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Die Insel des Schreckens

Die Insel des Schreckens

Titel: Die Insel des Schreckens
Autoren: Hans W. Wiener
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sich über das Gesicht und hinterließen eine brennende Spur.
    Mythor griff danach, doch im Augenblick, als er die gelbe Masse berührte, brannte seine Haut, als habe er an glühendes Eisen gefasst. Seine Hand zuckte zurück, doch der Schmerz ließ nicht nach.
    »Bitte«, bat Kalathee. »Hilf mir!«
    »Nimm das Messer!« rief Nottr. »Schab sie mit der Klinge ab!«
    Mythor zog seinen Dolch heraus. Vorsichtig fuhr er damit über die Haut der Frau. Die gelbe Masse löste sich. Sie kroch über die glänzende Klinge und hinterließ einen schleimigen Film. Der Stahl der Waffe färbte sich darunter dunkel.
    In den letzten Minuten hatte der Himmel all seine Schleusen geöffnet. Ungeheure Massen an Wasser und Schleim stürzten auf die Kurnis nieder. Sturmböen türmten Wellen zu mannsgroßen Wasserbergen auf und ließen sie gegen die Bordwand des Schiffes klatschen. Gischt fegte über das Deck und peitschte die Gesichter der Besatzung.
    Der Kreis, der die gelben Wolken am Himmel einschloss, begann zu rotieren. Flammenzungen lösten sich und zuckten wie Kometenschweife durch die Luft. Die Wolken wallten auf wie eine kochende, brodelnde Masse.
    Hilflos tanzte die Kurnis auf dem aufgewühlten Meer. Unheimliche Gewalten hatten die Macht übernommen. Sie vollführten einen unirdischen Reigen und brachen alle Naturgesetze der Welt. Das Schiff und die kleine Besatzung waren ihnen hilflos ausgeliefert. Von allen Himmelsrichtungen gleichzeitig stürmten Winde auf sie ein.
    Eine immer größere Zahl der gelblichen Klumpen mischte sich in den grünen, schleimigen Regen. Wo die Teilchen die ungeschützte Haut berührten, brannten sie sich fest und stießen einen schmierigen, ätzenden Schleim aus. Das schlammige Deck des Schiffes begann zu brodeln. Fette Blasen bildeten sich, wuchsen und platzten schließlich. Stinkende Qualmwolken strömten von ihnen aus. Die Schreie und Flüche der gepeinigten Menschen vermischten sich mit dem Toben der Gewalten und vervollständigten diese Symphonie des Grauens.
    »Warum sind wir den Ratten nicht gefolgt?« murmelte Sadagar. Mit halb geschlossenen Augen watete er durch den Schleim. Er ging ziellos über das Deck und hielt seine Arme gespreizt. Zahllose gelbe Klumpen bewegten sich über seine nackten Unterarme und sein Gesicht. Sie hinterließen rote Spuren. In der Luft hing der Geruch nach verbranntem Fleisch. Tränen bildeten sich in den Augenwinkeln des Steinmanns. Sie rollten über seine Wangen und kühlten die brennenden Wunden.
    Ein gewaltiger Stoß ließ das Schiff erzittern und Mythor herumfahren. Der Bug der Kurnis tauchte tief in das Wasser, und eine mächtige Welle spülte über die Planken. Zischend stieg weißer Wasserdampf in den Himmel. Als sich das Schiff wieder aus den Wogen erhob, sah Mythor den Klumpen, der die Kurnis getroffen hatte.
    Er war etwa einen Schritt hoch und hatte die Form einer Halbkugel. Er bestand aus einer gelben, gallertartigen Masse und bewegte sich zitternd unter dem Schlingern und dem Stampfen des Schiffes. Er glich einem fast leeren ledernen Wassersack. Der schimmernde Kranz eines seltsamen Lichtes umgab den Klumpen und ließ ihn unwirklich erstrahlen. Wassertropfen, die ihn erreichten, begannen zu kochen und verdampften zischend.
    »Die Planken brennen!« brüllte Nottr und deutete auf den Bug.
    Ein Windstoß trug einen harzigen, würzigen Geruch über das Schiff. Es war der Geruch nach brennendem Holz und Teer. Dort, wo die Ränder des gelben Klumpens das Deck der Kurnis berührten, kräuselten sich schwarze Rauchwolken in den stürmischen Himmel. Kleine Flämmchen züngelten auf und wurden von dem niederprasselnden Regen zurückgedrängt. Doch ganz allmählich gewann der Brand die Oberhand. Der Regen verdampfte nutzlos, das Feuer breitete sich aus.
    Mit schweren Schritten kämpfte sich Mythor durch die schleimige, klebrige Masse, die das Deck bedeckte. Mühsam arbeitete er sich zum Bug vor.
    »Ich werde dir helfen!« rief Nottr. Er setzte sich ebenfalls in Bewegung und vergaß seine brennende Haut.
    Ganz allmählich zerfloss der gelbe Klumpen. Wie die Fangarme eines Polypen verteilte sich seine Masse. Zungen aus Schleim krochen über das Deck. An seinen Rändern verkohlte das Holz der Planken und fing Feuer.
    Schon von weitem spürte Mythor die Hitze. Es strahlte wärmer als die Sonne. Der Klumpen musste ganz aus einer heißen, kochenden Masse bestehen. Auf halbem Weg bückte sich Mythor, ergriff eine lose Schiffsplanke und umschloss sie mit der Faust wie ein
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