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Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht

Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht

Titel: Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
Autoren: Gena Showalter
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durch und durch böse. Andere Lebewesen waren ihnen gleichgültig. Doch ob die Männer nun Engel auf Erden oder einfach nur Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten waren – sie betete, dass sie ihr helfen konnten. Sie betete, sie könnten ihr beibringen, wie sie die Stimmen ausblendete, oder ihr sogar dabei helfen, ihr „Talent“ gänzlich abzulegen.
    Der Gedanke war so berauschend, dass sich ihre Mundwinkel hoben. Doch das Lächeln verging ihr schnell wieder, als der nächste eisige Windstoß durch ihre Jacke und den Pullover fuhr und scharf in ihre Haut schnitt. Sie war jetzt schon seit über einer Stunde hier draußen und völlig durchgefroren. Es war nicht gerade gescheit gewesen, noch ein Päuschen einzulegen.
    Sie blickte zum Hügel empor. Plötzlich ergoss sich das silberne Mondlicht durch eine Lücke in den Wolken auf die massive, kohlrabenschwarze Burg. Von ihrem Fuße stieg Nebel auf, der sie mit Geisterfingern heranzuwinken schien. Der Ort sieht genauso aus, wie die Stimmen ihn beschrieben haben, dachte sie, düster und am oberen Rand mit Spitzen versehen. Eine wahre Horrorfilmkulisse.
    Doch das schreckte sie nicht ab. Im Gegenteil. Ich bin fast da, dachte sie glücklich, als sie weiter hügelaufwärts trottete. Die Oberschenkel schmerzten bereits, da sie die ganze Zeit Ästen ausweichen und über aufragende Wurzeln springen musste, aber das alles war ihr egal. Sie ging weiter.
    Zehn Minuten später blieb sie zum tausendsten Mal stehen, unfähig, auch nur einen Schritt weiterzugehen, so erstarrt vor Kälte waren ihre müden Beine. „Nein“, stöhnte sie. Warum ausgerechnet jetzt? Sie rubbelte sich die Schenkel, um sie zu wärmen, und schaute wieder in die Ferne. Erstaunt stellte sie fest, dass sie sich der Burg kein Stück genähert hatte. Sie schien sogar weiter weg gerückt zu sein.
    Ashlyn schüttelte verzweifelt den Kopf. Verflixt noch mal! Was musste sie tun, um dort anzukommen? Sich Flügel wachsen lassen?
    Auch wenn ich es nicht schaffe, ich bereue es nicht, hergekommen zu sein. Dass sie ohne Proviant und vollkommen planlos aufgebrochen war, ja, das bereute sie, aber sie hatte es versuchen müssen. So dumm es auch sein mochte, sie hatte es einfach versuchen müssen. Wenn nötig, hätte sie den Weg auch nackt und barfuß angetreten. Für die Chance auf ein normales Leben hätte sie einfach alles getan.
    Es freute sie, dass sie und ihre „Gabe“ dazu beitrugen, die Welt sicherer zu machen, aber die Qualen, die sie erlitt, waren zu viel. Es gab mit Sicherheit auch noch andere Möglichkeiten zu helfen. Und hätte in ihrem Kopf auch nur einen Moment lang Ruhe geherrscht, hätte sie sich vielleicht sogar eine Alternative überlegen können. Immerhin gelang es ihr mithilfe von Atemübungen und Meditation, sich ab und an ein wenig zu entspannen.
    Sie rubbelte ihre Beine immer noch, und allmählich zeigte die Maßnahme Wirkung. Das Eis schmolz und sie konnte weitergehen. Ö kitt. Tudom ök, vernahm sie, als sie einen knorrigen Baum passierte. Sie sind hier, übersetzte ihr Kopf automatisch. Ich weiß, dass sie hier sind.
    Dann eine andere Stimme: „Du bist vielleicht ein hübsches Ding.“
    „Danke, ich weiß“, erwiderte sie in der Hoffnung, ihre eigene Stimme würde die anderen übertönen. Doch es half nichts. Tief einatmen, langsam ausatmen.
    Während sie weiterging, drangen verschiedene Gespräche aus verschiedenen Epochen in ihr Bewusstsein vor, wo sie sich förmlich übereinanderstapelten. Das meiste war Ungarisch, einiges Englisch, was das Ganze noch chaotischer machte.
    Ja. Ja! Berühr mich. Ja, genau da.
    Bárhol as én kardom? En nem tudom holvan.
    Wenn ich noch ein Mal seine Lippen schmecken darf, verspreche ich, ihn zu vergessen. Ich muss sie nur noch ein Mal schmecken.
    Ashlyn stolperte über Zweige und Felsen. Die Worte vermischten sich miteinander und wurden lauter. Immer lauter. Das Herz hämmerte in ihrer Brust, und sie konnte sich gerade noch davon abhalten, nicht vor lauter Frust loszuschreien. Tief einatmen, langsam ausatmen …
    Wenn du an die Tür klopfst, werde ich dich wie ein Tier ficken, und ich verspreche dir, du wirst jede Sekunde genießen.
    Sie hielt sich die Ohren zu, obwohl sie wusste, dass es nicht helfen würde. „Geh weiter. Du musst sie finden.“ Noch mehr Wind. Noch mehr Stimmen. „Geh weiter“, wiederholte sie, pro Schritt ein Wort. Sie war nun schon so weit gekommen; sie würde es auch noch ein bisschen weiter schaffen. „Du musst sie
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