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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin
Autoren: Philippa Gregory
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leicht zitterte. Sie ließ die
Hand wieder sinken und verschränkte dann beide Hände vor ihrer Taille,
wandte sich Jane Dormer zu.
    »Gab es eine weitere Bitte?«
    »Nein, nichts mehr«, sagte Jane mit dünner Stimme.
    »Ihr könnt ihr demnach ausrichten, dass ich es getan habe?«
    Janes Augen glitten zu mir. Sofort ging die Prinzessin auf sie
los. »Aha, deshalb bist du mitgekommen.« Nun galt ihr Angriff mir.
»Meine kleine Seherin als Spion. Du sollst ein Fenster in meine Seele
bohren und in mein Herz schauen, und dann sollst du der Königin
erzählen, was du gesehen zu haben glaubst.«
    Ich schwieg.
    »Du wirst ihr berichten, dass ich meine Hand gehoben und den
Eid geschworen habe. Du wirst ihr ausrichten, dass ich ihre rechtmäßige
Nachfolgerin bin.«
    Ich erhob mich. Danny war eingeschlafen, und sein Köpfchen
fiel auf meine Schulter. »Mit Eurer Erlaubnis bleiben wir heute Nacht
hier und kehren morgen zur Königin zurück«, sagte ich ausweichend.
    »Es gibt noch etwas«, sagte Jane Dormer. »Ihre Majestät trägt
Euch auf, ihre Schulden zu bezahlen und Euch ihrer treuen Diener
anzunehmen.«
    Elisabeth nickte. »Selbstverständlich. Versichert meiner
Schwester, dass ich ihre Wünsche wie eine würdige Nachfolgerin
respektieren werde.«
    Vermutlich war ich die Einzige, die Elisabeths Frohlocken
unter ihrem ernsten Ton wahrnahm, und ich verdammte sie dafür
keineswegs. Wie Maria hatte sie ihr ganzes Leben lang auf den Moment
gewartet, in dem ihr die Regentschaft angetragen würde, und nun glaubte
sie, dieser Moment sei gekommen, ohne dass sich Widerspruch
regte – morgen schon, oder übermorgen.
    »Wir reisen im Morgengrauen ab«, sagte ich, da ich ihrer
schlechten Verfassung wegen um die Königin bangte. Ich wusste, sie
würde bis zu unserer Rückkehr ausharren, sie würde hören wollen, ob
England im Schoße des wahren Glaubens verbleiben würde – ob
sie, wenn schon alles andere verloren war, England immerhin in den
Stand der Gnade zurückversetzt hatte.
    »Dann wünsche ich Euch gute Nacht und gute Reise«, sagte
Elisabeth liebenswürdig.
    Sie ließ uns zur Tür gehen, und als Jane Dormer diese
durchschritten hatte, sagte sie, so leise, dass nur ich es hören
konnte: »Hannah.«
    Ich drehte mich um.
    »Ich weiß, dass du ihr ebenso treu ergeben bist wie mir«,
sagte Elisabeth sanft. »Leiste deiner Herrin diesen letzten Dienst und
nimm mein Wort als Wahrheit, und lasse sie mit ruhigem Gewissen vor
ihren Gott treten. Gib ihr Frieden, auf dass auch unser Land Frieden
erfahren möge.«
    Ich verneigte mich vor ihr und verließ das Gemach.
    Ich hatte geglaubt, wir würden Hatfield ohne
weiteren Abschied verlassen. Am frühen Morgen jedoch, als Frost in der
Luft lag und die Sonne wie ein glühendes Holzscheit am weißen Horizont
brannte, traf ich auf dem Weg zu den Ställen Lord Robert. Lächelnd und
in einen roten Samtumhang gehüllt wartete er dort zusammen mit John Dee.
    »Ist dein Junge auch warm genug eingepackt?«, fragte er. »Es
hat in der Nacht gefroren, und die Luft ist beißend kalt.«
    Ich zeigte ihnen Danny. Er trug ein dickes Wollwams, in dem er
kaum laufen konnte, und brachte mir einen langen Schal. Als er bei uns
angelangt war, spähte er unter dem Rand seiner groben Wollkappe zu uns
auf. »Der arme Junge erstickt fast«, erklärte ich. »Er wird eher
schwitzen als frieren.«
    Robert nickte. »Die Gefangenen von Calais werden binnen einer
Woche freigelassen«, berichtete er. »Ein Schiff wird sie dann nach
Gravesend bringen.«
    Ich fühlte mein Herz ein wenig schneller schlagen.
    »Du wirst rot wie ein Mädchen«, neckte mich Lord Robert
zärtlich.
    »Glaubt Ihr, dass er meinen Brief erhalten hat, den ich damals
nach meiner Ankunft in England schrieb?«, fragte ich.
    Lord Robert hob die Schultern. »Vielleicht. Bald schon wirst
du ihn ohnehin selber fragen können.«
    Ich trat ein wenig näher heran. »Versteht Ihr: Wenn er ihn
nicht erhalten hat, dann weiß er gar nicht, dass ich aus Calais fliehen
konnte. Er könnte mich für tot halten. Und dann wird er vielleicht gar
nicht nach England kommen, sondern nach Italien gehen oder noch weiter.«
    »Weil die geringe Möglichkeit besteht, dass du nicht mehr
lebst?«, fragte Lord Robert kritisch. »Was ihm nie jemand erzählt hat?
Ohne Beweise? Und wird er nicht wissen wollen, was aus seinem Sohn
geworden ist?«
    »In den Wirren des Krieges verloren gegangen«, sagte ich
mutlos.
    »Irgendjemand hätte nach dir gesucht«, beharrte er. »Wenn
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