Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
die gegen Saxo und Desiderius, Kriege wie die gegen Berengar und Hugo, Herzen wie die von Sergius und Lando, Respekt wie den von ihrem Sohn Alberic, Vertrauen wie das von Otto, Blanca und Eudoxia. Gewiss, für jeden dieser Siege hatte sie vorher oder danach ein Tal durchschreiten müssen, aber auch das erschien ihr im Rückblick nur wie ein natürlicher Teil des Lebens.
    Umso schwerer war es für sie darum, hier und heute einzugestehen, auf einem Feld vollständig versagt zu haben: Crescentius. Vielleicht musste erst eine Zeit wie die jetzige kommen, eine Zeit, in der nur sie und er übrig geblieben waren, damit sie das akzeptieren konnte.
    Die Stimme ihres Sohnes hallte von irgendwoher aus der Finsternis herüber. »Ich bin gekommen, Mutter.«
    Marocia schloss für einen Moment die Augen und flüsterte, so dass nur sie selbst es hören konnte: »Gott sei Dank.«
    Seine Schritte wurden lauter, kamen näher, verloren ihr Echo, und plötzlich stand Crescentius nur noch eine Elle von ihr entfernt, so nah, dass sie seinen Atem spüren konnte. Als sie ihn ansah, spiegelte sich die winzige Flamme der Kerze in seinen Augen.
    »Woher wusstet Ihr, dass ich dieser Begegnung nicht widerstehen konnte?«, fragte er.
    »Ich wusste es nicht«, gab sie zu. »Aber ich habe es gehofft. Eudoxias Grablegung ist die letzte Möglichkeit für ein Wiedersehen.«
    »Ihr hättet mich rufen lassen können.«
    »Dann wärst du mit Sicherheit nicht gekommen.«
    »Gut kombiniert«, grinste er.
    Sie winkte ab. »Ach, wir sind doch alle gleich, Crescentius. Du, ich, Alberic, ja sogar die arme Eudoxia hier: unbelehrbare Sturköpfe, jeder von uns auf seine Art. Und in Theophanu hat sich diese Eigenschaft unserer Familie auch in die nächste Generation geschlichen. Nach allem, was ich bisher von ihr gesehen habe, wird sie deine wahre Gegnerin werden, nicht der junge Otto.«
    »Womit wir beim Thema wären.«
    »Womit wir beim Thema wären«, wiederholte Marocia seufzend und erhob sich von ihrer Bank. Sie nahm den Stock in die eine Hand, die Kerze in die andere und schritt langsam die Reihe der Sarkophage ab, wobei sie an jedem stehen blieb, um die Grabkerze davor zu entzünden. »Wie ich höre, bist du für einen Teil der Römer ein regelrechter Freiheitsheld geworden.«
    »Stimmt«, bestätigte er selbstzufrieden.
    »Und weiterhin höre ich, dass dein Einfluss in Rom zwischenzeitlich derart eminent ist, dass man dich getrost als heimlichen Stadtherrn bezeichnen kann.«
    »Stimmt auch.«
    »Nun«, sagte sie und blickte ihm geradewegs in die Augen, »dann ist es wohl an der Zeit, dass ich dir gratuliere.«
    Seine Verblüffung war offensichtlich. Weniger, was sie gesagt hatte, überraschte ihn, sondern wie sie es gesagt hatte. Er vermochte nicht, auch nur einen Hauch der üblichen Ironie oder Spöttelei in ihrer Stimme zu entdecken, daher brauchte er einige Momente, um sich für die Gratulation zu bedanken.
    Marocia nahm ihren gemächlichen Spaziergang an den Grabmälern vorbei wieder auf. »Es bedarf großen Geschicks, von einem übermächtigen Gegner umzingelt zu sein und doch die eigene Fahne hochzuhalten, mehr noch, sie in allen Farben wehen zu lassen, wie du es tust. Deine Aufstände erreichen zwar bislang nicht ihr Ziel – darüber bin ich nicht traurig, das verstehst du sicher –, aber wenigstens spricht man allenthalben von ihnen. Das ist ebenso viel, wie ich seinerzeit erreichte.«
    Er blieb stehen und betrachtete sie argwöhnisch. »Wieso sagt Ihr das?«
    »Weil es stimmt. Wenn man so alt ist wie ich, kann man es sich nicht mehr leisten, um die Dinge herumzureden. Davon kriegt man nur einen trockenen Mund. Aber was stehst du denn da so herum? Nun komm schon.«
    Sie hakte sich bei Crescentius ein und zog ihn gegen einen leichten Widerstand weiter. »Ich habe einmal gedacht, dass du mich hasst. Aber heute weiß ich«– sie neigte ihren Kopf ein wenig zu ihm hinüber und lächelte müde –, »dass du gegen mich sein musstest, weil du mich bewundert hast. Du hattest nur eine Möglichkeit, meine Achtung zu erringen, nämlich die Dinge, die ich erbaut hatte, wieder zu kippen, so wie ich einst die Verhältnisse Theodoras umstürzte. Ich weiß nur zu gut, dieses Ziel hat dich stark gemacht, stärker als alle deine Geschwister.«
    Crescentius schluckte, seine Lippen öffneten sich in ehrlichem Erstaunen. »Ihr . . . Ihr könnt mir solche Dinge doch nicht quasi im Vorbeigehen sagen. Nach all den Jahren, in denen ich so sehr . . .«
    Er hielt inne,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher