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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln
Autoren: Ross Thomas
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also alles raus«, sagte er zur Decke, ließ dann seinen Blick wieder auf Colonel Millwed ruhen. »Aber die gereinigte Fassung, nehm ich an, mit irgendner ehrbaren Quellenangabe.«
    »Es kommt zuerst auf Spanisch, besiegelt und abgesegnet von der UNO«, sagte der Colonel. »Die UNO glaubt – oder tut jedenfalls so –, daß sie die ganze wirklich schlimme Scheiße ausgebuddelt hat, aber ich und Sie, Twodees, wir wissen’s besser.«
    »Und Sie kommen als was – freundliche Warnung?«
    »Sind Warnungen je freundlich?« fragte der Colonel; offenbar erwartete er keine Antwort. »Aber wenn Sie sich bei Warnungen in die Hose machen, nehmen Sie meinen Besuch als sanften Stupser, das ist jedenfalls besser als der richtige Tritt.«
    Partain nickte versonnen; dann hellte sein Gesicht sich auf, und er bedachte Millwed mit einem deutlich falschen Lächeln. »Und ich kann Ihnen wirklich überhaupt nichts verkaufen, wo Sie doch schon mal hier sind, mon colonel? Vielleicht was Kleines, Billiges, Unauffälliges, was man hinterher unbesorgt liegenlassen kann, für alle Fälle?«
    Millwed erwiderte das falsche Lächeln Zahn um Zahn; seine waren eigenartig matt. ›Sogar seine Zähne werden grau‹, dachte Partain, als der Colonel sagte: »Ich seh mich bloß um, Twodees. Das ist alles. Bloß so.«
     
    Es kam nur noch eine Kundin, nachdem der Colonel gegangen war, aber sie kaufte nichts. Um 21 Uhr schaltete Partain das Alarmsystem ein, ließ vorn die Stahlläden herunter, vergewisserte sich, daß die stählerne Hintertür verschlossen und verriegelt war, knipste die Lichter aus, schloß die Vordertür ab und ging die drei Blocks zu seinem Ein-Raum-Apartment über der Doppelgarage seines Vermieters.
    Drinnen sortierte und zerriß Partain seine Post, darunter eine Weihnachtskarte von einer hiesigen Bank, bei der sein Girokonto im Moment auf $319,41 stand. Er trank ein wenig Bourbon mit Wasser, erhitzte und aß ein tiefgefrorenes Tex-Mex-Gericht, saß dann bis Mitternacht und las Freya Starks The Valleys of the Assassins zum dritten Mal. Er ging ins Bett mit der Erkenntnis, daß es bis auf die Stark eine genaue Wiederholung der Heiligabende seit 1989 gewesen war.
    AmWeihnachtsmorgen weckte das Gehämmer an der Tür Partain um 7.02 Uhr. Er stand langsam auf, zog einen schäbigen karierten Bademantel an, ging zur Tür und sagte: »Wer zum Teufel ist da?«
    Eine Frau schrie die Antwort: »Ich bin’s, und Sie sind gefeuert.«
    Partain öffnete die Tür; draußen stand die zu dünne, zu blonde 39jährige Alice Ann Sutterfield. Sie stand auf der obersten Stufe und bibberte bei –10° C, obwohl sie Handschuhe, Pullover, flanellgefütterte Jeans, Stiefel und einen schweren dreiviertellangen Mantel trug. Hals und Mund verbargen sich hinter einem grünweißen Wollschal. Zu sehen waren rote Wangen, glühende Nase, nußbraune Augen mit Silberblick und dunkelbraune Brauen, die etwas über die Echtheit ihres buttergelben Haars sagten.
    Sie musterte Partain mißtrauisch, als ob sie irgendeine gewalttätige Reaktion erwartete, aber als er nur sagte: »Und Ihnen auch fröhliche Weihnachten, Alice Ann«, schnaufte sie und drängte sich an ihm vorbei ins Apartment.
    Nachdem er die Tür geschlossen hatte, drehte Partain sich um und sah sie mit losem Schal mitten im Raum stehen, eine Hüfte leicht vorgereckt. Sie versuchte, ihn mit ihrem nußbraunen Silberblick in Grund und Boden zu starren, aber das Unterfangen bestätigte lediglich Partains Theorie, daß Augen mit Silberblick, gleich welche Farbe, sich nicht für richtig gutes Glotzen eignen.
    »Ich will Sie nie wieder in meinem Laden sehn, Edd, und die Ladenschlüssel will ich jetzt sofort.«
    Partain nahm die Schlüssel vom Frühstücks-, Eß- und überhaupt Allestisch und reichte sie ihr. »Sie haben mit dem Colonel geredet, was?«
    »Der Mann hat sein Weihnachten im Schoß der Familie geopfert, um den ganzen Weg herzufliegen und eine arme Witwezu warnen, wegen all der schrecklichen Dinge, die Sie da unten gemacht haben, in – in, ach, irgendwo in Mittelamerika.«
    »Der Colonel hat keine Familie, Alice Ann, und Sie schulden mir eine Woche Lohn und zwei Wochen Ferien.«
    »Meinen Sie, das wüßt ich nicht? Meinen Sie denn, ich wär nicht gestern abend kreuz und quer durch die Stadt gerannt und hätt meinen Heiligabend ruiniert, bloß um das Geld zusammenzukratzen und Ihnen alles, was Sie zu kriegen haben, bis auf den letzten Cent zu bezahlen? Hier.«
    Sie stieß mit einem weißen, mittelgroßen
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