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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln
Autoren: Ross Thomas
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herunter.
    Sie ließ die Flasche sinken, starrte ihn einen Moment mit klugen, nicht ganz grauen Augen an und sagte: »Edd-mit-zwei-ds Partain, wie ich hoffe und annehme.«
    »Deshalb hat man mich manchmal so genannt – Twodees«, sagte er. »Vor allem in der Schule.«
    »Dann würde ich fast wetten, daß die Partains Cajuns waren und wahrscheinlich im Ölgeschäft irgendwo da unten – wo? Opelousas? Lafayette?« Ein schnelles Grinsen, bei dem sie perfekte Zähne zeigte, die Partain für perfekt überkront hielt. »Tschuldigung«, sagte sie, »aber ich denk mir gern Geschichten aus zu Leuten, die ich grad erst getroffen hab.«
    »Meine Leute sind gleich nach dem Krieg von El Paso nach Bakersfield gezogen«, sagte er. »Mein Vater hat Umzüge am Ort gemacht und Mutter im Wohnzimmer einen Schönheitssalon betrieben. Ich glaube, die Partains waren ganz früher französische Hugenotten, aber ich hab mich nie danach erkundigt.«
    »Tja, Sie wissen schon, daß ich Millicent Altford bin, sonst wären Sie nicht hier«, sagte sie und legte die leere Bierflasche lang in die leere Pizzaschachtel. Dann nahm sie Schachtel und Flasche vom Schoß, stellte sie aufs Bett, glitt elegant aus dem Schneidersitz auf den Boden und fragte: »Wollen Sie ein Bier?«
    Partain sagte ja, danke, und beschloß, ihr zwischendurch aufflackernder Red-River-Valley-Tonfall müsse mindestens 40 Meilen nordöstlich von Dallas und kaum weniger als 190 Meilen südlich von Oklahoma City entstanden sein. Wenn der Akzent schwand, wurde er durch etwas Kühles, Knappes aus Chicago ersetzt, wo sie dem Griechen zufolge vier Jahre bei Foote, Cone & Belding verbracht hatte, bevor sie als Spendenbeschaffer zu Adlai Stevensons zweiter Präsidentschaftskampagne stieß, 1956.
    Altfordglitt barfuß zu einer kleinen Einbaubar, die Gin, Scotch und Wodka enthielt, aber keinen Bourbon. Es gab auch ein paar Gläser, eine kleine Spüle aus rostfreiem Stahl und darunter einen Minikühlschrank in körnigbrauner Synthetikverkleidung, die überhaupt nicht wie Nußbaumfurnier aussehen wollte.
    Sie beugte den Oberkörper vor, öffnete die Kühlschranktür – die Beine noch immer gerade, die Augen jetzt fast auf Kniehöhe –, schaute hinein und bot Partain an, ihm aus Dingen, die das Stage-Deli geliefert hatte, ein richtig gutes Sandwich zu machen, Pastrami auf Roggenbrot. Partain dankte, sagte aber, er habe im Flieger gegessen.
    Sie richtete sich so mühelos auf, wie sie sich gebückt hatte – in jeder Hand eine Flasche Beck’s –, drehte sich um und musterte ihn mit einem Ausdruck, den er für Sympathie hielt. »Sie essen im Flugzeug?«
    »Eine Sparmaßnahme«, sagte er; er stellte die Reisetasche auf den Boden.
    »Tja, dagegen müssen wir was tun, wie?« sagte sie und schloß die Kühlschranktür mit einem Absatzkick ihres nackten linken Fußes – Partain nahm an, daß in dieser Bewegung einiges an Übung und vielleicht sogar Choreographie steckte.
    Nachdem sie den Raum durchquert hatte, um ihm ein Bier zu geben, drehte sich Millicent Altford um und ließ sich auf eine dunkelblaue Couch mit drei Rückenkissen sinken, wobei sie einladend auf das mittlere klopfte. Als beide saßen, ein Kissen zwischen sich, trank Partain einen Schluck Bier und sagte: »Man hat mir gesagt, Sie liegen im Sterben. Ich nehme an, das ist gelogen.«
    »Ich habe denen gesagt, sie sollten lügen. Dann könnte ich, wenn mir Ihre Nase nicht paßt, einfach sagen: ›Tut mir leid, es wird nichts. Ich hab genug mit Sterben zu tun.‹«
    »Da Sie weder krank sind noch sterben, könnte man annehmen, daß Sie sich vor etwas oder jemandem verstecken.«
    Er schaute sich noch einmal in dem großen privaten Eckzimmer um. »Obwohl das hier ein verdammt teures Versteck sein dürfte.«
    »Jeden anderen, oder seine Versicherung, würde es mindestens zweitausend pro Tag kosten – plus.«
    »Plus was?«
    »Gourmetmahlzeiten. Die Klinik hat nen französischen Koch angeheuert, mit meterlanger Speisekarte, und jetzt kann man morgens im Bett liegen und stundenlang darüber brüten, was man den Rest des Tages und die halbe nächste Nacht essen will. Aber für mich ist das alles gratis, frei, umsonst.«
    »Warum?«
    »Als die anno dreiundachtzig angefangen haben, das Ding zu planen, haben die ungefähr eine Million gebraucht, für den Anfang. Ich hab das Geld in vier Tagen zusammengekriegt, nichts dafür berechnet, und jetzt, tja, jetzt hab ich so was wie ein offenes Dauerkonto hier.«
    »Wird hier irgendwas
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