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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich
Autoren: betty McDonald
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Porträt und den Christbaumschmuck geerbt. Außerdem hatten wir vereinbart, daß ich Mutters Hund und meine Katze nähme, wenn Mary sich der verschiedenen Schildkröten, Goldfische und Kanarienvögel erbarmen würde, die der Allgemeinheit gehört hatten. Doch zunächst zogen wir nun aus dem alten Zweier-Apartment ganz in Mutters Wohnung. Es war einfach. Ich leerte das ganze Apartment in unzählige Kartons und schrieb auf die Außenseite «Bücher», «Leintücher», «Bestecke» und so weiter. Als Don mir helfen wollte, sagte ich freundlich, aber energisch: «Laß lieber die Finger davon, Schatz. Ich weiß, was ich tue, und ich möchte, daß alles ordentlich gemacht wird.» Dann aber hatte ich auf einmal nicht genug von der einen Ware, um den Karton damit bis obenhin zu füllen, und auf einmal hatte ich auch nicht genug Zeitungen und Verpackmaterial, und auf einmal hatte ich auch nicht mehr genug Energie. Gegen Abend war ich soweit, daß ich ein Glas Mayonnaise, eine halbvolle Flasche Heure Bleue von Guerlain und einen Salami-Rest in meinen Sportrock wickelte und nicht mal ein Schild «Zerbrechlich» anbrachte.
    Danach kam also der Umzug nach der Insel Vashon. Auch das war einfach. Wir hatten uns einen Möbelwagen geliehen, ein stellenloser Musiker fuhr ihn hinüber, und alles ließ sich ganz nett an, wie wir uns dauernd und mit hohler Stimme sagten, denn wir hatten eigentlich die Zehn-Uhr-Fähre erreichen wollen, doch wie es meistens bei Expeditionen dieser Art geschieht: um zehn waren wir noch nicht einmal fertig mit Einpacken und verpaßten selbst das Zwei-Uhr-Dreißig-Boot. Nun saßen wir am Landesteg und mußten eine Stunde warten; jeder war natürlich halb verhungert. Der Musiker war inzwischen eingeschlafen, also kümmerten wir uns nicht weiter um ihn, sondern versuchten dem Ganzen eine sonnige Seite abzugewinnen.
    Es war ein himmlischer Tag. Es war kommende Ebbe, und der nasse Sand dampfte ein wenig und roch nach Seetang. «Mit dem Holz werden wir jedenfalls nie in Bedrängnis kommen», sagte ich und deutete auf riesige Holzkloben, die in wirrem Durcheinander längs der Küste aufgetürmt lagen.
    Don konnte sich nicht dafür begeistern. «Ich bin für Holz, das schon zersägt ist», meinte er.
    «In Marilyns Sommerhaus müssen wir immer Borke sammeln», erzählte Anne. «Die brennt wunderbar, sogar wenn sie durch und durch naß ist.»
    «Weißt du noch die Kreosot-Kloben, die wir immer an Dedes Bucht fanden?» fragte Joan. «Da drüben liegt auch einer. Sie sind elend schwer, aber brennen tun sie phantastisch! Wollen es holen, ja, Don?»
    Don sagte streng: «Alleroberstes Strandgesetz ist: was auf deinem Strand liegt, gehört dir. Der Mann in dem grünen Haus da oben hat bestimmt schon damit gerechnet, den Kloben heute abend auf seinen Kaminrost zu legen.»
    «Elend!» rief Joan. «Er wäre grade die rechte Größe für uns!»
    «Wenn es auf dieser Seite der Meerenge Kreosot-Kloben gibt, sind sehr wahrscheinlich auch welche auf der anderen Seite», tröstete Don.
    «Aber ist denn auf unserer Seite jetzt nicht Flut?» fragte Joan. Also erklärte Don ihr Ebbe und Flut, und anscheinend höchst wissenschaftlich, wie ich mit halbem Ohr vernahm, denn mir genügt meine private Ansicht über die Entstehung von Ebbe und Flut: daß nämlich alle zwölf Stunden jemand – vielleicht der Mann im Mond? – den Stöpsel zieht und etwas Ozean ablaufen läßt. Nach einer Weile macht er den Hahn auf und läßt wieder zulaufen. Wenn er es überstürzt macht, haben wir Springflut.
    Dann endlich kam das Fährboot, und Don kaufte unsre ersten Abonnements. Gebratene Fleischklößchen – «Hamburger» – waren im kleinen Speisesaal der Fähre zu haben und stillten unsern grimmigsten Hunger. Auch der Musiker Harris erwachte wieder zum Leben.
    Ich sprach wohl schon davon, daß unser schönes Traumhaus keine Zufahrtsstraße hatte. Dieser winzige Makel bei so viel Vollkommenheit – einem eigenen Sandstrand und handgewebten Teppichen! – hatte sich allmählich als Segen enthüllt, wie der Sommer bewies. Keine Straße bedeutete keine langweiligen Gäste. Keine Straße bedeutete, daß man seine Ruhe hatte. Keine Straße bedeutete, daß Kinder und Tiere vor wilden Autofahrern sicher waren. «Wir wollen keine Zufahrtsstraße», hatten wir während der Wartezeit von den Hendersons und all unsern zukünftigen Nachbarn gehört. «Wir wollen keine Zufahrtsstraße», hatten auch wir tapfer behauptet. Dann kam der Tag der
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