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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin
Autoren: Philippa Gregory
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Schnitzereien verzierten Stuhl hing ein goldener Baldachin.
Zu ihrer Rechten saß der spanische Gesandte, als wollte sie mit dieser
Verbindung besonders glänzen, zur Linken ihr besonderer Günstling Lord
Robert. Neben ihm hatte die rechte Hand des Großinquisitors von London,
die Geißel der Protestanten, Dr. John Dee, Platz genommen, und an der
Seite des spanischen Botschafters saß der Cousin der Prinzessin, der
sie einst verhaftet hatte und nun den ergebenen Verwandten spielte.
Neben ihm saß ein Mann von ruhigem Ehrgeiz, ein eingeschworener
Protestant: William Cecil. Elisabeths Tafelrunde brachte mich zum
Grinsen. Niemand konnte voraussagen, in welche Richtung diese Katze
springen würde. Elisabeth hatte spanische und englische, katholische
und protestantische Ratgeber Seite an Seite gesetzt – wer
wollte ergründen, was sie damit bezweckte?
    John Dee schaute von der Tafel auf, ertappte mich bei meinem
Grinsen und hob grüßend die Hand. Lord Robert folgte seinem Blick, sah
mich und winkte mir, näher zu treten. Ich bahnte mir einen Weg durch
die Höflinge und machte einen Knicks vor der Prinzessin, die aus ihren
schwarzen Augen ein pfeilschnelles, strahlendes Lächeln auf mich
abschoss.
    »Aha, da ist ja das Mädchen, das so viel Angst davor hatte,
eine Frau zu werden, dass es erst Hofnärrin wurde und dann Witwe«,
scherzte sie derb.
    »Prinzessin Elisabeth«, sagte ich und machte einen neuerlichen
Knicks. Doch ihre Worte hatten mich getroffen.
    »Wolltest du mich sprechen?«
    »Ja, Prinzessin.«
    »Du hast Nachricht für mich von der Königin?«
    »Ja, Prinzessin.«
    An der Tafel erhob sich aufmerksames Gemurmel.
    »Ihre Majestät befindet sich wohl?« Der spanische Gesandte
Graf Feria beugte sich vor, unterbrach unseren Wortwechsel.
    »Das wisst Ihr doch sicherlich besser als ich«, sagte ich,
erbittert darüber, ihn nun leibhaftig an Elisabeths Tafel zu sehen. »Es
gibt nur einen Menschen auf der Welt, dem sie innige Briefe schreibt,
einem Mann, den sie liebt – und dieser ist Euer Gebieter.«
    Elisabeth und Lord Robert tauschten ein wissendes Lächeln über
meine Unhöflichkeit. Der Graf jedoch wandte den Kopf ab.
    »Du darfst dich zu meinen Hofdamen setzen. Nach dem Mahl
werden wir allein miteinander sprechen«, ordnete die Prinzessin an.
»Bist du allein mit deinem Sohn gekommen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Jane Dormer ist mitgekommen, und
begleitet wurden wir von zwei Gentlemen aus dem Hofstaat der Königin.«
    Der Graf fuhr herum. »Mistress Dormer befindet sich hier?«
    »Sie speist allein«, erwiderte ich schneidend. »Sie wollte
nicht mit dieser Gesellschaft zu Tische sitzen.«
    Elisabeth biss sich auf die Lippen, um ein neuerliches Lächeln
zu unterdrücken, und bedeutete mir, Platz zu nehmen. »Wie ich sehe,
bist du nicht so wählerisch«, neckte sie mich.
    Ich sah ihr gerade in die Augen. »Eine Mahlzeit ist eine
Mahlzeit, Prinzessin. Und wir beide wissen genau, was Hunger bedeutet.«
    Nun lachte sie hell auf. Dann bedeutete sie ihren Damen mit
einem Nicken, für mich Platz zu machen. »Sie ist eine geistreiche
Närrin geworden«, sagte sie zu Lord Robert. »Das freut mich. Ich hege
nicht allzu viel Vertrauen zu Visionen und Voraussagen.«
    »Einmal jedoch hat sie mir eine hübsche Vision zum Besten
gegeben«, sagte Robert sehr leise und schaute mich an, doch sein
Lächeln galt der Prinzessin.
    »Ach ja?«
    »Sie sagte voraus, ich würde von einer Königin geliebt werden.«
    Beide lachten. Es war das intime Kichern eines geheimen
Paares, und Lord Robert lächelte mir zu. Ich begegnete seinem Blick mit
steinerner Miene.
    »Was ist nur los mit dir?«, wollte Elisabeth
später wissen, als wir uns in einer Nische des Wandelganges aufhielten.
Elisabeths Höflinge waren außer Hörweite, überdies wurden unsere Worte
von einer Laute übertönt.
    »Ich kann Graf Feria nicht leiden«, sagte ich barsch.
    »Das hast du ja deutlich genug zum Ausdruck gebracht. Glaubst
du wirklich, ich kann dir erlauben, an meiner Tafel meine Gäste zu
beleidigen? Die Narrenkluft hast du abgelegt – folglich
solltest du dich auch wie eine Dame benehmen.«
    Ich lächelte. »Da ich Euch eine Botschaft überbringen soll,
die Ihr unbedingt hören wollt, werdet Ihr mich wohl erst anhören, bevor
Ihr mich zum Tor hinauswerfen lasst. Da spielt es keine Rolle, ob ich
nun ein Narr bin oder eine Dame.«
    Sie lachte über meine Dreistigkeit.
    »Und ich glaube, dass auch Ihr ihn nicht leiden könnt«, fuhr
ich kühn fort.
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