem besichtigen», drängte Don. Mir traten fast die Tränen in die Augen, und der gute alte Haggerty tat so, als habe er den Schlüssel nicht bei der Hand.
    Daraufhin erzählte ich ihm von meinen schönen Jugenderinnerungen und erkundigte mich nach meinen Freunden mit den Honigpflaumen und dem Konzertflügel. «Die Garsons, sagen Sie? Ach so, die Garsons! Sie meinen wohl die Garsons bei Willow-Point? Oh, die sind vor fünfzehn Jahren das letzte Mal hier auf der Insel gewesen.»
    «Und die Emersons?» fragte ich.
    «Die Emersons? Die in der Schattenbucht wohnten? Na, was Mrs. Emerson betrifft, die starb doch vor zwölf Jahren, und da zog Mr. Emerson
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