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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin
Autoren: Karla Weigand
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Euch zuhöre, Pater, dann denke ich, Ihr seid im Recht; und wenn ich den Hexenhammer lese, dann bin ich mir ebenso sicher, dass seine beiden Verfasser nicht irren.«
    »Der Hexenhammer der Dominikaner Sprenger und Institoris ist ein gefährliches Machwerk, das ich persönlich verbieten würde. Ihr solltet Euch jetzt auf Euer Studium konzentrieren und Euren Verstand schärfen und - wie gesagt - Euer Herz befragen. Und dann werdet Ihr die Wahrheit erkennen. Aber jetzt, Alberta, sollten wir weiterreiten. Es liegt noch eine weite Strecke vor uns.«
     
    Alberta zu Mangfall-Pechstein gehörte zum Glück zu den Privilegierten. Sie konnte es sich leisten, zusammen mit Pater Winfried in zwei anständigen Räumen eines Gasthofs in der Nähe der Universität zu logieren; nicht so vermögenden Studiosi blieb nichts anderes übrig, als sich während des Semesters in einem billigeren Studentenheim einzuquartieren. Da hausten dann gewöhnlich zwei oder drei junge Männer in einem Raum - woraus sich für Alberta aus naheliegenden Gründen eine fatale Situation ergeben hätte …

    So aber konnte sie leicht ihr Geheimnis wahren. Die tägliche Körperpflege, das Anlegen eines straffen Brustbandes über die gottlob eher gering ausgeprägten weiblichen Rundungen, sowie die Maßnahmen, welche ihre Menstruation erforderte, waren in ihrem Zimmer in der Herberge diskret zu bewerkstelligen.
    Da der »Student aus Bayern« sich auch den sportlichen Disziplinen wie etwa Reiten, Fechten und Weitspringen nicht verweigerte, kam niemand auf die Idee, es könne mit ihm etwas »nicht in Ordnung« sein.
    Zum Glück war Alberta in ihrem früheren Leben genauso wie ihr Zwillingsbruder in all diesen sportlichen Übungen unterrichtet worden. Ja, der Fechtlehrer der beiden Geschwister hatte gar des Öfteren die Schwester mehr als den Bruder gelobt.
    »Nur mit dem schnellen Laufen hapert es bei mir«, beklagte sich Alberta ein ums andere Mal, »und Weitwerfen kann ich auch nicht besonders gut.«
    Der Pater lachte.
    »Das kann kein Frauenzimmer richtig. Es scheint fast so, als hätte der Herrgott bei den Mädchen die Arme und Beine anders in die Gelenke eingeschraubt als bei den Knaben. Aber dafür seid Ihr ein Ass im Degenfechten und reiten könnt Ihr wie der Leibhaftige persönlich.«
    »Im Weitsprung war ich heute auch die Nummer eins«, brüstete sich das junge Mädchen und war einigermaßen versöhnt mit der Tatsache, dass sie beim Wettrennen ihren Kameraden in aller Regel als Letzte hinterherlief. Ihr Mentor war mehr als zufrieden. Sein adliger Schützling war interessiert und strebsam und besaß zum Glück eine rasche Auffassungsgabe.
    Der staubtrockene Lehrstoff der Jurisprudenz bereitete ihr keinerlei Schwierigkeiten. Der Pater staunte oft, wenn er sah,
mit welcher Leichtigkeit sich Alberta auch die schwierigsten Paragrafen einprägte.
    »Sogar die komplizierten Sachverhalte begreift Ihr sofort, meine Tochter. Aus Euch wird einmal eine ausgezeichnete Rechtsgelehrte werden«, sagte er auch jetzt wieder, als ihm die Studentin eine mit »sehr gut« benotete Arbeit unter die Nase hielt.
    »Hoffentlich reicht es, dass mich Herzog Maximilian als einen seiner Geheimen Räte einstellt. Umgang mit unserem bewunderungswürdigen Herrscher zu haben - ihn täglich zu sehen und ihn beraten zu dürfen: Das wäre die Erfüllung meines Lebens«, schwärmte träumerisch Alberta und die blauen Augen in dem schmalen, von der südlichen Sonne bereits leicht gebräunten Gesicht strahlten.
    Dem Benediktinerpater wurde das Herz ein wenig schwer.
    »Ihr werdet bestimmt erreichen, was Ihr Euch vorgenommen habt«, sagte er, seine trüben Gedanken gewaltsam unterdrückend. Noch stellte seine Schutzbefohlene sich das weitere Leben so einfach vor.
    Sie schien überhaupt keine Überlegungen darüber anzustellen, welche Hindernisse ihr den Weg verbauen könnten; und von den mannigfachen Tücken, welche für sie aus der Männerrolle, in die sie geschlüpft war, erwachsen könnten, besaß sie anscheinend keinen blassen Schimmer.
    Der Pater seufzte innerlich. »Wird schon weiter alles gutgehen«, hoffte er.
    Bis jetzt hatte schließlich auch alles wunderbar geklappt. Und er würde sein Möglichstes dazu beitragen, dass der Schwindel nicht aufflog.
    Denn das wäre in der Tat fatal. Die Gesetze von Staat und Kirche verdammten unisono eine derartige Anmaßung - auch bei höhergestellten Personen. Eine Frau, die in der Öffentlichkeit
als Mann auftrat, stellte sich wider die göttliche
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