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Die Herrin der Flammen

Titel: Die Herrin der Flammen
Autoren: Robert Asprin
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des Kaisers für Ruhe in der Stadt sorgte. Bestimmt genügte ein Tupfen mit dem Finger, ihn ins Schwanken zu bringen.
    »Wie?« flüsterte Gilla nun. »Seherin, zeig mir, wie es sein wird!«
    Illyra griff nach den restlichen Karten und fächerte sie in der mageren Hand.
    »Zuerst der Lanzenwind…«
    Die Karte, die sie auflegte, zeigte Sturm und Orkan. »Sie steht für unsere Entschlossenheit, es durchzuführen. Und diese ist für unsere Furcht…«
    Sie legte eine Karte darüber, auf der drei Gestalten in Talaren auf einen Knienden deuteten. »Gerechtigkeit«, flüsterte sie. Gilla benetzte ihre plötzlich trockenen Lippen und verstand auch ohne Erklärung, daß dies die toten Kinder darstellte, die sie rächen wollten.
    »Unsere Hoffnung ist auf die Gerechtigkeit gerichtet, deshalb lege ich Freistatts Tribunal hierher…« Illyras Stimme hatte einen rhythmischen Klang und ihre Augen schienen durch die Karte auf eine andere Wirklichkeit zu blicken. Gilla wurde bewußt, daß die S’danzo so wahr sah wie beim Lesen für einen Kunden, und sie fragte sich plötzlich, ob mehr als Zufall Illyra geleitet hatte, diese Karten als erste von Lalo malen zu lassen, und ob es ihr eigener Wille war, der sie nun in dieser Reihenfolge aufdeckte, oder doch das unmerkliche Wirken des Großen Musters, das Illyra verleugnet hatte.
    Gilla schauderte, denn die S’danzo war jetzt vollkommen in Trance, und sie spürte eine Schwere in der Luft, als warteten unsichtbare Kräfte um sie herum auf die Enthüllung der letzten Karte. Die Magie der Zauberer war gebrochen, aber unverkennbar schöpften Illyra und sie nun aus tieferen Brunnen.
    Ohne auf die Karten zu blicken, die noch in dem Stoß waren, nahm Illyra eine und legte sie über alle anderen. Gilla starrte sie an, geblendet von verwirrenden Mustern in Rot und Gold und der Schönheit eines Frauenantlitzes, das aus den Flammen blickte. Sogar auf dem Kopf stehend versengte dieses Gesicht schier den Blick. Sie zwang sich, ihn abzuwenden und sah das fast entsetzte Staunen in Illyras Augen.
    »Was ist sie?« fragte Gilla heiser.
    »Die Flammennacht – die Herrin der Flammen, deren Berührung wärmen oder vernichten kann.«
    »Was wird sie in Freistatt tun?«
    Illyra schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich habe sie noch nie zuvor bei einer Sitzung verkehrtherum gezogen. O Gilla…« Das Gesicht der Seherin verzog sich zu einem schrecklichen Lächeln. »Ich habe diese Karte nicht gewählt!«
    In den folgenden Tagen kam die Feuergöttin nach Freistatt; nicht in himmlischen Flammen, wie Gilla und Illyra erwartet hatten, sondern verstohlen, als Flamme, die im Fleisch von Menschen brennt und sie langsam von innen verzehrt.
    Seit Wochen war die Luft schwül und still – Seuchenwetter, obwohl das gewöhnlich erst später im Jahr nach Freistatt kam. In einer Stadt, deren Kanalisation besser als Schleichwege für die Menschen geeignet war, denn dazu, die Abwässer weiterzuleiten, waren Epidemien ein ebenso sicheres Zeichen, daß es Sommer war, wie die Insektenschwärme, die vom Sumpf der Nächtlichen Geheimnisse her über den Fluß schwirrten. Doch ein trockenes Frühjahr hatte den Stand des Wassers vorzeitig gesenkt, und nun war nicht genug da, die Kanäle durchzuspülen, so wurde die schmutzige Kanalisation zur Brutstätte der Krankheit, die sich rasch in der Stadt ausbreitete.
    Sie begann in den Straßen um das Schlachthaus und fraß sich wie ein langsames Feuer ins Labyrinth und in den Basar, wo ein paar Leichen mehr am Morgen kaum auffielen, bis die Küsse der Dirnen, die ihr Gewerbe in den Sackgassen und in Hauseingängen betrieben, mit mehr als dem Feuer der Leidenschaft brannten und Männer im Wilden Einhorn von den Bänken kippten, ohne daß sie ihr Bier gekostet hatten. Soldaten, die in den Schenken zechten, brachten die Seuche in die Kaserne mit, und Dienstboten, die zur Arbeit in die vornehmen Häusern der Kaufleute gingen, trugen sie in die besseren Stadtviertel. Nur die Beysiber waren offenbar immun gegen sie.
    Molin Fackelhalter erkannte die Gefahr, als seine Arbeiter neben seiner halbfertigen Stadtmauer zusammenzusacken begannen. Und als er in den Palast zurückkehrte, fand er den Prinzen in Panik vor, und er sah sich einer Krise größeren Ausmaßes gegenüber. An diesem Morgen hatte man den kopflosen Kadaver eines Hundes in den Ruinen des Dyareelatempels entdeckt, und auf dem Altarstein war mit Blut »Tod den Beysibern« geschmiert.
    Lalo drehte sich um, und blaue Farbe
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