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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen
Autoren: Sarah Lark
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und du … Du könntest dir hier ein neues Leben aufbauen. In Kingston. Vielleicht einen Laden, einen Marktstand? Wir könnten dir helfen.«
    Máanu schüttelte den Kopf. »Wenn Sie mir wirklich etwas schenken wollen, Backra …«, sie lächelte, bei den Maroons hatte sie Doug noch geduzt wie damals, als sie Kinder waren, »… dann könnten Sie mir … vielleicht mit einem Huhn aushelfen …«
    Die Gefangenen wurden in Ketten an Bord des kleinen Frachtschiffs gebracht, das vor allem Sklaven, aber auch ein paar Handelsgüter wie Stoffe und Haushaltswaren von Jamaika zu den Kaimaninseln brachte. Es hatte ein kleines Vermögen an Bestechungsgeldern und ziemlich klare Verweise auf die Wünsche des Gouverneurs gebraucht, um für Máanu und ihren Sohn einen Verschlag anzumieten, der als Unterkunft dienen konnte. Und Doug hatte noch einen gehörigen Betrag daraufgelegt, bis sich der Kapitän bereiterklärte, Akwasi zu ihr zu führen, sobald das Schiff den Kingstoner Hafen verlassen hatte.
    »Im Alleingang wird er das Schiff schon nicht kapern!«, hielt er dem besorgten Seemann vor.
    Der ließ sich schließlich auf einen Kompromiss ein. Der Sklave sollte seine Privilegien bekommen, aber die Ketten würde man ihm nicht abnehmen. Doug verstand das dann auch. Die Gefangenen auf diesem Schiff waren durchweg Sklaven, die sich irgendeines schweren Vergehens schuldig gemacht hatten, meist eines Angriffs auf ihre Herren. Keiner von ihnen hatte Skrupel, keiner hatte mehr etwas zu verlieren. Außer vielleicht Akwasi, aber Doug konnte dem fremden Käptn auf keinen Fall die ganze Geschichte erzählen.
    Nora würde sich um Jefe sorgen, wenn der seinen Vater erneut in Ketten sah. Aber da konnte man dem Kind nicht helfen, und Doug hielt es auch gar nicht für richtig, dem Jungen etwas vorzumachen. Sein Vater würde niemals ein King sein. Er blieb ein Sklave.
    Akwasi verspürte mehr Angst als Erleichterung, als zwei Matrosen kurz nach Ablegen des Schiffes in den Frachtraum kamen und seine Ketten vom Boden lösten. Er hatte sich auf den harten, salzwassergetränkten Planken bereits eingerichtet – keiner der Gefangenen sollte während der mehrtägigen Überfahrt die Sonne sehen, die Bewegungsfreiheit beschränkte sich auf ein halbes Aufsetzen beim Fassen der kargen Essensrationen. Akwasi wusste, womit er zu rechnen hatte. Er hatte genug Afrikaner zerschunden und halb verhungert vom Schiff kommen sehen.
    Aber jetzt führte man ihn wieder ans Licht … wobei Akwasi nichts Gutes erwartete. Es war knapp gewesen mit seiner Begnadigung – und womöglich hatte der Gouverneur es sich ja noch anders überlegt. Akwasi bereitete sich auf den Tod vor. Wenn man ihn in Ketten ins Wasser warf, war es vorbei – mit dem Gewicht des Eisens konnte niemand schwimmen. Außerdem gab es hier Haie.
    Aber dann ging es nicht nach draußen, sondern nur auf ein Zwischendeck – trockener und weniger dunkel als der Bauch des Schiffes. Die Männer klopften an eine Tür.
    »Da wär er dann … Madam!«
    Sie feixten ein wenig, als sie das letzte Wort aussprachen, und Akwasi begriff den Grund dafür, als Máanu die Tür öffnete.
    »Du?«, fragte er, nachdem ihn die Männer in den kleinen, aber sauberen und trockenen Raum geschoben hatten, in dem Máanu und Jefe warteten.
    »Papa!«
    Jefe wollte auf ihn zurennen und sich in seine Arme werfen, aber die Ketten schreckten ihn ab. Er sah Akwasi fragend an. Aber der hatte vorerst keinen Blick für seinen Sohn, sondern nur für die Frau, die ihn gelassen ansah.
    »Du gehst mit?«, fragte er heiser.
    Máanu nickte. »Ich bin deine Frau«, sagte sie dann fest. »Wir gehören zusammen. Wenn du willst … wenn du … es endlich einsiehst …«
    »Máanu …« Akwasis Mund war trocken.
    Máanu reichte ihm ein Glas Wasser. »Trink«, sagte sie ruhig. »Und du musst natürlich nicht mit mir leben. Wenn du willst, baue ich mir eine Hütte abseits von deinem Quartier. Aber ich … ich dachte, ich versuche es noch einmal …«
    Sie wies auf einen großen Korb, durch dessen Flechtwerk eine dicke weiße Henne argwöhnisch ins Licht spähte.
    Akwasi brachte tatsächlich ein Lachen zustande. »Du hast ein Huhn besorgt?«, fragte er. »Für eine Obeah-Zeremonie?«
    Máanu nickte. »Es wird sich ja wohl ein Obeah-Priester finden auf den Inseln. Und vielleicht ein willfähriger Duppy. Diesmal ist keine Nora in der Nähe. Und ich werde dich auch nicht aus den Augen lassen. Diesmal muss der Zauber wirken.«
    Akwasi schwieg ein paar Herzschläge
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