Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
jeden. Ein Verbrechen macht uns alle zu Opfern. Ganz zu schweigen von dem Imageverlust für Ihre Bank.«
    Cahoon sah sie gequält an. »Dieser Verlust ist immer der schwerwiegendste. Der Verlust des guten Rufs, ungeachtet der Auflagen und Bußgelder, die wir von den Bundesbehörden zu erwarten haben.«
    »Es ist nicht Ihr Fehler.«
    »Dominion Tobacco mit seiner geheimen nobelpreisverdächtigen Forschung hat mir, ehrlich gesagt, schon immer Kopfschmerzen bereitet. Wahrscheinlich wollte ich einfach daran glauben«, sagte er nachdenklich. »Doch es liegt in der Verantwortung der Banken, so etwas zu verhindern.«
    »Wie konnte es dann geschehen?« fragte sie.
    »Man hat einen erfahrenen Vize mit Zugang zu sämtlichen Unterlagen zur Kreditvergabe, und dem vertraut man. Also folgt man nicht immer nur der eigenen Vergabepolitik, dem eigenen Procedere. Man macht Ausnahmen, geht andere Wege. Und dann gibt es auch mal Probleme.« Er wirkte immer niedergeschlagener. »Verdammt, ich hätte diesem Hurensohn genauer auf die Finger sehen müssen.«
    »Hätte es klappen können, wenn er am Leben geblieben wäre?« fragte Hammer.
    »Sicher«, antwortete Cahoon. »Er hätte nur dafür sorgen müssen, daß der Kredit zurückgezahlt wird. Natürlich wären das dann, ohne unser Wissen, Drogengelder gewesen. In der Zwischenzeit hätte er vielleicht zehn Prozent der Gesamtsumme über die Hotels waschen lassen können und damit praktisch durch die Bank. Ich befürchte, wir wären in zunehmendem Maße zu einem bedeutenden finanziellen Umschlagplatz für dieses üble Gesindel geworden, wer immer es ist. Und irgendwann wäre die Wahrheit ans Licht gekommen. Für die US Bank der Ruin.«
    Hammer sah ihn an. Sie empfand plötzlich Respekt für diesen Mann, den sie bis zu diesem Gespräch nie verstanden und den sie, das mußte sie zugeben, auch nicht fair beurteilt hatte.
    »Sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann«, wiederholte sie.
    »Das können Sie am besten, wenn Sie seine Identität und die näheren Umstände noch zurückhalten, damit wir retten können, was zu retten ist und möglichst schnell herausfinden, was da genau vor sich gegangen ist«, sagte er. »Danach geben wir von uns aus einen Bericht über unsere Recherchen an die Öffentlichkeit.« Hammer warf einen Blick auf ihre Uhr. Es war fast drei Uhr morgens.
    »Wir werden sofort das FBI einschalten. Es wird auch in deren Interesse liegen, etwas Zeit zu gewinnen. Was uns betrifft, so können wir einfach Mauney noch nicht zuverlässig identifizieren, und ich bin sicher, auch Dr. Odom wird jede Information zurückhalten, bis er die Zahnarztunterlagen und Fingerabdrücke vorliegen hat. Sie wissen ja, wie überlastet er ist.« Sie zögerte kurz und versprach dann: »Das kann eine Weile dauern.«
    Cahoon dachte an Mrs. Mauney III. Er war ihr nur ein paarmal flüchtig auf einer Party begegnet. »Jemand muß Polly anrufen«, sagte er. »Mauneys Frau. Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich das tun.«
    Hammer stand auf und lächelte. »Wissen Sie was, Sol? Sie sind nicht annähernd so übel, wie ich dachte.«
    »Das gilt auch umgekehrt, Judy.« Auch er hatte sich erhoben. »Kein Zweifel.«
    »Wie sieht's aus, Hunger?«
    »Ich komme fast um.«
    »Was hat um diese Zeit denn noch geöffnet?« fragte er.
    »Waren Sie schon mal im Presto Grill?«
    »Ist das ein Club?«
    »Ja«, gab sie zur Antwort. »Und wissen Sie, was? Es ist höchste Zeit, daß Sie Mitglied werden.«

Kapitel 26
    Zu dieser Stunde waren fast nur noch Menschen unterwegs, die nichts Gutes im Schilde führten. Während West durch die schäbigen Straßen fuhr und nach Brazils Wagen Ausschau hielt, verdüsterte sich ihre Stimmung zusehends. Einerseits war sie besorgt, aber gleichzeitig war sie so ärgerlich, daß sie ihn am liebsten verprügelt hätte. War er denn verrückt geworden? Woher kamen diese irrationalen, zornigen Anfälle? Wäre er eine Frau, hätte sie das vielleicht dem PMS zugeschrieben und ihm geraten, einen Gynäkologen aufzusuchen. Sie griff nach dem Handy und wählte erneut.
    »Nachrichtenredaktion«, meldete sich eine ihr unbekannte Stimme.
    »Andy Brazil«, sagte West.
    »Ist nicht hier.«
    »Ist er während der letzten Stunden in der Redaktion gewesen?« fragte West entmutigt. »Haben Sie etwas von ihm gehört?«
    »Nicht, daß ich wüßte.«
    West drückte auf den Knopf, der das Gespräch beendete, und schleuderte den Apparat auf den Sitz. Sie trommelte auf das Lenkrad. »Ach, Andy, du verdammter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher