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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Autoren: Christopher Brookmyre
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einer schwarzen Plane.
    Harry nahm seine Sachen aus dem Kofferraum und verfluchte Alessandro für den Polaroid-Blödsinn. »Lass es schlimm aussehen.« Arschloch. Als hätten nicht alle schon genug Schiss, wenn man ihnen mit dem Tod drohte.
    Er schlich auf dem staubigen Boden durch die verdorrten Büsche auf die Plane zu, die vom Mondlicht und gelegentlichen Scheinwerfern auf der Hauptstraße beleuchtet wurde. Außer den Motoren und Reifen auf Asphalt mehrere Hundert Meter entfernt war nichts zu hören. Harry zog seine schmale Taschenlampe aus dem Rucksack. Er griff unter die Plane und spürte kaltes Metall, ein Fahrzeug, höchstwahrscheinlich ein dunkelblauer 1999er Toyota-Geländewagen. Er duckte sich unter die Plane und schaltete die Taschenlampe an. Tatsächlich war es ein blauer Toyota,aber er ging noch auf Nummer sicher und sah sich die Nummernschilder an.
    Treffer.
    Er ging langsam um das Haus herum, setzte jeden Schritt vorsichtig auf die Bretter der Holzveranda und lehnte sich wieder zurück, sobald es knarzte. Die Tür sah so aus, als würde sie nicht mal einem stärkeren Pissstrahl standhalten, und einem Tritt schon gar nicht, aber er knackte lieber das Billigmotelschloss. Sollte Nunez aus irgendeinem Grund nicht hier sein, würde es die Überraschung verderben, wenn bei seiner Rückkehr die Tür fehlte.
    Harry hockte sich hin, legte seine Pistole auf den Boden und zog eine winzige Ahle mit Plastikgriff aus der Tasche. Er schob sie mit der Rechten ins Schloss, während er mit der Linken den Aluminiumtürknauf fasste, der sich sofort löste, als die Tür ein paar Handbreit aufging. Harry griff hastig nach der Pistole und verlor vor Schreck fast das Gleichgewicht.
    Drinnen bewegte sich nichts, und durch den schmalen Spalt war nur Dunkelheit zu sehen. Aber nicht alle seine Sinne gingen leer aus. Es war schwer zu sagen, ob er zuerst den Gestank oder das Summen der Fliegen bemerkte, aber den stärkeren Eindruck hinterließ zweifellos Ersterer.
    »Scheiße.«
    Harry konnte den Würgereflex gerade so unterdrücken. Das hatte er gelernt, weil er viel mit Leichen zu tun hatte, zwei von ihnen hatte er sogar wieder ausgraben und umbetten müssen, aber den Gestank hier hielt selbst er kaum aus, dabei war er noch gar nicht im Haus. Er zog ein Tuch aus dem Rucksack, mit dem er eigentlich Fingerabdrücke hatte entfernen wollen, und band es sich vor Mund und Nase wie bei einem Wildwest-Überfall. Dann nahm er wieder die Lampe in die Hand und stieß widerwillig mit dem Fuß die Tür auf.
    Der Lichtstrahl erhellte nur winzige Flecken der Dunkelheit, als würde sich ein Punktrasterbild Zeile für Zeile aufbauen. Harry drehte sich um und leuchtete die Wand neben der Tür ab, bis er den Lichtschalter fand. Er funktionierte. Leider.

    Die Baracke bestand aus einem Wohn-/Schlafzimmer mit Kochecke sowie einem abgeteilten Bad nach hinten raus. Außer dem Spülbecken, dem zweiflammigen Herd und der Arbeitsplatte in der »Küche« war das ausgeklappte Schlafsofa mit einzelnem Laken das einzige Möbelstück. Weiterhin sah Harry verstreute leere Suppendosen und Pizzakartons, einen Stoffbeutel mit Männerklamotten, ein Paar Herrenschuhe, eine halb leere Flasche Jose-Cuervo-Tequila, einen Hustler, eine braune Wildlederjacke, mehrere abgegriffene Taschenbücher und Nunez’ Kopf in einem Einmachglas.
    Genau.
    Da stand er am Ende des Betts auf einem Kissen wie der verdammte Hope-Diamant. Blutunterlaufen, voller Wunden, angeschwollen, verfärbt und untergetaucht, aber immer noch als Nunez erkennbar, der mit dem seltsamen Blick in die Ferne starrte, den Leichen immer nach ein paar Tagen unter Wasser annehmen.
    Das ganze Zimmer war mit Blut bespritzt, als hätten sie einen Rasensprenger benutzt: die Wände, der Boden, der Müll, die Klamotten, alles. Als Einziges nicht gesprenkelt war das Laken auf dem ausgeklappten Bett. Es war nämlich völlig blutverschmiert.
    Nein. Getränkt.
    Zum Glück gab es dann doch nicht so viele Fliegen, wie es sich angehört hatte. Seine Fantasie war wohl mit ihm durchgegangen, obwohl er erwartet hätte, dass sein Gehirn das Geräusch dann abgeschwächt hätte, weil es die ganzen visuellen Eindrücke verarbeiten musste.
    Harry ging vorsichtig auf das Bett zu, wollte das Laken dann aber doch nicht mit bloßen Händen anfassen. Er ging wieder nach draußen und zog sich ein Paar Latexhandschuhe aus dem Rucksack über. Die Spurensicherung machte ihm, ehrlich gesagt, weniger Sorgen als das getränkte Laken. Langsam
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