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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich
Autoren: betty McDonald
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haben wollten.
    George freute sich, daß uns seine Bucht so gefiel, aber er bezweifelte es sehr, ob wir hier ein Haus finden würden, das man mieten könne. Alle Anwöhner lebten seit mindestens fünfunddreißig Jahren hier und würden sich gewiß nie von ihren Häusern trennen, auch wenn sie keine Zufahrtstraße hatten, sondern nur einen Fußweg, und alle Lebensmittel im Boot herangeschafft werden mußten. Wir waren so betrübt, daß er uns zu einer Kahnfahrt um die Landzunge einlud und sagte: «Dann will ich euch mal ein Haus zeigen, das euch die Lust auf jede andre Bucht gänzlich austreibt.»
    Er steuerte das Boot auf einen Sandstrand zu; wir kletterten einen kleinen, sich schlängelnden Pfad hinan.
    Er hatte recht. Da lag das schönste Haus, das wir je gesehen hatten. Dummerweise waren die Hendersons, die dort wohnten und es vom Arzt gekauft hatten, der es sich hatte bauen lassen, sehr glücklich und zufrieden mit ihrem Haus.
    «Wir bleiben unser Leben lang hier», sagten sie selbstgefällig.
    Das Haus war aus behauenen Tannenstämmen erbaut und kuschelte sich in den grünen Hügelhang. Das Dach bestand aus handgeschnittenen Zedernholzschindeln, die durch Regen und Salzluft eine sanfte, zinngraue Farbe angenommen hatten. Die sehr kleine Küche hatte gemaserte Tannenholz-Vertäfelung, einen mit Ziegelsteinen verkleideten elektrischen Herd und in der Ecke einen Abfall-Brenner. Vor den Fenstern, die auf den Mount Rainier und über die ganze Meerenge blickten, stand ein blauer, flämischer Tisch mit vier Hockern, und der riesige Fensterkasten war voller roter Geranien. Das Wohnzimmer war dreizehn Meter lang, hatte einen tannenen Fußboden, einen gewaltigen steinernen Kamin, der bis ins obere Stockwerk reichte, eine bäurische Treppe, die auf einen Balkon oder Umgang führte, an dem die Türen zu drei kleinen Schlafzimmern und dem Badezimmer lagen. Am andern Ende lag das Elternschlafzimmer mit Balkendecke, Tannenwänden und kupfernem Rauchfang über dem Kamin. In allen Zimmern lagen handgewebte Teppiche, und die Tannenholz-Möbel hatte der Doktor selbst angefertigt. Zwei reizende Innenhöfe oder Patios waren mit Zedernholz-Scheiben belegt, in deren Zwischenräumen Moos wuchs. Der Süd-Patio war von einem Felsgärtchen eingeschlossen, in dem Heidekraut wuchs. Vor dem Wohnzimmer war ein Sitzplatz, auf den hohe französische Türen führten. Unter einem knorrigen alten Apfelbaum lag ein Teppich gelber Tulpen und blauen Günsels.
    Es war das Haus, von dem jede Frau heimlich träumt. Doch war es ganz eindeutig weder zu vermieten noch zu verkaufen; also sagten wir dem Traum Lebewohl und verließen Vashon.
    Dann fand meine Schwester Dede ein kleines Ferienhaus am andern Ende von Vashon und mietete es. Die nächsten paar Wochen beluden wir den Wagen jeden Samstag mit Lebensmitteln, den Kindern, dem Hund Tudor, Mutter und ihren Malsachen, Badeanzügen und Sonnenbrandcreme und fünfzig Pfund Eis – es war nämlich ein altmodischer Eisschrank – und fuhren nach der Insel Vashon hinüber.
    Und wir amüsierten uns königlich, obwohl der Hund Tudor sich alle Viertelstunden übergeben mußte und nicht immer rechtzeitig hinauskam, und obwohl die beiden Kinder taten, als ob sie mit Handschellen ins Gefängnis geschleppt würden, weil wir ihnen ihr Wochenende verdarben, und obwohl das Eis unterwegs schmolz und meistens auf etwas tröpfelte, das nicht dafür geeignet war, etwa Zigaretten oder Zwieback, und obwohl das Häuschen wirklich sehr unpraktisch war und erstaunlich unbequeme Betten hatte und einen verschmierten Petroleum-Herd, auf dem alles nach Petroleum schmeckte. Das Wasser aber war warm genug zum Schwimmen. Silbergraues Treibholz ergab herrliche Strandfeuer, und in die salzige Luft mischte sich der schöne Kaffeduft. Und dann nachts ein Schlaf, wie er nur nach zuviel Sonne, zuviel Schwimmen und zuviel Essen sich einstellt!
    Don und ich waren wie neugeboren und beschlossen, mit frischer Kraft auf die Suche nach einer Wohnung auf Vashon zu gehen. George Haver hatte einen Schwager, der Häusermakler, aber nett war. Er machte sich nichts draus, daß wir kein Geld hatten, und sagte uns: «Am besten schaut ihr euch alles an, was zu vermieten oder zu verkaufen ist!»
    Wir sahen uns Kartenhäuser und Baracken an, wir sahen mit Hausgreueln möblierte Riesenhäuser. Schließlich hatten wir ganz Vashon abgekämmt und nahmen uns die andern Inseln vor.
    Eines Morgens dann saß ich in jenem Café und las verzweifelt in der
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