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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Autoren: Christopher Brookmyre
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das keine natürliche Wiedergutmachung für all die Scheiße war, die man hier in Mexiko mitmachte. Hier stank es überall nach Kloake, das Bier schmeckte wie verdünnte Pisse, und jede Fahrt zum Laden an der Ecke wurde zum Stockcar-Rennen –, aber verdammt noch mal, die Nutten hier waren wirklich mal was anderes.
    Irgendwie war es beruhigend, dass es in dieser kulturkolonisierten und von Einkaufszentren überzogenen Welt noch Nutten gab, die sich nicht gleich jeden Cent in den Arm jagten, den man ihnen gab. Die wohnten aber leider fast alle in ökonomisch stark benachteiligten Gegenden. Was nicht hieß, dass es in einem mexikanischen Rotlichtviertel nicht vor Cracknutten und Junkies wimmelte; vor diesem erfolgreichsten Globalisierungsbeispiel war selbst das entlegenste Nest nicht sicher. Wahrscheinlich verkaufte schon mitten in der verdammten Sahara irgendein Drogenopfer seinen Arsch. Aber hier, südlich der Grenze, gab es eben Mädchen, die sich verkauften, weil sie von Geburt an keinen Cent hatten. Die hatten keine Drogen gebraucht, um auf der Straße zu landen. Das gab dem Ganzen etwas befriedigend Reines, Natürliches, und überhaupt war es geiler, wenn mal eine keine vernarbten Venen und Augen wie ein verpennter Panda hatte.
    Hier unten gaben sie sich auch mehr Mühe, aber das lag vielleicht daran, dass er Amerikaner war und deshalb für gute Arbeitein paar Dollar mehr lockermachte. Sie spielten keine falsche Begeisterung vor, sondern widmeten sich mit professioneller Hingabe ihrer Arbeit. Von wegen protestantische Arbeitsmoral. Die Mädels hier gaben jedes Mal ihr Bestes, und die waren alle erzkatholisch.
    Aus all den Gründen konnte man diesem exquisiten Zeitvertreib kaum widerstehen, wenn man in so einem Dreckloch festsaß und nichts totzuschlagen hatte außer Zeit. Als er jünger und eifriger gewesen war, hätte er sich wohl disziplinierter verhalten. Manche Regeln hatte er sich selbst gesetzt, manche hatte er von erfahreneren Kollegen gelernt. Eine lautete: Gevögelt wird erst nach getaner Arbeit. Wenn man geil ist, bleibt man scharfsinnig, konzentriert und skrupellos. Blutrünstig. Aber mittlerweile war er selbst so erfahren, dass er wusste, wann man sich mal etwas gönnen durfte – oder sogar musste. Er hatte noch keine solide Spur zu seiner Zielperson, verdammt noch mal, und wozu sollte er hier blöd in Mexiko rumhängen, wenn er noch nicht mal mexikanische Nutten vögeln durfte?
    Das prähistorische Rasseln des Telefons auf dem wackligen Nachttisch war bestimmt bis unten in der Lobby zu hören. Es war das beste Hotel der Stadt, was in einer Stadt wie Hermosillos aber nicht viel hieß. Klar gehörte es in dem Geschäft dazu, dass man sich möglichst anonym irgendwo einmietete, und die verflohten Absteigen hatten ihn nie weiter gestört, aber es gab auch Grenzen. Hier in der Gegend galt ein Hotel schon als extravagant, wenn es ein Telefon auf dem Zimmer gab, und darauf hatte er diesmal nicht verzichten können.
    Außerdem gab es hier saubere Laken (die rochen zwar nach Billigwaschmittel, aber dass sie überhaupt nach Waschmittel rochen, war schon einen Stern über der Tür wert), ein eigenes Bad und einen Farbfernseher. Von dem hatte man aber nicht viel, wenn man nicht auf mexikanisches Wrestling oder Fußball stand, die alles außer zwei Kanäle füllten. Die anderen beiden: Home-Shopping auf Spanisch und, natürlich, MTV . Die nützlichste Annehmlichkeit hatte er selbst eingerichtet. Sie hieß Conchita – zumindest hattesie sich so vorgestellt – und bisher war sie jeden Cent wert, was man von dem Zimmer nicht behaupten konnte, selbst nach Abzug des Diners-Club-Rabatts.
    Das Mädchen erschrak bei dem Rasseln nicht so wie er, weil es bei ihr wohl keine fünf Jahre her war, dass sie so etwas gehört hatte. Sie richtete sich auf und krabbelte auf das Telefon zu. Nette Geste, aber als Sekretärin hatte er sie nicht angestellt.
    »Was? Erwartest du etwa ’nen Anruf?«
    »Pardon, Señor.«
    Sie konnte zwar kein Englisch, aber sie hatte schon verstanden, was er wollte.
    »Dann ist es wohl für mich, was? Und du kümmerst dich jetzt mal wieder um den rosa Hörer da unten, Süße. Keine Sorge, ich kann mich schon auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrieren.«
    Als Conchita sich wieder an die Arbeit gemacht hatte, nahm er ab und legte sich zurück aufs Kissen.
    »Hey. Mit wem spreche ich?«
    »Miguel.«
    »Yo, Mickey! Was gibt’s?«
    »Pack deine Sachen, Harry. Du bist da unten falsch.«
    »Ich bin da …?
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