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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse
Autoren: Pamela Freeman
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Sonnenuntergang hatten sie von der Spitze des Bergpasses am Golden Valley aus Oakmere gesehen. Dort lebte die Quelle der Geheimnisse, und von dort hatte es so ausgesehen, als sei die Stadt lediglich etwa eine Stunde Ritt entfernt. Ash hatte geglaubt, die Dämmerung hier im Norden würde ihnen noch genug Zeit gewähren, doch als sie ins Tal ritten und dann wieder bergauf und bergab in das nächste Tal, erkannte er, dass er sich getäuscht hatte. Um den Pferden eine Ruhepause zu gönnen, hielten sie an einem Wasserlauf, der eiskaltes Wasser aus den Bergen führte, an. Sie wagten es jedoch nicht, Bramble von Trine zu heben, weil sie womöglich nicht in der Lage gewesen wären, sie wieder hinaufzuhieven. Es gelang ihnen, sie dazu zu bewegen, ein wenig Wasser zu trinken, und Martine machte eine kalte Kompresse für Brambles Arm. Beides verschaffte ihr kaum Linderung.

    »Ich weiß nicht, wie schnell wir reiten können, ohne die Pferde dabei zu gefährden«, sagte Ash verbittert.
    »Falls nötig, können wir sie opfern«, erwiderte Martine.
    Ash verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Wenn du ihr dann sagst, dass es deine Entscheidung war!«, meinte er. Er kannte Bramble erst seit diesem Morgen, wusste aber bereits, dass die Pferde Gold für sie waren, nein, nicht nur Gold, sondern etwas noch Kostbareres. Er wollte es nicht sein, der ihr sagte, dass eines davon tot war.
    Martine erwiderte sein schiefes Grinsen. »Das ist nur fair. Brechen wir auf.«
    Obwohl sie festgebunden war, schwankte Bramble im Sattel. Als die Sonne unterging, fiel sie ins Delirium, murmelte etwas von Schuld und Tod und jemandem namens Leof vor sich hin, der sie gegen seine Befehle irgendwo hatte laufen lassen. »Verdammte Kiefern!«, sagte sie plötzlich deutlich. Dann stöhnte sie. Ash fühlte sich peinlich berührt und schuldig. Genauso war es gewesen, als Doronit ihn dazu genötigt hatte, den Geheimnissen der Toten zu lauschen, damals in Turvite. Er bemühte sich, nicht hinzuhören, doch weil sein Pferd am besten mit dem von Bramble zusammenarbeitete, ritt er neben Bramble und stützte sie ab. Dabei hörte und spürte er jedes Wort von ihr.
    Damit Ash beide Hände frei hatte, hielt Martine die Zügel ihrer beider Pferde und führte sie. Er vertraute darauf, dass sie den Weg fand und das richtige Tempo vorlegte. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf Bramble. Er war entschlossen, sie zu retten. Um sie zu beschützen, hatte er im Golden Valley einen Gefolgsmann des Kriegsherrn getötet, und er wollte nicht, dass dieser Tod umsonst gewesen war. Wenn Bramble überlebte, könnte er besser damit leben, den Mann namens Sully getötet zu haben. Wenn sie starb … Über die Verschwendung von zwei Menschenleben wollte er
gar nicht erst nachdenken. Also ritt und ritt er weiter, stützte Bramble ab und betete zu den einheimischen Göttern.
    Der Ritt entwickelte sich zu einem steten Wechsel zwischen leichtem Galopp, Ruhepause und leichtem Galopp. Ash war blind für die Schönheit des Frühlings in den Bergen, taub gegenüber dem Wind und den Vögeln und dem fortwährenden brausenden Geräusch des Wasserlaufs. Das Einzige, was er wahrnahm, war Brambles Rücken in seinen Händen und seinen eigenen Rücken, der gegen die unnatürliche Haltung protestierte. Er hörte nur seinen Atem und den der Pferde, die den von Bramble übertönten. Ihre Atmung ging schwach und keuchend, als schmerze sie jeder einzelne Atemzug.
    Wenn sie eine Anhöhe emporritten, schob sich ihr Körper so weit zurück in den Sattel, dass sie nur noch von der Stoffbahn, die unter ihren Achselhöhlen verlief, und von Ashs Händen gehalten wurde. Jeder Ritt einen Abhang hinab ließ sie auf Trines Hals rutschen. Dabei schrie sie laut auf, weil sie sich den entzündeten Arm scheuerte. Manchmal fuhr sie hoch und blinzelte Ash mit wirren Augen an. Er gab ihr zu trinken, wann immer es möglich war. Bald reagierte sie nicht einmal mehr, wenn ihr Arm auf dem Zwiesel aufkam.
    Ash hob den Kopf und starrte Martine verzweifelt an. »Sie stirbt«, sagte er.
    Ihm wurde bewusst, dass es dunkel wurde. Sie waren während der langen Stunden der Dämmerung und bis in die Nacht hinein geritten. Die Pferde mühten sich einen weiteren Hang hinauf, folgten dabei einem im Zickzack verlaufenden Pfad, der auf einen hohen Kamm führte. Sie waren erschöpft. Plötzlich registrierte Ash den Schmerz in seinen Beinen und seinem Hintern, und seine Müdigkeit überwältigte ihn beinahe.
    »Es kann jetzt nicht mehr
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