Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Titel: Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder
Autoren: Anselm Gruen
Vom Netzwerk:
sich zu arbeiten. Man schwärmt für ein Idol und erwartet sich davon, dass man Anteil hat an seinem Glanz. Doch man sonnt sich in fremden Glanz, statt sich auf den Weg zu machen und den Glanz der eigenen Seele zu entdecken.
     
    In der Pädagogik spricht man heute auch vom Modell-Lernen. Gegen die Gefahr zu enger Verhaltensmuster, die man nachahmen möchte und dabei die eigene Identität verleugnet, soll das Modell zur kreativen und selbstbewussten Nacheiferung anregen. Beim Modell-Lernen geht es »um die Vermittlung sinnvoller Erfahrungs- und Lebensstile, die zugleich größere Wert- und Sinnperspektiven aufweisen«. (Albert Biesinger, Vorbild, in LThK 890) Dieses Lernen hat immer mit Begegnung zu tun. Ich begegne dem Vorbild, dem Modell, um in der Begegnung mir selbst zu begegnen und meine eigenen Möglichkeiten zu entdecken. Die Eltern und Lehrer sind immer schon für junge Menschen Modelle, an denen sie sich abarbeiten, ob sie das wollen oder nicht. Daher ist es nicht gleichgültig,wie Eltern und Lehrer den Menschen begegnen. Sie können nicht mit dem Anspruch auf die jungen Menschen zugehen: »Seht her, wir sind eure Vorbilder«. Sie können nur im achtsamen Umgang und im authentischen Lebensvollzug für die jungen Menschen als Vorbilder wirken . Die Lateiner haben diese dynamische Wirkung in den Satz gefasst: »Verba docent, exempla trahunt = Worte belehren, doch Beispiele (Vorbilder) ziehen.« Vorbilder haben eine Kraft in sich, die uns nach vorne bringt.
     
    Neben den konkreten Vorbildern, denen wir nacheifern können, gibt es die Urbilder, die sich in uns einbilden wollen. Es gibt die archetypischen Bilder des Mannseins oder Frauseins. In meinem Buch »Kämpfen und Lieben« und in dem Buch, das ich mit meiner Schwester Linda Jarosch geschrieben habe »Königin und wilde Frau« haben wir versucht, biblische Bilder des Mannseins und des Frauseins zu beschreiben. Wenn wir diese Bilder anschauen, dann haben sie eine heilende und belebende Wirkung auf uns. Wir entdecken uns selber und erkennen, welchem Bild wir am nächsten kommen. Und zugleich kommen wir in Berührung mit unseren eigenen Möglichkeiten. Wenn ich das Bild des Königs oder der Königin in mich einpräge, dann komme ich in Berührung mit der königlichen Energie in mir, mit der Ahnung, dass ich eine unantastbare Würde habe und dass ich durch mein königliches Sein auch anderen die Möglichkeit anbiete, ihre Würde zu entdecken. Und wenn ich das Bild des weisen Mannes oder der weisen Frau anschaue, entdecke ich in mir die Weisheit, die Gott mir geschenkt hat und die in mir durch all die Erfahrungen, die ich gemacht habe, gewachsen ist.
     
    Die biblischen Urbilder oder auch die Urbilder der Märchen und Mythen sind heilsame Bilder, Bilder, die uns in Berührung bringen mit den eigenen Möglichkeiten. Da ist das Bild des Helden, der sich durch viele Gefahren hindurchkämpft, um die Königstochter zu heiraten. Da ist die Königstochter, die verleumdet und aus dem Schloss vertrieben wird. Die Märchen zeigen in diesen Bildern, wie ein Mann und eine Frau reift, wie sie ihre Schattenseiten integrieren und wie sie zuletzt miteinander eins werden, nicht nur eins mit der Frau oder dem Mann, den sie heiraten, sondern mit dem animus und der anima in sich selbst, den männlichen und weiblichen Seelenanteilen, wie sie zu einem ganzen Menschen werden.
     
    In unserer Gesellschaft werden uns von den Medien oft normative Bilder vermittelt, Bilder, die uns zeigen, wie wir heute sein sollen, wenn wir modern sein wollen. Es sind Bilder, die uns vereinnahmen möchten, die uns in ein Korsett zwängen, das uns einengt. Heute ist es etwa das Bild des coolen Mannes oder der erfolgreichen Frau. Oder es ist das Bild der Hexe, die sich an keine Normen hält, oder des sportlichen Mannes, der alles im Griff hat und ewig jung bleibt. Dabei ändert sich der Zeitgeist und bringt immer wieder andere Bilder hervor. Das Bild des Macho ist heute nicht mehr hoffähig, höchstens noch in einigen Westernfilmen. Heute ist das Bild des sensiblen, verständnisvollen Mannes modern. Das ist ein hilfreiches Bild. Es kann den Mann aber auch überfordern, wenn es ihn daran hindert, seine Kraft zu entfalten. Die Bilder, die uns die Medien vorgeben, drängen in eine ganze bestimmte Richtung und legen fest. Wir sollten uns die Freiheit nehmen,sie zu hinterfragen: Tun sie uns wirklich gut? Entsprechen sie unserem Wesen? Oder wollen sie uns in eine bestimmte Richtung drängen?
     
    Waren es in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher