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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut
Autoren: Astrid Fritz
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Nachmittagssonne hoch über der Stadt und betrachtete voller Glück das weite Land zu ihren Füßen. Ihre Zeit im Kloster schien in endlose Ferne gerückt, und auch die Wochen an der Seite der Bauern begannen zu verblassen. Sogar das schreckliche Geheimnis um ihre Familie, das Phillip ihr enthüllt hatte, hatte sie weniger schmerzhaft getroffen, als sie gedacht hätte. Wighart, der Mörder ihres Vaters und Bruders, war nach Bayern in eine Benediktinerabtei geflüchtet, vielleicht würde er dort ja so etwas wie Läuterung erfahren. Für sie jedenfalls hatte ein gänzlich neuer Lebensabschnitt begonnen, seitdem sie mit dem Menschen, nach dem sie sich zeitlebens gesehnt hatte, wieder vereint war.
    Stunden über Stunden hatten sie in den letzten Tagen miteinander geredet und geschwiegen, gelacht und geweint. Da es gegen jegliche Bursenregel verstoßen hätte, allein mit Phillip in seiner Kammer zu sein, hatte er ihr die Stadt gezeigt, oder sie hatten sich an einen der zahlreichen Brunnen gesetzt, deren Wasser wieder floss. Sie durfte mit an der Tafel des Hausherrn speisen und bei der freundlichen Resi in deren Dienstbotenkammer nächtigen. Und gestern nach dem Abendessen – gestern hatte Phillip im Beisein von Doctor Molitoris um ihre Hand angehalten. Unwillkürlich musste sie lächeln.
    «Woran denkst du?», fragte Phillip.
    «An gestern Abend. Und an das, was vor uns liegt.»
    «Und was siehst du, wenn du an die Zukunft denkst?»
    «Uns beide. – Und wenn ich ganz genau hinschaue, noch eine Schar von quengelnden Kindern.»
    «Das ist ein schöner Gedanke.» Phillip strahlte und drückte ihr einen zarten Kuss auf die Wange. Noch immer war er fast schüchtern, wenn er sie einmal berührte. Gerade so, als könne er noch immer nicht glauben, dass sie sich wiedergefunden hatten.
    «Weißt du was?», fragte er. «Eigentlich muss ich deinem Hauptmann unendlich dankbar sein. Weil er dich nämlich zu mir zurückgebracht hat. Dabei hätt ich den Kerl ums Haar umgebracht.»
    Er lehnte sich wieder an sie.
    «Wo möchtest du gern leben, Antonia? Wir müssen nicht in Freiburg bleiben.»
    «Willst du nicht zu Ende studieren?»
    «Das hat Zeit. Sag mir einfach, wo du in diesem Moment am liebsten wärest. Schließ die Augen und stell es dir vor. – Also, was siehst du?», fragte er, nachdem sie die Augen geschlossen hatte.
    «Ich sehe Weinberge, grüne Obstwiesen und Pferdeweiden vor mir. Wir beide sitzen in der Sonne in unserem Steinbruch und schließen Wetten ab. Darüber, ob Kilians beste Zuchtstute einen Hengst oder eine Stute geboren hat.»
    Phillip musste lachen.
    «Dann reiten wir morgen zurück nach Holderstein. Die Ortenau scheint befriedet. Und Kilian – Kilian wird außer sich sein vor Freude.»
    «Da ist noch etwas. Ich möchte, dass Lena in unser Dorf überführt wird.»
    Er nahm ihre Hand und drückte sie fest.
    «Sie soll neben deinem Vater und deinem Bruder ruhen.»
    Jetzt war es Phillip, der vor sich hin zu träumen begann.
    «Du bleibst an Kilians Seite, kümmerst dich ums Haus, um die trächtigen Stuten und die Fohlen, während ich meinen Magister fertig machen könnte. Da fehlt nicht mehr viel, ich wäre bald zurück. Und dann könnte ich für dich sorgen, für dich und unsere Kinder. Irgendwas wird sich finden. Ich könnte auch Wein anbauen, da muss viel verbessert werden. Oder ich verdinge mich als Stadtschreiber oder Notar im nahen Oberkirch. Wir werden das Herrenhaus umbauen und verschönern, mit den Steinen der alten Burg. Dort oben will ohnehin keiner mehr leben, am besten überlassen wir sie den Raben und Steinadlern …»
    Sie unterbrach seinen Redeschwall, indem sie über seine Lippen strich und ihn dann küsste, wie sie Phillip noch nie zuvor geküsst hatte.

[zur Inhaltsübersicht]
    Nachwort der Autorin
    N achdem sich Freiburg am 24 . Mai 1525 vertraglich den Bauern verbunden hatte, zog Hans Müller mit seinen Männern erneut vor Radolfzell am Bodensee und verstärkte den Hegauer Haufen, der die Stadt belagerte – indessen vergeblich. Ein gewaltiges Heer von Habsburger Söldnern rieb die Bauern, die dem ungleichen Kampf nicht gewachsen waren, in mehreren Gefechten auf und versprengte den Haufen. Vierundzwanzig Dörfer im Hegau und im Klettgau gingen in Flammen auf, Aberhunderte von Bauern wurden erschlagen, enthauptet, gehängt oder grausam verstümmelt.
    Auch der größte Erfolg von Hans Müller und seinen Schwarzwälder Bauern, die Einnahme Freiburgs, währte nur kurz. Keine zwei Monate später
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