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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut
Autoren: Astrid Fritz
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Großvater, war das ehrenvolle Amt des Gutsverwalters angetragen worden. Seither waren sich die beiden Familien eng verbunden.
    Phillip trat in die Fensternische und ließ seinen Blick über das Ortenauer Land schweifen, über das dunkle Wolkenfetzen hinwegglitten. Die größte Enttäuschung für seinen Vater mochte sein, dass keiner der Söhne die ritterliche Standesehre nach seinem Wunschbild fortführte. Als Ritter ohne Land und Leute hätte sich Phillip sein Lebtag lang fremden Dienstherren anheimstellen müssen – da zog er es doch vor, eines Tages wie Bernward an der Universtät zu studieren, um diese Welt besser begreifen zu können. Kilian konnte sich ebenfalls nicht für tollkühne Schlachten und Turniere oder höfische Traditionen begeistern. Er war ein Landmann im besten Sinne – nur leider würde er damit nie etwas anderes als der Pferdeknecht ihres ältesten Bruders Wighart sein. Und Wighart selbst, der künftige Herr zu Holderstein, in den der Vater als Erstgeborenen all seine Hoffnungen gesetzt hatte, erwies sich leider nur auf den ersten Blick als christlicher Rittersmann.
    Im Gegensatz zu ihm und Kilian hatte es Wighart nicht schnell genug gehen können, sich in sämtlichen Kampf- und Waffentechniken zu beweisen. Schon als kleiner Junge war es sein erklärtes Ziel gewesen, einmal Ritterhauptmann oder Waffenmeister im kaiserlichen Heer zu werden, und ihr Vater hatte dies nach Kräften gefördert. Einen ganzen Kerl hatte er aus seinem Ältesten machen wollen, einen, der im Kampf seinen Mann stand und sich nicht, wie er selbst, mit etlichen Gulden vom Kriegsdienst würde loskaufen müssen. Den Besuch einer Klosterschule hatte Wighart für unnötig befunden und jedem, der es hören wollte, entgegengehalten, dass zu viel Lernen weibisch mache und ein Ritter kein Latein brauche. Auch die Bibelstunden bei ihrem Burgkaplan hatte er meistenteils geschwänzt, sich dafür umso eifriger bei Eginos Lektionen gezeigt, vor allem in der Wappen- und Waffenkunde, hatte sich von ihm sogar ein wenig die frankreichische und engländische Sprache beibringen lassen. Mit zwölf endlich hatte der Vater ihn fortgelassen, zu Kilians großer Erleichterung, denn der hatte unter Wigharts großspuriger, überheblicher Art am meisten zu leiden gehabt. Weit weg, zu Rudolf von Holderstein, einem Vetter des Vaters und Hofmeister des Markgrafen Christoph, war er als Edelknabe in Obhut gegeben worden.
    Noch nicht einmal zwei Jahre hatte Wighart auf dem markgräflichen Burgschloss in Baden verbracht, als er begann, unverfroren gegen das höfische Protokoll zu verstoßen, sei es bei Tisch, sei es bei der Jagd oder bei Gesellschaften. Phillip wusste dies alles nur vom Hörensagen, denn er selbst war zu jener Zeit noch ein Kind gewesen. An
ein
Ereignis erinnerte er sich jedoch gut, war doch sein Vater, dieser große, starke, bärbeißige Mann, hierüber vor Enttäuschung fast in Tränen ausgebrochen: Bei einem Trinkgelage hatte Wighart mit dem bischöflichen Statthalter von Oberkirch Streit angezettelt und ihm dabei die goldene Kette vom Hals gerissen. Ein Bauer wäre hierfür zum Tode verurteilt worden, doch angesichts seines Standes und seiner Jugend war Gnade vor Recht ergangen. Allerdings hatte Wighart die markgräfliche Residenz verlassen müssen und ward dem Ritter Berthold von Baach zur Lehre gegeben. Der schien von dem wilden, ungezügelten Wesen des jungen Knappen regelrecht angetan zu sein.
    Was Phillip nie erwartet hätte: Wighart war seinem neuen Herrn tatsächlich treu geblieben und im vergangenen Herbst von ihm nach einem erfolgreichen Turnier sogar feierlich zum Ritter geschlagen worden. Ritter Wighart von Holderstein – in welch dünkelhafter Eitelkeit er seither seinen Namen nannte! Drei der besten Holdersteiner Rösser mitsamt ihrem erfahrensten Pferdeknecht hatte er sich für sein neues Leben ausgesucht, und die Ausrüstung an Gewändern und Waffen, Helm und Harnisch, Sätteln und Zaumzeug hatte den Vater Unsummen gekostet. Allein die Rüstung hatte den Gegenwert von zwölf Reitpferden gehabt! Geld, das man nach Phillips Dafürhalten besser in die alte Burg gesteckt hätte, wo das Holz der Tore und Dachschindeln verrottete, wo in dem verfallenen Mauerwerk Greifvögel und sonstiges Getier nisteten. Aber Markwart von Holderstein hatte sich von seiner großzügigsten Seite gezeigt. So voller Stolz auf seinen Ältesten war er gewesen, als der, im Beisein der Familie, seinen Eid geschworen hatte, fortan als freier Ritter
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