Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
äußerst niedrig, dazu raubte ihm die fast pausenlose Schwerstarbeit sicher auch die Energie, um Fluchtmöglichkeiten zu erkunden und Risiken einzugehen. Hinzu kamen Sprachbarrieren, wie im Buch schon angedeutet: In Afrika gab und gibt es eine Vielzahl von Stammessprachen, und die Sklaven kamen aus den unterschiedlichsten Gebieten des schwarzen Kontinents. So diente das Pidgin-Englisch, das die neu eingetroffen Afrikaner erst mühsam erlernen mussten, oft nicht nur als Kommunikationsmittel mit den Backras, sondern war auch die einzige Verständigungsmöglichkeit der Schwarzen untereinander. Zur Planung und Koordination eines Aufstandes mag das einfach nicht gereicht haben.
    Es ist sicher kein Zufall, dass nahezu alle Sklavenaufstände der Geschichte von Männern angeführt wurden, die schon mindestens in der zweiten Generation versklavt waren. Die gebürtigen Afrikaner Granny Nanny und ihre Brüder bilden hier eher die Ausnahme. Und letztlich – auch dies wurde im Roman angesprochen – muss berücksichtigt werden, dass sich im Bereich des Sklavenhandels Gut und Böse nicht mit Schwarz und Weiß gleichsetzen ließ. Nur wenige weiße Sklavenhändler fingen ihre menschliche Fracht selbst ein. Die weitaus meisten neuen Schwarzen kauften sie von Stämmen wie den Ashanti, die in der Nähe verfeindeter Stämme gezielt Menschenjagd betrieben. Dabei kannten die Kapitäne der Sklavenschiffe keine Skrupel, Händler und Ware gleichermaßen mitzunehmen – in meiner Geschichte werden Nanny und ihre Brüder Opfer eines solchen eher unschönen Geschäftsgebarens. Und wenn sich dann ein Dogon oder Mandingo in Ketten neben einem Ashanti-Sklavenhändler fand, so wird ihn wohl eher Schadenfreude erfüllt haben als der Drang, sich möglichst schnell mit seinem früheren Jäger gegen den jetzt gemeinsamen Feind zu verbünden.
    Wie in allen meinen Büchern habe ich auch in Die Insel der tausend Quellen versucht, das Schicksal meiner fiktiven Protagonisten möglichst stimmig mit der tatsächlichen Geschichte des Schauplatzes zu verknüpfen. So habe ich das Leben auf den Plantagen authentisch zu schildern versucht – die erwähnten Pflanzungen Cascarilla, Hollister, Keensley und andere sind jedoch fiktiv. So genau wie möglich recherchiert habe ich auch die Geschichte der Maroons. Granny Nanny und ihre Brüder sind historische Persönlichkeiten; allerdings differieren die Angaben über ihr Alter, ihre Vorgeschichte und später auch ihren Tod sehr stark, verschiedene Quellen machen sie um Jahrzehnte jünger oder älter. Ich habe mir damit geholfen, in diesem Buch vieles offen zu lassen, und teilweise mit den Gerüchten rund um Nannys Biografie gespielt. Niemand weiß heute noch genau, ob sie Priesterin und heilkundige Kräuterfrau war, ob sie überzeugte Gegnerin der Sklaverei war oder selbst als junge Frau mit Sklaven handelte.
    Sicher ist nur, dass Granny Nanny sich länger als ihre Brüder gegen den Abschluss des Friedensvertrags mit den Weißen wehrte – möglicherweise aufgrund der darin festgeschriebenen Verpflichtung, entlaufene Sklaven zu ihren Herren zurückzuschicken. Bis heute wird sie auf Jamaika als Nationalheldin gefeiert.
    Unumstritten ist, dass die Hütten in Nanny Town nach afrikanischem Vorbild errichtet waren und dass Nanny das Gemeinwesen in Anlehnung an ein Ashanti-Dorf führte. Ob ihre offensichtliche Suche nach den Wurzeln allerdings tatsächlich zu Konflikten mit anderen Gruppen der Maroons führte, ist nicht sicher, die Überlegung drängte sich mir nur auf. Die gebürtig freien Schwarzen lebten schließlich seit Generationen ohne Verbindung nach Afrika, sie werden sich in Sachen Lebensstandard und Lebensvorstellungen zwangsläufig an westlichen Gegebenheiten orientiert haben.
    Von den geografischen Angaben abgesehen ist die gesamte geschriebene Geschichte Nanny Towns verwirrend. Je nach Quelle finden sich unterschiedlichste Angaben dazu, wann es erbaut wurde, wie oft es angegriffen und wann und ob es von den Engländern zerstört wurde. Ich habe es irgendwann aufgegeben, die Wahrheit herausfinden zu wollen. In meiner Version bleibt Nanny bis zum Vertragsabschluss 1739 unbesiegt – und unterschreibt den Vertrag schließlich selbst. Unter Geschichtsschreibern ist auch das umstritten, und sicher fand die feierliche Vertragsunterzeichnung nicht in Spanish Town statt. Hier habe ich meiner Fantasie und meiner Geschichte freien Lauf gelassen, Historiker mögen mir verzeihen.
    Auf Annahme statt auf sicherem Wissen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher