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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse
Autoren: Pamela Freeman
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Valuer würde eine echte Prophetin für das Putzen bezahlen müssen. Denn in der Philosophie der Valuer war grundsätzlich niemand bedeutender als ein anderer. Jedes Leben war gleich viel wert. Sogar das von Wanderern. Um zu beweisen, dass sie daran glaubten, gaben sie sich
die Namen von Wanderern. In einer Stadt der Valuer fanden Scharlatane und Schatzsucher kaum Beute, denn Valuer waren nur selten reich. Die Reichen hatten nichts übrig für eine Denkweise, der zufolge sie nicht besser waren als ein Fäkalienschlammsammler. Falls dem so war, was brachte es dann, reich zu sein?
    Martine lächelte und deutete auf ihren Beutel Steine, um Heron für ihre Erklärung zu danken. »Wenn du möchtest, könnte ich sie für dich werfen.«
    Heron schüttelte den Kopf. »Wenn da etwas ist, was ich wirklich wissen muss, wird Safred es mir sagen. Aber danke für das Angebot.« Sie sammelte die leeren Teller ein, ging in die Spülküche und überließ die beiden ihren Gedanken über das Leben in einer Stadt, in der ihre einzige Fähigkeit als wertlos galt.
    Martine zuckte mit den Schultern und lächelte Ash an. »Vielleicht muss ich ja doch noch kochen lernen«, sagte sie zu ihm.
    Er sah sie ausdruckslos an und begriff, dass er die Unterhaltung zwar mitgehört, sie aber sofort wieder vergessen hatte. Er dachte immer noch nach über die Ebbe und Flut merkwürdiger Kräfte in ihm, und er fragte sich, ob er jemals wieder eine solche Kraft spüren würde.
    Martine seufzte. »Dann komm. Zeit, zu Bett zu gehen.«
    Als Ash im Bett lag und die dunkle Decke anstarrte, führte er sich noch einmal die Heilung vor Augen. Er begriff, dass er überhaupt nichts getan hatte. Er hatte einfach nur dagestanden, und seine Stärke war benutzt worden. Wie er sich von Doronit hatte benutzen lassen. Deswegen hatte er sie verlassen, weil sie seine Kraft lediglich für Tod und Zerstörung einsetzen wollte. Aber sie hatte ihn auch vorher schon hemmungslos benutzt, weil er das Gefühl gehabt hatte, weder irgendwohin gehen noch der Welt etwas bieten zu können.
Sie hatte ihn immer wieder benutzt, und er hatte dies zugelassen, aus Furcht und Begierde und einer panischen Angst heraus, allein in die Welt hinausgejagt zu werden. Es war nämlich nicht so, dass seine Eltern ihn gewollt hätten. Ein Sänger, der nicht singen konnte, ein Musiker, der nicht spielen konnte - welchen Nutzen hatte er für seine Eltern, die vollendete Künstler waren? Das war ein alter Schmerz, und er verdrängte ihn, indem er an jenen Moment dachte, als Stärke von ihm in Safred geströmt war.
    War er nur dazu gut? Seine Kraft anderen zu geben - Frauen? Der Gedanke verwirrte ihn zutiefst, doch eine Antwort darauf fand er nicht. Er versuchte, die Kraft, die Safred ihm so mühelos entzogen hatte, noch einmal zu spüren, nahm sie jedoch nicht in sich wahr. Vielleicht hatte sie sie ihm endgültig genommen. Vielleicht hatte sie ihn aber auch nur vorübergehend seiner Kraft beraubt, und wenn er sich erholt hatte, würde er sie wieder spüren können.
    Er schlief unruhig und träumte von einer großen rothaarigen Frau, die in einer Tür stand und ihm ermutigend zunickte.

Saker
    Oh, wie einfach es doch war! Hier waren so viele Knochen, und sie waren nicht vergraben worden, sondern lediglich wie Abfall in die Höhle geworfen. Vor deren Eingang hatte man einen Fels gerollt, um den Geruch zu verbannen. Es gab keine feste Anordnung, es hatte kein Begräbniszeremoniell gegeben. Zwischen diesen Fingern hatten keine Kiefernzweige gelegen, kein Rosmarin unter ihren Zungen. Hunderte von Knochen, hunderte von Schädeln. So viele Geister, die darauf reagierten, wenn er sie beim Namen rief.
    Plötzlich hatte er die Bilder von Massengräbern vor Augen, die überall in den Domänen verstreut waren. Es hatte tausend Jahre gedauert, aber Actons Leute hatten gemordet und gemordet, so lange, bis ihnen das ganze Land gehörte, vom Kliff bis an die Bucht, von der Sandwüste bis zum Schnee. Sakers Dorf war das letzte gewesen, das noch auf die alte Art und Weise frei gewesen war, das letzte, dessen Bewohner abgeschlachtet worden waren. Zweifellos hatten sich die Eindringlinge danach in Sicherheit gewähnt, hatten geglaubt, sie hätten das reine alte Blut nun vollkommen ausgemerzt. Doch ihn hatten sie übersehen, und er würde sie nun in ihr Verderben stürzen.
    Gierig betrachtete Saker die vor ihm liegenden Knochen. Ja, hier lag eine Armee, falls auch nur ein Bruchteil derer, die von den Eindringlingen
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