Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
Kimberon, sich anzukleiden.« Kim schaute an sich herab und stellte fest, dass er immer noch seinen Schlafrock trug. »Und dann werde ich uns ein Frühstück machen.«
    Und so, nach einem guten Frühstück, bestehend aus Tee und Früchtebrot und Frau Metas bester Quittenmarmelade, machten sie sich, begleitet von den besten Ermahnungen der Gutsfrau, auf ihre große Fahrt.
    Ihr Weg führte vorbei an den alten Lagerhäusern und über den Marktplatz von Aldswick. Es war immer noch früher Morgen, und das Leben in den Häusern und Gassen begann erst zu erwachen. Die Häuser der Stadt waren noch gezeichnet von den Spuren des Krieges; brandgeschwärzte Mauern und verschalte Fenster zeugten von den Verheerungen, welche die Truppen der Besatzer angerichtet hatten. Doch zwischen den verkohlten Hölzern fanden sich schon neu zugehauene Balken und frisch verputztes Mauerwerk. Von irgendwoher erklang Kinderlachen. In den Tagen nach dem Krieg hatte Kim einmal eine Gruppe Kinder dabei ertappt, wie sie mit einem Bolg-Schädel Fußball spielten. Damals hatte er sie angebrüllt, was sie sich denn dabei dächten, aber sie hatten ihn nur aus dunklen, traurigen Augen angesehen. Da hatte er sich umgedreht und geweint. Jetzt hatten sie anderes, besseres Spielzeug, das für Kinder gemacht war.
    »Das Leben geht weiter«, sagte er, mehr zu sich selbst. Aldo, der die Zügel hielt, schaute ihn von der Seite an, als habe er etwas unendlich Tiefsinniges und Weises von sich gegeben, wie es einem alten Gevatter zustand. Dabei, stellte Kim fest, war der Bursche allenfalls sechs oder sieben Jahre jünger als er.
    Sie überquerten den Ander auf der steinernen Brücke oberhalb der Stelle, wo der Fluss sich mit dem Eider vereinte, und folgten der befestigten Straße, welche sich in einem langen Bogen am Unterlauf des Eider entlang südwärts wandte, der Küste zu. Auf dem gut ausgebauten Fahrweg kamen sie rasch voran.
    Kim erinnerte sich, wie er das erste Mal nach Süden gezogen war, in Begleitung Magister Adrions. Damals war er selbst noch ein junger Bursche gewesen, nicht älter als Aldo hier, auf dem Weg nach Allathurion, der großen Universität im Land der Menschen. Damals hatte er mit staunenden Augen in eine Welt geblickt, in der alles für ihn fremd und einschüchternd gewesen war. Doch sein junger Gefährte schien das alles mit weit mehr Gelassenheit hinzunehmen als er selbst.
    »Wie wär’s mit einem Lied?«, fragte Aldo frohgemut.
    »Warum nicht?« Die Sonne schien, die augenblicklichen Sorgen lagen hinter ihnen, der Weg war frei, und die Zukunft hatte gerade erst begonnen. »Kennst du ›Wer jetzig Zeiten wandern will‹?«
    »Ein Wanderlied? Wollt Ihr zu Fuß gehen? Aber ich kenne eins von einem Weg.«
    Er begann mit einer munteren, klaren Stimme zu singen:
    »Der Weg führt immer fort und fort
Jetzt wie zu allen Zeiten.
Er führt von einem festen Ort
In unbekannte Weiten,
    Und hinter jedem Hügel rund
Scheint auf ein neues Bild,
Das uns mit neuer Freude und
Mit frischer Kraft erfüllt.
    Das Gestern hinter uns entweicht,
Das Morgen liegt voraus,
Und wenn der Weg sein Ziel erreicht,
Dann kommen wir nach Haus.«
    Er grinste. »Keine große Dichtung, aber für den Zweck reicht’s.«
    »Mir gefällt es«, meinte Kim. »Besonders der Teil, wo es wieder nach Hause geht.«
    Im offenen Tiefland, unter dem weiten Himmel, kam er sich seltsam preisgegeben und schutzlos vor. Sie begegneten nur wenigen anderen Fuhrwerken und hie und da einem einsamen Wanderer, einem reisenden Händler mit einer Kiepe auf dem Rücken oder einem Schafhirten mit seiner Herde.
    Das Wetter hielt sich gut, nur der Wind wurde böig und flatterte in der Plane des Karrens. Am Mittag machten sie Rast an einem Bachlauf, der sich unterhalb der Straße seinen Weg zum Eider suchte. Von hier aus konnte man weit in der Ferne das glänzende Band des Flusses sehen und dahinter, in der Bläue des Himmels verloren, die Ausläufer des nördlichen Vorgebirges.
    »Dort sind die Schiffe der Feinde gelandet«, sagte Kim und wies mit dem Finger, »als das dunkle Heer in unser Land eindrang.«
    »Ihr wart von Anfang an dabei, nicht wahr?«, fragte Aldo.
    »Nicht selber. Gilfalas, der Sohn des Elbenkönigs, hat sie gesehen, von der alten Ruine auf dem Hügelkamm aus. Man hat ihn bis Aldswick durchs Land gejagt; doch es hatte das Gute, dass er uns rechtzeitig Warnung geben konnte. So hat alles angefangen. Und wie es geendet hat, weißt du selbst.«
    »Ich möchte so gerne mal einen Elben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher