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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Autoren: Tatjana Stöckler
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der Glasbläser wohnte nur wenige Schritte entfernt.
    »Sicher, Mädchen, es ist fertig«, begrüßte sie der Geselle. Wenigstens ein Lichtblick. Sie stellte die Kiepe auf den Boden, nahm den Umschlag mit den wenigen übriggebliebenen Zierbändern heraus und half dem Glasbläserjungen, die Fläschchen in Lumpen und Stroh zu wickeln. Einen Beutel mit Holzstopfen reichte ihr der Geselle nach. Sorgfältig stapelte sie die Pakete in ihrer Kiepe auf den falschen Boden und legte die Stopfen obenauf. »Und die passen?«, fragte sie.
    Der Geselle schnaubte. »Die Flakons sind eher zu klein als zu groß. Schab ein wenig vom Holz ab, wenn es nicht passt. Du musst ja sowieso Hanf herumwickeln. Noch zwei Gulden bekomm ich.«
    Gerne gab sie gutes Geld für gute Arbeit. Sie hatte es abgezählt unter ihrer Schürze und tat so, als ob es ihr schwer fiele, es herauszurücken. Der Geselle sah ihrem Gesicht an, dass sie lieber noch etwas gehandelt hätte. Er legte seine mit Brandflecken übersäte Hand auf ihre. »Mädchen, es kostet sein Geld. Der Meister ist im Preis so weit runtergegangen, wie er nur konnte.«
    Sie nickte und legte die Gulden auf den Tisch. Es stimmte, mit der Anzahlung zusammen hatte sie nicht viel gezahlt.
    Den Meister traf man so früh morgens nicht an, er lag noch im Hinterzimmer und hustete. Es dauerte, bis er munter genug zum Aufstehen wurde. Der Geselle hatte ihr schon sein Leid geklagt, dass er vielleicht sterben könne, ohne ihn in die letzten Geheimnisse seiner Kunst eingeweiht zu haben. Junge, hätte sie ihm am liebsten aus der Erfahrung ihrer Reisen gesagt, du wirst auch einmal vor der Zeit an der Lungensucht sterben, das tun alle Glasbläser. Sie lächelte dem Gesellen zu, schloss den Deckel der Kiepe und wehrte den Lehrjungen ab, der ihr helfen wollte. Ein Glaser wusste, was Glas wiegen durfte, die Kiepe war zu schwer dafür. Da trug sie alles lieber allein. Der Geselle trat vor die Tür und sah ihr hinterher, wie sie über das Pflaster ging.
    Sie wandte sich am Anfang der Gasse zum oberen Tor. Tagsüber standen zwei Wachen da, mit denen sie oft scherzte. »Luzia, die schöne Krämerin! Wohin des Wegs?«
    »Zur Amorquelle, da lagern Wallfahrer. Es werden Frauen sein, vielleicht brauchen die Spitzen, Bänder und Litzen.«
    »Schöner Putz aus Brüssel, wir wissen! Vornehme Damen sind gekommen, sagt man. Unsereins könnte ihnen besser helfen als das Spülwasser!«
    Lautes Gelächter antwortete dem Kameraden. Luzia schlug errötend vor verhaltenem Lachen den Blick nieder und eilte durch das Tor. Die erste Strecke war der Weg noch gepflastert, dann begann der Waldweg. Erst außer Hörweite der Wachen lachte auch sie. In der Tat, genau das gleiche dachte auch sie oft. Die Edelfrauen gehörten mal richtig rangenommen, dann brauchten sie kein heiliges Heilwässerchen mehr gegen ihre Kinderlosigkeit. Manche von denen wussten noch nicht einmal, wie man Kinder machte. Die glaubten wohl, vom Beten werde man schwanger! Der Glaube versetzt Berge - aber nur der Heiligen Jungfrau Maria ein Kind in den Bauch. Luzia betete eher darum, dass sie nicht schwanger wurde. Dafür hätte sie lieber ein Wässerchen gehabt. Auch ohne dies funktionierte das Rezept ihrer Großmutter gut. Sie gab es nur in der Familie weiter, wie man die Tage abzählte. Eine Hebamme, die es ihr verraten hatte, war als Hexe verbrannt worden. Der Kaiser verlangte Soldaten. Das Weib, das ihm nicht gehorchte, frevelte.
    Der Weg verlief herzerfrischend durch das erwachende Grün der Bäume. Auf dem Boden lagen Tannennadeln, die das Gehen angenehm machten, nur selten ragte ein spitzer Stein aus der Erde. Solange Luzia auf den Weg achtete, tat sie sich nicht weh. Die Amorkapelle lag ja nur gut eine Meile außerhalb. Schon von weitem sah sie das Gemälde an der Außenwand, das den Heiligen Christopherus darstellte, wie er den Herrn Jesus über das Wasser trug. Luzia bekreuzigte sich, das schadete ja nicht. Eine Kutsche mit einem Rappen stand davor und in der Kapelle sah man Leute. Hinter dem Gotteshaus lag die Quelle eingefasst in feines Mauerwerk, ihr Ziel.
    Neben dem klaren Wasser stellte Luzia die Kiepe ab und nahm die Pakete heraus. Sorgfältig wickelte sie jeden Flakon aus, füllte ihn mit Quellwasser, verstopfte ihn, hüllte ihn wieder ein und stellte ihn so in die Kiepe, dass er nicht auslaufen konnte. Das tat sie noch nicht lange, da kam aus der Kapelle eine vornehme Frau. Sie hatte ihre Haare mit einem hauchdünnen Tuch bedeckt und trug ein
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