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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Autoren: Liaquat Ahamed
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Geschichte konfrontiert sein könnte; dass sich das internationale Finanzsystem, das der Welt so viel Wohlstand gebracht hatte, komplett auflösen und in weniger als einer Woche der größte Teil Europas, einschließlich England, blindlings in einen Krieg taumeln könnte.
    Norman hatte der Krise, die sich im Monat zuvor in Europa zusammengebraut hatte, wie die meisten seiner Landsleute allenfalls flüchtige Aufmerksamkeit gewidmet. Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzogs Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie in Sarajewo am 28. Juni durch eine Bande Bomben werfender serbischer Nationalisten, die einer komischen Oper zu entstammen schienen, hatte damals den Eindruck erweckt, als handele es sich nur um ein weiteres gewaltsames Kapitel in der wirren Geschichte des Balkans. Es geriet schließlich in die Schlagzeilen der britischen Presse, als Österreich Serbien am 24. Juli ein Ultimatum stellte, es beschuldigte, Beihilfe zu dem Attentat geleistet zu haben und mit Krieg drohte. Dennoch fuhren die meisten Leute noch ganz ruhig fort, ihre Pläne für den Sommer zu verfolgen. Es war schwer, sich allzu große Sorgen um eine Krise in Mitteleuropa zu machen, wenn der Premierminister selbst, H. H. Asquith, sich sicher genug fühlte, um auf seinem Golfwochenende in Berkshire zu bestehen und der Außenminister, Sir Edward Grey, wie er es an jedem Sommerwochenende tat, in sein Landhaus in Hampshire reiste, um dort Forellen zu angeln.
    Es war einer dieser wundervollen englischen Sommer, mit Temperaturen über 25 Grad, in denen man tagelang kein einziges Wölkchen am Himmel sah. Norman hatte zwar schon eine ausgedehnte zweimonatige Urlaubsreise in die USA angetreten und seine Zeit, wie er es bei seinen jährlichen Besuchen meistens tat, in New York und in Maine verbracht. Ende Juni war er per Schiff nach England zurückgekehrt, um einen erholsamen Juli in London zu verbringen, das gute Wetter zu genießen, sich mit alten Freunden aus Eton zu treffen und die Tage bei Lord’s damit zu verbringen, sich Cricket anzuschauen, was eine Leidenschaft seiner Familie war. Endlich hatte er sich auch mit seinen Partnern darüber geeinigt, sein Kapital abzuziehen und seinen eigenen Weg zu gehen. Das war eine schmerzliche Entscheidung. Sein Großvater war mehr als 35 Jahre lang Seniorpartner bei Brown Shipley gewesen, einer Schwestergesellschaft des US-Investmenthauses Brown Brothers. Norman selbst hatte seit 1894 dort gearbeitet. Doch die Verbindung aus seiner angegriffenen Gesundheit und den ständigen Konflikten mit den anderen Mitgliedern der Firma ließ ihm kaum eine andere Wahl, als die Verbindung zu lösen.
    Norman kam am Morgen des Mittwochs, 29. Juli, nach Gloucestershire zurück und erhielt dort ein dringendes Telegramm, das ihn zurück nach London rief. Er nahm noch am selben Tag den Zug und kam am Abend an – zu spät, um an einer hektischen Sitzung des »Court«, des Verwaltungsrats der Bank of England, teilzunehmen. Norman war seit 1905 Mitglied dieses exklusiven Clubs.
    Obwohl er 43 Jahre alt war, war Norman immer noch nicht verheiratet und wohnte allein in einem zweistöckigen, mit Stuck verzierten Haus, Thorpe Lodge, ganz in der Nähe des Holland Parks im Westen von London. Das Haus und seine aus sieben Personen bestehende Dienerschaft waren der Luxus, den er sich gönnte. Als er das Haus 1905 gekauft hatte, war es eine Ruine gewesen. In den folgenden sieben Jahren hatte er seine Energie der vollständigen Rekonstruktion gewidmet. Einen großen Teil der Inneneinrichtung, einschließlich der Möbel, hatte er selbst entworfen. Beeinflusst von den Idealen von William Morris und der Bewegung Arts and Crafts hatte er die besten Handwerker beschäftigt und die teuersten Materialien verwendet. Manchmal besuchte er auf dem Heimweg aus der City sogar die Werkstätten, um bei den Schreinerarbeiten zu helfen.
    Man muss sagen, dass sein Geschmack bezüglich der Dekoration ein wenig eigenwillig, um nicht zu sagen eigenartig war. Die Wände waren mit aus Afrika und Amerika importierten exotischen Hölzern getäfelt, was dem Haus die nüchterne und düstere Atmosphäre eines Millionärsklosters verlieh. Es gab wenig ausschmückende Elemente: eine Eingangshalle aus schimmernden Ziegelsteinen, die wie Perlmutt glänzten. In Wirklichkeit handelte es sich aber um eine Art von industriell hergestelltem Silikon. Dann gab es zwei riesige gestickte japanische Wandteppiche, die Pfauen darstellten und einen gigantischen offenen Kamin
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