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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums
Autoren: Gabriela Galvani
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in der Religionsfrage lebenslang auf Kompromisse bedachter Bruder Ferdinand trug die Kaiserwürde bis zu seinem Tod 1564.
    Durch die Recherchen habe ich gelernt, dass das kleine Ingolstadt vor 500 Jahren ein großes Zentrum der Bildung war. Weder München noch Augsburg verfügten damals über eine höhere Lehranstalt, wer etwas auf sich hielt, ging an die 1472 gegründete Universität zu Ingolstadt, zu der seit 1549 auch ein Jesuitenkolleg gehörte. Letzteres wurde insbesondere durch Pater Canisius geprägt, der später auch in Augsburg wirkte. Die Universität zu Ingolstadt wurde nach der Besetzung durch die französische Revolutionsarmee 1799 geschlossen, dann nach Landshut und später nach München verlegt.
    Eine weitere Überraschung bot für mich die Lektüre über die Frankfurter Buchhändlermesse im 16. Jahrhundert, denn die war seit etwa 1460 und demnach auch zum Zeitpunkt meiner Romanhandlung ebenso wichtig wie heute. Dabei ging man durchaus nach modernen Verkaufsstrategien vor: 1545 wurden eine erste allgemeine Bibliographie, 1564 ein Novitätenkatalog und 1598 der erste amtliche Messekatalog des Frankfurter Rats gedruckt. Lesungen und Autorenaustausch gehörten zur Tagesordnung. Erst rund 100 Jahre später wurdedie Frankfurter Buchhändlermesse in ihrer Bedeutung von der Messe zu Leipzig abgelöst, die bis in den Zweiten Weltkrieg hinein anhielt.
    Ein Urheberrecht wie in heutigem Sinne gab es im 16. Jahrhundert nicht, das Territorialprivileg ersetzte dieses in gewisser Weise, denn es sicherte dem Verleger immerhin eine Art Exklusivrecht in seinem geografischen Bereich. Mit den Büchern wurde auf der Messe Handel betrieben, und es wurden auch schon erste Lizenzen zum Nachdruck verkauft, die Verleger aus anderen Orten mit den jeweiligen Privilegien erwarben. So gab es denn auch schon Bestseller, die weit über die Grenzen der ursprünglichen Druckerstadt verbreitet wurden.
    Der erfolgreichste Autor des 16. Jahrhunderts war Martin Luther; die Reformation hätte es ohne die Möglichkeit des modernen Buchdrucks und die damit verbundene Verbreitung wohl nie in der geschehenen Form gegeben. Deshalb lebten Anfang des 16. Jahrhunderts die wohlhabendsten Drucker in Wittenberg, der Wirkungsstätte des Doktors. Martin Luther verzichtete auf Honorare aus den Erlösen seiner Texte, für die meisten anderen Schriftsteller waren die eigenen Werke jedoch zum Broterwerb da, weshalb sie auf die Gnade oder Ungnade ihrer Drucker und Verleger angewiesen waren. Mancher Druckerverleger beschäftigte für ein geringes Salär (manchmal nur der Sold eines Tagelöhners) bis zu zwanzig Dichter, die auf Anweisung schrieben, was sich gerade gut verkaufen ließ. Es wurde rücksichtslos kopiert und abgeschrieben. Einen Schutz für das geistige Eigentum gab es nicht, wohl aber – wie gesagt – für das Privileg des Verlegers.
    Erstmals gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden in England die Rechte von Schriftstellern diskutiert, in Deutschland war es der große Dichter der Aufklärung, Christoph Martin Wieland, der das ausschließliche Recht an seinem geistigenEigentum mit juristischen Mitteln durchsetzte und damit den entsprechenden Gesetzesänderungen den Weg ebnete. Als erstes deutsches Land sicherte das Großherzogtum Baden 1806 den Schriftstellern lebenslangen Schutz gegen Nachdruck.
    Der bestverdienende Autor seiner Zeit war Johann Wolfgang von Goethe: Sein Verleger, Johann Friedrich Cotta zu Stuttgart, zahlte dem Dichter nach modernen Schätzungen umgerechnet etwa zweieinhalb Millionen Euro für dessen Werke. Goethe ebnete übrigens auch den heute üblichen Vorauszahlungen den Weg, damit sind Vorschüsse gemeint, die sich aus den vertraglich vereinbarten Honoraren zwischen Autor und Verlag ergeben und schon vor Abgabe des Manuskripts fällig werden können.
    Augsburg war im 16. Jahrhundert ein Zentrum des deutschen Buchdrucks, wenn es auch wohl zum Zeitpunkt meiner Handlung keine katholischen Druckerverleger mehr in der Stadt gab. Titus und Severin Meitinger sind ebenso meine Erfindung wie alle anderen Personen meiner Geschichte. Die Fälschungen, die einen roten Faden in meinem Roman bilden, gab es in der beschriebenen Form nie.
    Es kursierten jedoch tatsächlich ab 1518 verschiedene Druckerzeugnisse der »Acta Augustana«, zumal Kurfürst Friedrich von Sachsen Luthers ursprünglichen Text aus Rücksicht auf die katholische Seite zensierte. Die Behauptung, Martin Luther habe Selbstmord begangen, wurde erstmals 1591 in einem in Rom
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