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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Sommerfeld, einer der bedeutendsten Physiker seiner Generation. (…) Sommerfeld vereinte in glücklicher Weise den Typus des Forschers und des Lehrers, wie es nur wenigen gelungen ist. Zahlreiche Professuren für theoretische Physik in den verschiedensten Ländern wurden mit Schülern Sommerfelds besetzt, die jetzt, um ihn trauernd, sein Werk fortsetzen werden.« Mit diesen Worten verabschiedet sich einer der berühmtesten Schüler von seinem hochverehrten Lehrer. Die Rede ist von Wolfgang Pauli, den wir später noch vorstellen und der stets mit allen Kollegen – selbst mit Einstein – respektlos bis frech umgegangen ist. Er hat nur bei einem eine Ausnahme gemacht: Arnold Sommerfeld. Dieser aus Königsberg stammende Physiker, der über Göttingen, Aachen und Clausthal nach München gekommen war, ist von all seinen Schülern verehrt und dabei vielfach mit Superlativen beschrieben worden, so etwa von Werner Heisenberg, der in seiner Autobiografi e Der Teil und das Ganze beschreibt, wie Sommerfeld nicht nur als »einer der glänzendsten Lehrer der Hochschule«, sondern auch als ein Freund der Jugend seine Studenten für sich einnehmen konnte: »Der kleine, untersetzte Mann mit dem etwas martialisch anmutenden dunklen Schnurrbart machte zunächst einen strengen Eindruck«, wie Heisenberg das erste Zusammentreffen mit Sommerfeld noch vor Beginn des Studiums im Jahre 1920 schildert. »Aber schon aus den ersten Sätzen schien mir eine unmittelbare Güte zu sprechen, ein Wohlwollen für den jungen Menschen, der hier Führung und Rat suchte.«
    Einer der Ratschläge Sommerfelds lautete, dass diejenigen, die sich vor allem mit der Theorie der Physik beschäftigen, darauf achten sollten, sich zunächst »mit großer Sorgfalt kleine und zunächst unwichtig scheinende Aufgaben« vorzunehmen. Denn »wenn solche großen bis in die Philosophie reichenden Probleme zur Diskussion stehen wie die Einstein’sche Relativitätstheorie oder die Planck’sche Quantentheorie, so gibt es auch für den, der über die Anfangsgründe hinaus ist, viele kleine Probleme, die gelöst werden müssen und die erst in ihrer Gesamtheit ein Bild des neu erschlossenen Gebiets vermitteln.« Sommerfeld versprach dem ehrgeizigen und unverzagt fragenden Schüler ferner, ihm »schon sehr bald ein kleines Problem vorzulegen, das mit Fragen der neuesten Atomtheorie zu tun hätte« – mit der Folge, dass sich Heisenberg begeistert und glücklich fühlte, und somit war über seine »Zugehörigkeit zur Sommerfeld’schen Schule für die nächsten Jahre entschieden.«
Theoretische Physik
    Wenn Sommerfeld als Lehrer gelobt wird, dann meint man nicht nur den ehrlichen, zuvorkommenden, ermutigenden und offenherzigen Umgang eines Professors mit Studenten und seine Fähigkeit, ihre jeweilige Leistungsfähigkeit herauszufordern und anzustacheln, indem er sie vor Probleme stellte, die auf die jeweilige Person zugeschnitten waren. Man meint auch seine souveränen Vorlesungen und die populären Lehrbücher, die aus ihnen hervorgegangen sind. Sommerfeld hatte dabei das Glück des Tüchtigen gehabt, nämlich zur rechten Zeit am rechten Ort bzw. in der rechten Disziplin tätig zu sein. In den letzten Jahren des 19. und den ersten des 20. Jahrhunderts entstand nämlich eine neue Wissenschaft, in der sich das experimentelle Können und die praktisch erprobten Naturerfahrungen von Physikern mit dem analytischen Geschick und rechnerischen Vermögen von Mathematikern zusammenfand, um das eigenständige Gebiet der theoretischen Physik zu begründen. In diesem sollten bald die souveränen Gestalten der Wissenschaft ihren Platz fi nden und ihre Ideen präsentieren können: Max Planck, Albert Einstein und andere, die wir noch kennenlernen werden und denen es in großem Stil und mit höchster Eleganz gelungen ist, die theoretische Physik als eine Fortsetzung der Philosophie mit mathematischen Mitteln zu betreiben.
    Sommerfeld begriff, dass er mit von der Partie war, als gerade etwas ganz Großes für unsere Kultur entstand, und er pflegte dabei voller Freude zu zitieren, was Friedrich Schiller einmal über Immanuel Kant und seine Interpreten gesagt hatte: »Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu tun.« Es war selbstverständlich, dass sich Sommerfeld für einen Kärrner hielt – also für einen, der unter körperlicher Anstrengung den mit mathematischen Lasten bepackten Wagen (Karren) durch den Dreck zu ziehen hatte, um das theoretische Material an den richtigen Ort zu
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