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Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Titel: Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
Autoren: Ari Marmell
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Augen, ganz gleich, wohin sie sich wandte, und die Schatten waren so scharf, dass sie ihr die Haut zerschnitten. Sie brannten auf und unter ihrer Haut, wie ein Inferno und eine Infektion gleichzeitig, und es war schlimmer als das Höllenfeuer.
    Es war eine Welt aus Folter, die zugleich unglaublich rein war, geradezu destilliert.
    Aber sie war nicht überall. Nicht ganz jedenfalls. Mitten in dem schrecklichen Glühen gab es Stellen mit tröstlichen Schatten, offene Wunden im Fleisch der Sterblichen, aus denen Blut und Schmerz sickerten. An diesen Stellen wurde das Licht gedämpft.
    Sie hörte hoffnungslose Schreie, ein Lied aus Trauer und
Furcht, und dort wo die Verzweiflung die Seelen zerfetzte, ließ das Brennen nach.
    Sie lachte, ein grausames, jubilierendes Lachen, und genoss es, dass die Qualen der Menschen in ihrer Nähe ihr eigenes Leid linderten, wenn auch nur ein winziges bisschen. Sie lachte und weinte, denn sie begriff, dass in einer Welt, in der es nichts als Folter gab, das Abebben des eigenen Schmerzes die einzige Freude sein konnte.
    Sie krümmte sich vor Qual und weinte noch stärker, während sie versuchte, zuzuschlagen und anderen mehr Leid zuzufügen, um sich von ihrem eigenen abzulenken. Dabei blickte sie an sich hinab …
    Der Körper, in dem sie steckte, war nicht wie der eines Vogels oder eines Tieres, und es war auch nicht ihr vertrauter weiblicher Körper, gewandet in die braune Farbe der Erde und das Grün des Waldes. Sie war vielmehr ganz in Schwarz gekleidet und war zwar nicht menschlich, besaß aber eine menschliche Form.
    Da erinnerte Seilloah sich. Wer sie war, wo sie war und was sie tun musste. Sie erinnerte sich auf einmal ganz genau.
    Auf einmal verstand sie auch, jedenfalls ein kleines bisschen, was Khanda war. Und fast, aber eben nur fast, bemitleidete sie ihn.
    Dann richtete Seilloah sich auf, sammelte ein letztes Mal, ein allerletztes Mal ihre Kraft, griff aus dem Körper hinaus, der sie umgab, und entrang ihn dem Dämon, den er beherbergte.
     
    Corvis kam näher, und einen einzigen Herzschlag lang sah er, wie Khandas Lippen sich zu einem Lächeln verzogen, allerdings nicht zu einem dämonischen Lächeln, sondern zu Seilloahs Lächeln. Sein Herz jubilierte.
    Khanda mochte keine Seele haben, aber er hatte einen ungeheuren
Willen. Die Hexe würde nur wenige Sekunden lang die Kontrolle über ihn behalten können, einige wenige Herzschläge lang, bevor der Dämon begriff, was geschehen war, und zurückschlagen würde.
    Aber jene wenigen Sekunden genügten ihr, um die Macht des Dämons zu benutzen, sie durch seine Muskeln, Knochen und Organe zu schicken, um seinen Körper in seiner Essenz zu formen, statt darum herum.
    Und ihn auf diese Weise wahrhaft und wirklich und vollkommen sterblich zu machen.
    Corvis packte Kralle, die zwischen ihnen auf dem Boden lag. Er lächelte nun ebenfalls und erwiderte Seilloahs Blick tief in Khandas Augen. Dann umfasste er mit beiden Händen den Griff des brutalen Kholben Shiar und schlug zu.
    In einem Regen aus Knochen und Blut durchtränkte die Axt den Brustkorb des Dämons und grub sich tief in die Steinwand dahinter. Khanda, und jetzt war es tatsächlich wieder Khanda, starrte ihn an. Dann fiel der Blick des Dämons auf seinen zerschmetterten Körper. Er hob den Kopf, öffnete die Lippen …
     
    Sie hieß den Schmerz der Klinge willkommen, begrüßte das schnelle Ende des Körpers, den sie trug. Es bedeutete, dass sie gewonnen hatte, dass die weitaus größere Qual, in der sie so lange gelebt hatte, nun bald verblassen würde. Es hieß, dass sie nicht vergeblich gelitten hatte, dass sie …
    Ihre Lider zitterten, als eine Woge aus Feuer und Fäulnis über sie hinwegglitt, über ihre Gedanken, und sie davonfegte. In der Dunkelheit des Kellers, oder vielleicht auch in der Finsternis ihres eigenen Verstandes, öffneten sich zwei Augen, zwei glänzende Augen, aus denen sie vier einzelne Pupillen anstarrten.

    Kurz bevor die Welt verblasste, hörte sie die schreckliche Stimme ein letztes Mal in ihrer eigenen Seele.
    *NICHT ALLEINE!*
     
    »Nicht«, Khanda hustete, und Blut spritzte auf das Gesicht seines Feindes, »alleine!«
    Dann war er tot, eine weitere Leiche, die Corvis Rebaine vor die Füße fiel.
    Corvis drehte sich zu den anderen um, lächelte und machte einen Schritt.
    Der Himmel kreischte, ein Pfeifen des letzten Zaubers, den Khanda jemals wirken würde. Corvis spürte es kommen und versuchte auszuweichen, aber seine Kraft hatte ihn endgültig
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