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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden
Autoren: Ursula Neeb
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Hurenkönigin auf, dass diese das Gleichgewicht verlor und in den Main stürzte.
    Ursels Finger suchten panisch nach einem Vorsprung an der glitschigen Kaimauer, doch die glatten Steine boten keinerlei Halt. Sobald sie den Mund öffnete, um Luft zu holen, strömte ihr eisiges Wasser in den Rachen und drohte, sie zu ersticken.
    Irene kniete sich auf die Kaimauer und versuchte mit aller Kraft, den Kopf der Hurenkönigin unter Wasser zu drücken. Verzweifelt versuchte Ursel, Irenes unbarmherzigen Händen auszuweichen und sich gleichzeitig nicht vom Fluss mitziehen zu lassen.
    Mit einem Mal fühlte sie Grund unter den Füßen. Mit letzter Kraft stieß sie sich vom Boden ab, und es gelang ihr, wenn auch nur für einen kurzen Moment, aufzutauchen und prustend um Hilfe zu rufen. Doch schon im nächsten Augenblick wurde ihr Kopf wieder gewaltsam unter Wasser gedrückt. Ursel spürte, wie ihre Lebenskraft mehr und mehr schwand, aus ihr herausfloss. Endlich ergab sie sich der grenzenlosen Schwärze, die sich unaufhaltsam in ihr auszubreiten begann.

    Obwohl ihr von der harten Steinmauer langsam der Rücken weh tat, war Irmelin richtig in Fahrt gekommen. Der junge Bursche gefiel ihr, und was in ihrem langen Hurenleben nicht allzu häufig vorgekommen war: Sie genoss es mit ihm. Seinem wohligen Stöhnen nach schien es auch ihm zu gefallen. Sie klammerte sich lustvoll an seine breiten Schultern, als sie plötzlich einen lauten Hilfeschrei hörte. Er schien vom Flussufer zu kommen.
    »Hast du das gehört?«, fragte sie den Fuhrknecht, der nur unmutig knurrte: »Halt still, sonst rutscht er mir raus …«
    Auch wenn es Irmelin nicht leichtfiel, schob sie den jungen Mann sachte von sich. »Da ruft jemand um Hilfe – es hat sich angehört wie eine Frau. Lass uns nachschauen, was da los ist«, sagte sie entschlossen.
    »Ach, du kannst einem aber auch den Spaß verderben!«, murrte der Freier. »Ich war grad so gut dabei …«
    Irmelin drückte den jungen Mann an sich. »Wir machen nachher weiter, Schätzchen«, suchte sie ihn zu trösten und zog ihn mit sich.
    Als sie das Geistpförtchen passiert hatten und am Mainufer standen, nahm ihnen der dichte Nebel, der über dem Fluss und der Hafenmauer hing, die Sicht. Unschlüssig, wohin sie sich wenden sollten, blieben sie stehen und lauschten in die Dunkelheit, doch außer einem gedämpften Plätschern war nichts zu vernehmen.
    »Ich glaube, der Schrei ist von rechts gekommen«, sagte Irmelin unsicher.
    »Dann lass uns dorthin gehen«, grummelte ihr Begleiter unwirsch. »Wahrscheinlich sind sowieso nur ein paar Besoffene aneinandergeraten.«
    Die beiden wandten sich nach rechts und gingen langsam am Ufer entlang. Der Nebel war so dicht, dass sie Mühe hatten, nicht gegen die Boote und Fässer zu stoßen, die die Mainfischer dort abgestellt hatten.
    Nachdem sie ein ganzes Stück weit gelaufen waren und nichts entdecken konnten, schlug der junge Mann vor, wieder umzukehren. Unwillig stimmte Irmelin zu, obwohl sie nach wie vor ein mulmiges Gefühl hatte. Da ertönte plötzlich ein vernehmliches Plätschern und Prusten von der Kaimauer vor ihnen, und als sie näher kamen, gewahrten sie eine dunkle Gestalt. Sie kauerte auf der Mauer und beugte sich zum Wasser hinab.
    »Können wir helfen?«, fragte Irmelin und ging langsam auf sie zu. Die Gestalt fuhr erschrocken zusammen und drehte sich um, und verblüfft erkannte Irmelin, dass es sich um Irene handelte.
    »Was machst du denn hier?«, fragte die alte Hübscherin erstaunt, als ihr Blick auf das lange, dolchartige Messer fiel, das neben der Ulmerin auf der Hafenmauer lag.
    Blitzschnell sprang Irene auf, klaubte die Waffe vom Boden auf und ging mit erhobenem Dolch auf Irmelin zu, die sie nur fassungslos anstarrte.
    Der Fuhrknecht hatte das Geschehen sofort erfasst. Mit einer jähen Bewegung stürzte er auf die Ulmerin zu, packte sie am Handgelenk und versetzte ihr mit der zur Faust geballten Linken einen schmetternden Kinnhaken. Irene sank ohnmächtig in sich zusammen, der Dolch fiel scheppernd zu Boden. Der Fuhrknecht hob ihn auf und steckte ihn in seinen Gürtel.
    Erst jetzt löste sich Irmelins Erstarrung, und sie beugte sich über die Hafenmauer, um nachzusehen, was sich dort unten befand. Sie sah etwas Weißliches, das unter der Wasseroberfläche trieb, und – langwallende Haare!
    »Da ist jemand im Wasser!«, schrie sie entsetzt, beugte sich vor und versuchte angestrengt, den Körper zu fassen. Doch ihre Arme waren zu kurz.
    Sie drehte
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