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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden
Autoren: Ursula Neeb
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fragte Ursel erstaunt.
    Alma lächelte geheimnisvoll. »Die Sichel war eine Waffe der Amazonen«, erklärte sie. »Die Priesterköniginnen verwendeten sie bei der rituellen Kastration der männlichen Diener der Venus.«
    Ursel lief ein Schauder über den Rücken, es schüttelte sie unwillkürlich. »Das ist ja schrecklich!«, entfuhr es ihr.
    »Die Kastration war ein heiliger Akt, dem sich die männlichen Priester freiwillig unterzogen. Die Diener der großen Göttin waren allesamt Eunuchen«, erläuterte Alma beschwichtigend.
    Als sie wenig später im Bett lag, konnte die Hurenkönigin nicht verhindern, dass ihr die Ulmerin bei aller Sympathie, die sie für sie empfand, auch ein bisschen unheimlich war.

2
    Samstag, 24 . März 1512
    Am Samstagmorgen um die neunte Stunde erschien der Henker Jerg Kalbfleisch im Frauenhaus und verlangte die Gildemeisterin zu sprechen.
    »Die Hurenkönigin schläft noch«, erklärte ihm der junge Frauenhausknecht Franz Ott, den die lauten Schläge des Türklopfers aus dem Bett getrieben hatten. Er rieb sich verschlafen die Augen. »Es ist spät geworden gestern. Die Bude war voll bis unters Dach.«
    Der Henker nickte zufrieden. »Ist doch gut, dass der Laden wieder läuft. Ich wär auch gar nicht so früh gekommen, wenn’s nicht wichtig wäre. Also, holt mir die Gildemeisterin herbei.«
    Der muskulöse Hausknecht tat wie ihm geheißen und kehrte wenig später in Begleitung der Hurenkönigin zurück, die noch im Nachtgewand war.
    »Morgen, Meister Jerg«, murmelte Ursel gähnend und ließ sich auf dem Stuhl neben dem Henker nieder. »Was steht denn so Wichtiges an, dass Ihr mich zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett holt?«
    »Hoher Besuch steht an, Zimmerin«, erwiderte der Henker. »Sagt Euch der Name ›Fugger‹ etwas?«
    »Fugger? Das ist doch der reiche Geldsack aus Augsburg. Den habe ich schon mal bedient. Das muss aber gut zwanzig Jahre her sein.« Ursel musste unwillkürlich grinsen.
    »Und jetzt werdet Ihr vielleicht wieder das Vergnügen haben«, knarzte Meister Jerg. »Er kommt nämlich am Montag nach Frankfurt, um die Frühjahrsmesse zu besuchen. Da werden die Stadtoberen dem hohen Herrn gehörig in den Arsch kriechen.« Der Henker verzog hämisch die Mundwinkel. »Bürgermeister Reichmann will ihn am Montagmorgen um zehn am Mainzer Tor feierlich willkommen heißen. Und die Herren vom Rat lassen sich natürlich nicht lumpen: Reichmann hat bestimmt, dass die Hurenkönigin und die drei schönsten Hübscherinnen des Frauenhauses den reichen Augsburger artig begrüßen sollen. Anschließend wollen sich die Herrschaften im Frauenhaus vergnügen. Die Hütte bleibt also am Montag für das gemeine Volk geschlossen, verstanden? Haltet Euch bereit, Zimmerin, und weckt auch die Huren auf. In einer halben Stunde kommen die Gewandmacher mit den Stoffen, um Maß zu nehmen, und die Goldschmiede, Schuhmacher und Hutmacher haben sich auch angekündigt, denn Ihr und die drei Schönsten sollt ja zu so einem Anlass entsprechend herausgeputzt sein, gell! – So, das war’s erst mal. Gehabt Euch wohl und haltet nur ordentlich die Hand auf bei diesen Pfeffersäcken!« Grinsend verabschiedete sich der Henker.
    Die Hurenkönigin hatte sämtliche Huren, ortsansässige wie fremde, in den Aufenthaltsraum beordert und sie über die Pläne des Bürgermeisters informiert.
    »Das ist ja dumm, wenn das Frauenhaus am Montag geschlossen hat. Da geht uns doch die ganze Messekundschaft durch die Lappen«, murrte eine der auswärtigen Hübscherinnen.
    »Keine Angst, unsere Stadtväter werden schon dafür sorgen, dass ihr entsprechend entschädigt werdet«, erwiderte die Zimmerin und musterte die Huren mit prüfendem Blick.
    Dann sagte sie: »Die Jennischen Marie, die rote Mäu und die Ulmer Irene bleiben hier. Die Gewandmacher müssen jede Minute eintreffen.« Die Übrigen schickte sie wieder auf ihre Zimmer.
    »Warum nehmt Ihr denn eine von den Auswärtigen?«, beklagte sich eine blonde Hure und verzog schmollend die rotgeschminkten Lippen. »Sind wir Euch vielleicht nicht schön genug, Meistersen?«
    »Natürlich seid ihr schön, Kinder! Eine schöner als die andere – deswegen fällt mir ja die Auswahl auch so schwer«, erwiderte die Zimmerin begütigend. »Aber es dürfen ja nur drei bei dem Begrüßungskomitee dabei sein, da muss ich mich halt ein bisschen beschränken.«
    Auch andere Huren äußerten ihren Unmut darüber, dass Irene zu den Auserwählten gehörte – ausgerechnet sie, die schon in den
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