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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Autoren: Tatjana Stöckler
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Öllichte für die Nacht anzuzünden, damit Lukas nicht im Dunkeln stolperte. Langsamer ging er hinterher, wartete, bis die Magd seine Schwester in ihr Zimmer gebracht hatte, dann schloss er die Tür hinter sich, hängte das Rapier an seinen Platz und legte sich nieder.
    Diesmal hatte Trine die Stadtwache abwimmeln können.
    Energisch blies er die Lampe aus und drehte sich auf die Seite. Es ging doch nur um einen Dieb. Er begann schon genauso furchtsam zu denken wie seine Schwester. Andererseits stünde auch ihm ein wenig Vorsicht gut an. Nicht nur aufsässige Weiber landeten auf dem Scheiterhaufen. Auch besserwisserische Gelehrte.
    Aus dem Nebenzimmer hörte er das Klappen der Tür, Trine verließ seine Schwester. Nur kurz dauerte es, bis die Dielen knarrten und der Hocker über den Boden schabte. Magdalene hatte ihr Bett verlassen und kniete jetzt vor dem kleinen Altar, den sie sich zum Trost angelegt hatte. Heilige Jungfrau Maria, betete er, hilf meiner kleinen Schwester in ihrem Kummer.

Kapitel 2 - Abreise
    Schon vor Sonnenaufgang weckte Luzia der Lärm der erwachenden Stadt. Das Klingeln aus der Schmiede ein paar Häuser weiter kam so regelmäßig, dass sie beinahe wieder eingeschlafen wäre. Dann erinnerte sie sich an ihr gestriges Missgeschick. Nun, das war ein Ansporn. Sie wurde hier faul und fett - es gab nichts, was einem Dieb schädlicher war. Also zog sie das Überkleid an und suchte ihre Schuhe. Ach, die waren beim Schuster. Das passte ja nun gar nicht. Mit einem Seufzen hob sie die Kiepe auf ihren Rücken und verließ ihre Kammer. Die Böttcherin werkelte in der Küche und blickte hoch, als Luzia die Stiege herunterkam.
    »Guten Morgen, Engelchen! So früh schon unterwegs? Nimm ein Knüstchen und einen Becher Molke. Mit hungrigem Magen läuft sich’s schlecht.«
    Gerne nahm Luzia das Angebot an, ihr Magen meldete unangenehme Leere. Sie trank die Molke im Stehen und steckte den Kanten Brot ein. Die Böttchersfrau schüttelte den Kopf. »Ach Mädchen, wie kannst du nur immer mit der schweren Kiepe herumlaufen!«
    »Böttcherin, sie ist ja nicht mehr schwer. Ich wünschte, sie wäre noch voll! Meine Ware ist doch fast verkauft.«
    Freundlich lächelnd verließ sie das Haus. Ihr Weg führte sie über den Marktplatz, wo gerade die Reste des Scheiterhaufens zusammengekehrt wurden. Noch immer stand der Schultheiß daneben. Wie ein Häuflein Elend sah er aus mit heruntergesunkenen Schultern und rotgeweinten Augen. Eine Welle des Mitleids überschwemmte Luzia und sie blieb stehen. Der arme Mann. Da hatte er jahrelang neben so einer Schlange gelebt und es nicht gewusst. Wie konnte man so bösartig werden mit so einem guten Mann an seiner Seite? Bis zuletzt wollte er ihre Untaten verzeihen und ihr Seelenheil retten. Ein Wort der Schlampe hätte seine Gewissensqualen beseitigt. Luzia riss sich zusammen und ging weiter. Auch vor dem Rathaus standen wieder Leute und lauschten den Schreien, die aus dem Keller drangen. »Mein Gott, hat denn die Hexe noch immer nicht gestanden?«, fragte sie eine der Frauen.
    Es war die Frau des Viehhändlers, eine knochige Schrulle mit spitzer Zunge. »Hexe? Das wird sich herausstellen. Wer soll denn noch alles Hexe sein? Morgen wird jemand auf die Idee kommen und mich anschwärzen. Sollen sie lieber den Dieb fangen, der seit Wochen unbescholtene Bürger belästigt!«
    Luzia schauderte, aber aus einem anderen Grund, als die Alte meinte. Zeit, der Stadt den Rücken zu kehren. Wenn die Bürger aufmerkten, hieß es scheiden.
    »Sie haben die ganze Nacht nicht Ruhe gegeben«, wusste eine Alte neben ihr. »Spannten sie auf die Folter und sind Wein trinken gegangen, die feinen Herren. Als sie wiederkamen, war sie nicht mehr bei sich. Da quälten sie das arme Weib mit Zangen und Eisen und bekamen es nicht wach. In die Ecke geworfen wie ein alter Lumpen gingen ihre Augen wieder auf. Da haben sie gleich aufs Neue begonnen.«
    »Das ist nicht rechtens«, murmelte ein Mann vor sich hin, sah sich schnell um und lief mit eingezogenem Hals davon. Anscheinend suchten nicht alle Stadtbewohner mit der gleichen Leidenschaft wie die Obrigkeit nach Hexen.
    Luzia ging weiter bis zur Stadtmauer. Der Schuster werkelte wieder, aber nicht an ihren Schuhen. Er sah hoch, als sie hereinkam. »Ah, Mädchen, zu früh! Das sind die Stiefel der Stadtwache. Die haben Vorrang. Komm nachmittags wieder.«
    Grübelnd verließ sie den Laden. Wie unangenehm! Der ganze Weg ohne Schuhe. Sie hatte noch eine zweite Besorgung,
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