Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
aus. Shawnee folgte langsamer in ihrem langen hellbraunen Regenmantel, der fast bis zu ihren Stiefeln mit Klettverschluß reichte. Partain hatte keine Ahnung, was unter dem zugeknöpften Regenmantel sein mochte. Vielleicht Shorts und ein Bikinioberteil. Vielleicht sogar ein Kleid.
    »Gibt es eine Mrs. General Hudson?« fragte sie.
    »Davon gab es drei, aber die sind alle gegangen«, sagte Partain, als er die Eichentür erreichte und einen eingelassenen, elfenbeinfarbenen Knopf drückte. Drinnen erklang ein Glockenspiel. Partain zählte bis fünf; bei sechs wurde die Tür geöffnet von Colonel Ralph Waldo Millwed, der ein falsches Lächeln, Ausgehuniform und seine sämtlichen Ordensbänder trug.
    »Ms. Shawnee Viar!« sagte der Colonel; er hob die Stimme und verkündete spöttisch die Namen der Gäste. »Und Mr. Twodees Partain!«
    Er riß die Tür weit auf, und Shawnee Viar ging schnell an ihm vorbei. Partain folgte ihr in den Raum und blieb stehen, wartete darauf, daß Millwed die Tür schloß. Es war ein großer, länglicher Raum mit zuviel teurem Mobiliar. Am anderen Ende erhob sich General Walker Hudson, ebenfalls in Ausgehuniform, von einer burgunderroten Ledercouch; er trug ein breites Lächeln zur Schau.
    Partain hörte, wie sich die Vordertür schloß, machte zwei schnelle Schritte rückwärts, nutzte den rechten Ellenbogen als Kolben und rammte ihn zweimal tief in Colonel Millweds Solarplexus, folterte die Ganglien des Sympathikussystems.
    Partain wirbelte herum und wartete, scheinbar ewig, bis Millwed vornüber zusammenklappte, sich die Brust hielt. Dann erst hob Partain das rechte Knie und brach Millweds Nase.
    Nachdem der Colonel auf dem polierten, unregelmäßigen Nadelholzparkett zusammengebrochen war, kniete Partain nieder, durchsuchte ihn schnell und zog ihm aus der rechten Gesäßtasche eine kleine Beretta-Halbautomatik. Erst als er die Beretta in der Hand hatte, hörte Partain Shawnee Viar ihr Kommando knurren: »Zurück, Arschloch.«
    Er drehte sich um und schaute hin. General Hudson ließ sich langsam wieder auf die burgunderfarbene Ledercouch sinken. Shawnee stand kaum mehr als einen Meter von ihm entfernt; mit beiden Händen richtete sie einen .38er Coltrevolver auf die Brust des Generals. Der Lauf der Waffe zitterte kaum merklich.
    Partain wandte sich wieder um zu Colonel Millwed, der immernoch zusammengekrümmt auf dem Boden lag und jetzt winselnde Geräusche von sich gab, hin und wieder unterbrochen von einer Reihe rauher Knurrlaute. Partain nahm ein Taschentuch, wischte die Beretta des Colonels gründlich ab, wickelte das Tuch um den Lauf und drückte die Waffe in die rechte Hand des Colonels.
    »Ich brech Ihnen alle Finger der Rechten, wenn Sie nicht genau das tun, was ich sage«, murmelte Partain. »Ich ziele jetzt mit der Beretta und Sie drücken ab. Wenn ich Feuer sage, feuern Sie.«
    Partain zielte mit der Waffe in Millweds Hand auf einen nahen, zu dick gepolsterten Lehnstuhl und sagte: »Feuer.« Die Waffe ging los, und in der Rückenlehne des Stuhls erschien ein rundes Loch.
    »Lassen Sie die Waffe los«, sagte Partain.
    Die Waffe fiel ein paar Zentimeter bis zum Boden. Partain stand auf, kickte sie zwei Meter weg, wandte sich dann um und ging an ihr vorbei, bis er einen Meter vom General entfernt war.
    »Ihr beide steckt tief, tief in der Scheiße«, sagte General Hudson mit amüsierter, selbstsicherer Stimme, lehnte sich dann auf der Couch zurück und schlug die Beine übereinander.
    »Beide Hände aufs oberste Knie, sobald Sie die Zigarre ausgemacht haben«, sagte Partain.
    Der General gehorchte und sagte dann: »Was jetzt?«
    »Sind Sie okay, Shawnee?« fragte Partain.
    »Mir ging’s nie besser.«
    »Wir wollen zwei Dinge«, sagte Partain zum General. »Wir wollen Hank Viars zweiunddreißig Notizhefte. Das ist das erste.«
    Die Augen des Generals tanzten von Partain zu Shawnee Viar und zurück. »Was, wenn ich sie nicht habe?«
    »Dann darf ich Sie erschießen«, sagte Shawnee.
    »Und wenn ich sie habe?«
    »Dann bleiben Sie am Leben«, sagte Partain.
    »Und der Haken?«
    »Dazu kommen wir später.«
    Der General nickte zu einem Kirschbaumschränkchen links neben Partain. »Sehen Sie das Schränkchen da?«
    Partain schaute, nickte und wandte sich ihm wieder zu. »Also, das ist eigentlich kein Schränkchen, trotz der netten Tiffany-Lampe darauf. Es ist ein Safe. Viars Kram ist da drin.«
    »Gibt’s einen Alarm?«
    »Kein Alarm.«
    »Wenn’s ein stummer Alarm ist, überleben Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher