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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe
Autoren: Vadim Panov
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drin.«
    »Wie das? Beim Barte des Schlafenden, das ist völlig unmöglich!«
    »Wieso unmöglich, Frederic?« Der Kommissar zog demonstrativ die Augenbrauen hoch. »Die Humos haben einen Weg gefunden, uns den Zugang zum Turm zu verwehren. Warum sollten sie nicht auch einen Weg gefunden haben, wie man sich unbemerkt von dort entfernen kann?«
    »Sie glauben also, dass diese Frau das Schwarze Buch aus dem Turm geschafft hat?«, fragte die Fate.
    Santiago lehnte sich gegen seinen Wagen und verschränkte die Arme: »So sehr ich es auch bedauere, verehrte Fate, aber ich bin felsenfest davon überzeugt.«
    »Das hat wohl damit zu tun, dass Sie den Bau des Sucharew-Turms miterlebt haben.«
    »Gewiss, auch damit.«
    »Und bestimmt ranken sich viele spannende Geschichten um diesen Turm, nicht wahr?«
    Santiagos Zerstreutheit verflog augenblicklich. Er sah die junge Fate aufmerksam an und bemerkte einen Anflug von Koketterie in ihren strahlenden Augen.
    »Wissen Sie was, Susanna? Es gibt hier ganz in der Nähe ein hübsches kleines Restaurant. Dort können wir unser Gespräch gerne vertiefen.«
    »Wie darf ich das interpretieren, Kommissar?«, erkundigte sich Susanna freimütig.
    Frederik de Lieu hüstelte und trat taktvoll zur Seite. Santiago – ganz Kavalier – öffnete die Beifahrertür seines Wagens und reichte Susanna mit einer geschmeidigen Verbeugung die Hand.
    »Wie Sie möchten, verehrte Fate. Aber ich warne Sie vor: Ich kenne jede Menge Geschichten.«
    »Und ich bin schrecklich neugierig.«
    Die zarten Finger der goldblonden Susanna legten sich in die starke Hand des Kommissars.
     
    Das Portal, das der Schotte durch die magischen Schutzfelder des Turms hindurchgezimmert hatte, gehörte nicht zu jener komfortablen Sorte, durch die man mit einem randvollen Glas Wein in der Hand bequem hindurchgleiten konnte, ohne einen Tropfen zu verschütten. Es handelte sich vielmehr um eine regelrechte Höllenschleuse, die nichts für schwache Nerven war.
    Kara wurde in einem entlegenen Waldstück ausgespuckt und plumpste aus eineinhalb Metern Höhe unsanft in ein Gebüsch. Dabei holte sie sich etliche Kratzer im Gesicht und verstauchte sich die Schulter, doch solche Wehwehchen konnten ihr die Laune nicht verderben. Die Zauberin kletterte aus dem Gesträuch, ließ sich rücklings in ein Moospolster fallen und breitete selig die Arme aus.
    An ihrer Brust spürte sie das Schwarze Buch. Sie hatte es gerettet!

KAPITEL EINS
    Er setzte den Schlusspunkt, blätterte die letzte Seite um und schloss das vermaledeite Buch.
    Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie erschöpft er war.
    Maxim Grek lehnte sich zurück und atmete tief durch. Er lockerte die Schultern unter seiner abgetragenen Kutte, so als wäre eine Zentnerlast von ihnen abgefallen. Und in der Tat: Das titanische Werk, das er in den letzten Jahren vollbracht hatte, war eine schwere Bürde für den Mönch gewesen.
    Nachdenklich blickte Maxim auf die achtlos weggelegte Feder und fuhr sich mit der Hand über den Rauschebart. Wenn er sich der kolossalen Bedeutung der Aufgabe, die ihm der russische Zar gestellt hatte, nicht bewusst gewesen wäre, hätte ihm die jahrelange Mühsal gewiss nicht so zugesetzt. Denn eigentlich war die Beschäftigung mit alten Büchern seine große Leidenschaft. Er liebte es, in vergilbten Folianten zu blättern und das darin schlummernde Wissen aufzusaugen, zu übersetzen oder ins Reine zu schreiben. Eben jene Passion für die altehrwürdigen Werke hatte ihn an den Hof des russischen Zaren geführt, ihm das Vertrauen dieses eigenwilligen und unerbittlichen Mannes eingebracht und ihm den Zugang zum geheimen Schatz Iwan des Schrecklichen ermöglicht. Zu jenem legendären Schatz, den Sofia Palaiologa der russischen Dynastie in den Schoß gelegt hatte und der sämtliche zivilisierten Herrscher in seinen Bann zog. Ausgerechnet ihm, dem bescheidenen griechischen Mönch, wurde das Schicksal zuteil, in des Zaren Bibliothek zu arbeiten und das Geheimnis dieses Schatzes zu lüften. Doch seine anfängliche Begeisterung verflog rasch.
    In der kleinen Schreibstube, in der Grek fast seine gesamte Zeit verbrachte, türmten sich bis unter die Decke Bücher, Pergamentschriften, Papyrusrollen und sogar Tontafeln. Letztere wirkten so vorsintflutlich und bizarr, dass sich Maxim ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte, als er sie zum ersten Mal sah.
    Dem Mönch schwindelte angesichts des unermesslichen Wissensschatzes, der ihm auf einmal zu Füßen lag. Mit klopfendem Herzen
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