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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen
Autoren: white
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mit, dass Frau von Trebow auf Java weilt.«
    Henry stöhnte. Urplötzlich standen ihm die Zusammenhänge wieder deutlich vor Augen. Hoffentlich wendete sich in Anjer alles zum Guten. Hoffentlich gab sie ihm nach ihrer Rückkehr die Gelegenheit, sich zu erklären.
    »Haben Sie Schmerzen? Soll ich Ihnen Morphium geben?«
    »Auf keinen Fall. Ich möchte einen klaren Kopf bekommen. Was ist mit meiner Frau?« Neue Bilder gesellten sich zu seinen Erinnerungen, und Henry schauderte, als er an die letzten wahnsinnigen Augeblicke in seinem Haus dachte. So wie es aussah, hatte er ein zweites Leben geschenkt bekommen – und das, dessen war er sich jetzt sicher, würde er nicht an Amelias Seite verbringen.
    »Die Polizei hat fürs Erste davon abgesehen, sie zu verhaften«, berichtete der Doktor. »Man wollte abwarten, was Sie zu der Affäre sagen. Ihre Frau war mehrfach hier, aber Mercy Robinson hat ihr den Zutritt verwehrt. Soll ich Mrs Farnell holen lassen?«
    Henry schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Sie können mir aber einen Gefallen tun: Teilen Sie der Polizei mit, dass es ein Unfall war.«
    »Wie bitte?«
    »Es war meine Schuld«, sagte Henry bestimmt. »Unverantwortlicherweise lag die Pistole geladen auf meinem Schreibtisch. Amelia hat sie sich nur ansehen wollen, und dann löste sich ein Schuss.«
    Doktor Ward musterte ihn nachdenklich. »Sie müssen es wissen.« Er glaubte Henry kein Wort.
    »Allerdings.«
    Die Tür sprang auf. Mercy Robinson kam herein, ein Tablett balancierend.
    »Du bist wach«, sagte sie und brach ansatzlos in Tränen aus. Sie schaffte es gerade noch, das Tablett abzusetzen. »Ich bin so froh, dass du es überlebt hast«, flüsterte sie. Ihr Weinen schlug in Lachen um. »Hast du Hunger? Ich habe dir höchstpersönlich eine Suppe nach Pings Spezialrezept gekocht. Ich verrate dir aber nicht, was drin ist. Sie behauptet, es würde Tote erwecken.«
    Henry lächelte. »Sollte auch aus dir noch eine Krankenpflegerin werden?«
    »Ich wünsche Ihnen guten Appetit.« Doktor Ward schickte sich zum Gehen an. »Gegen Abend schaue ich noch einmal vorbei.«
    Im gleichen Moment rollte ein dumpfer Donnerschlag über die Insel.
    »Das war kein Salut«, stellte Mercy irritiert fest.
    »Und auch kein Gewitter.« Doktor Ward spähte aus dem Fenster. »Keine Wolke weit und breit.«
    Verunsichert sahen die drei sich an. Ein weiterer Schlag erschütterte den Nachmittag, tief und unheimlich. Es blieb nicht der letzte.
    * * *
    Wieder dröhnte Donner von der Krakatau-Insel herüber, bereits das zehnte oder elfte Mal seit jener gewaltigen Explosion zwei Stunden zuvor. Johanna hielt es nicht mehr im Hotel. Auch wenn Bowie nicht zugegen war, um ihr den Weg zu weisen, musste sie endlich zu Lily und Leah. Die unheilschwangere Dämmerung und der Lärm zerrten an ihren Nerven, obwohl sämtliche männliche Hotelgäste, Mijnheer Schruit eingeschlossen, meinten, es gäbe keinen Grund zur Besorgnis. Der Vulkan sei zu weit entfernt, um eine Bedrohung darzustellen.
    Als sie auf die vordere Terrasse trat, blieb sie wie angewurzelt stehen. Blitze zuckten, wo noch vor Stunden der Vulkan zu sehen gewesen war. Wind schüttelte die Palmwipfel und rüttelte an den Häusern. Eine Kokosnuss knallte dicht neben ihr auf den Rasen.
    Während sich Johanna vom Schreck erholte, hastete Lily aufs Hotel zu. Erst im letzten Moment bemerkte sie Johanna. Ihre Augen weiteten sich.
    »Was machst du denn hier?«
    »Lily!« Johanna wollte sie umarmen, doch ihre Ziehtochter wehrte ab.
    »Nicht jetzt!«, rief sie. »Schnell, ins Haus.«
    In knappen Sätzen berichtete Lily von Leahs zweitem Fieberschub, der früher als vermutet eingesetzt hatte. Sie war hergeeilt, um Bowie zu unterrichten und einige Sachen zu holen.
    »Ich begleite dich.«
    »Nein, Mama. Bitte bleib hier. Leah ist ohnehin nicht ansprechbar.«
    »Mama?«
    Zum ersten Mal lächelte Lily. »Ich habe wohl zwei Mütter, nicht wahr?«
    Die Tür wurde aufgerissen, Bowie stürmte mit blassem Gesicht herein. »Das Wasser«, keuchte er. »Ich war auf dem Weg zum Hafen, um mich nach einem Schiff umzuhören, das uns von hier fortbringt, als eine Zwei-Meter-Welle hereinrollte und Schiffe und Boote zerschlug.«
    »Zwei Meter? So etwas gibt es hier nicht.« Der Hotelbesitzer schüttelte überheblich den Kopf. »Sie übertreiben.«
    »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Die Uferstraße wurde überflutet, einige Häuser haben Schaden genommen.« Bowie war zu erschüttert, um sich über den Holländer zu
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