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Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Titel: Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit
Autoren: C.H.Beck
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Hexerei. Daneben wurden – regional wiederum unterschiedlich intensiv – auch Anklagen wegen Bigamie, Blasphemie oder verbotenem Buchbesitz erhoben. Nach 1620 ging die Intensität der Verfolgung, gemessen an der Zahl der Prozesse, in allen Regionen Italiens zurück und sank im 18. Jahrhundert – ebenso wie in Spanien – weiter.
    Von der Inquisition zur Glaubenskongregation: Bereits im 18. Jahrhundert wurde die Römische Inquisition vieler ihrer Glieder beraubt. Im Zeitalter der Aufklärung schafften zahlreiche italienische Herrscher und Regierungen die Inquisition für ihren Machtbereich einfach ab, angefangen mit Neapel (1746)über Parma (1768) und Mailand (durch ein Edikt Maria Theresias 1775) bis hin zum Großherzogtum Toscana (1782) und Modena (1785). Die französischen Invasoren führten diese Linie dann ab 1796 vielerorts fort, so in Venedig, Genua und Turin. 1798 wurde der Kirchenstaat selbst von Napoleon annektiert, die römische Inquisition abgeschafft, ihre Archive zerstreut. Nach 1814, im Zuge der päpstlichen Restauration, wurde auch die Inquisition wieder etabliert. Das Heilige Offizium trug im 19. Jahrhundert jedoch einen grundlegend anderen Charakter als zuvor. Nicht länger war es Kommandozentrale eines hierarchisch organisierten Repressionsapparates für Italien, denn es besaß keinerlei Exekutivfunktionen mehr. Reduziert auf die Macht des Wortes und auf geistliche Strafmittel wurde die Inquisition zum Beraterkreis für den Papst in allen Dingen des rechten Glaubens sowie zur innerkirchlichen Zensur- und Disziplinarbehörde. Realer Machtverlust korrespondierte in gewissem Sinne mit einer erneuten Universalisierung inquisitorischer Zuständigkeit. Seine Hauptaufgabe sah das Kollegium dabei in der Abwehr aller «verderblichen» Strömungen der Moderne wie Rationalismus, Atheismus und Sozialismus.
    Unter verändertem Namen überlebte die Inquisition auch die unter Papst Pius X. 1908 eingeleitete Reform der Kurie: Als Kongregation des Heiligen Offiziums (
Sacra Congregatio Sancti Officii
) blieb sie an der Spitze aller Kurienkongregationen. 1917 wurde sie mit der Kongregation für den Index zusammengelegt. Die Diskussionen des Zweiten Vatikanischen Konzils zeigten jedoch, daß trotz aller Veränderungen das
Sanctum Officium
innerkirchlich in der Kritik stand. Mit großem Beifall wurde am 8. November 1963 die Rede des Kölner Kardinals Joseph Frings aufgenommen, der das Verfahren der Inquisition als unzeitgemäß anprangerte; niemand dürfe ohne Kenntnis der Anklagepunkte und ohne hinreichende Verteidigung verurteilt werden. In der Konsequenz kam es zu einer inhaltlichen und terminologischen Neubestimmung (7. Dezember 1965). An die Stelle des Heiligen Offiziums trat die Glaubenskongregation (
Congregatio pro Doctrina Fidei
), die ohne besondere Geheimhaltung vorgehen sollte. Der Index wurde abgeschafft. Gemäß Artikel 48 dervon Papst Johannes Paul II. 1988 promulgierten Apostolischen Konstitution über die römische Kurie
Pastor bonus
hat die Kongregation für die Glaubenslehre «die Aufgabe, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und zu schützen». Die aus 25 Mitgliedern – Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen aus 14 verschiedenen Nationen – bestehende Kongregation wird seit 1981 von dem deutschen Kardinal Joseph Ratzinger geleitet. Disziplinarmaßnahmen gegen die Theologen Hans Küng und Leonardo Boff, aber auch die Auseinandersetzungen mit den Traditionalisten um Erzbischof Marcel Lefebvre (1905–1991), die Front gegen die liturgischen Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils machten, haben Ratzinger vielerorts den Ruf eines neuen Inquisitors eingebracht. Auf der anderen Seite geht die Kirche in jüngster Zeit offiziell auf Distanz zu den dunklen Seiten ihrer Vergangenheit. 1992 erklärte die Kurie die Verurteilung des Galileo 350 Jahre zuvor für falsch; und im März 2000 legte Papst Johannes Paul II. ein öffentliches Schuldbekenntnis für die von Vertretern der Kirche in der Vergangenheit ausgeübte Gewalt und für «Methoden der Intoleranz» ab. Die Glaubenskongregation selbst betont heute die Bedeutung wissenschaftlicher Symposien und Zusammenkünfte für die Verteidigung des wahren Glaubens, Kardinal Ratzinger persönlich setzte sich für die Öffnung des Geheimarchivs ein. Auch wenn eine institutionelle Kontinuität gegeben ist und die Wächter der Rechtgläubigkeit immer noch im vom Pius V. erbauten
Palazzo del
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