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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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prallen Sonne arbeiten.
    »Was ist passiert?«, fragte Agnes vorsichtig.
    Doch die Verletzte sagte nichts. Stattdessen irrte ihr Blick immer wieder nervös durch den Raum, als müsse sie sich immer wieder versichern, dass ihr niemand mehr nach dem Leben trachtete.
    Agnes untersuchte die vor Angst bebende Frau. Sie hatte ein paar Schnitte an den Armen, zum Glück nur oberflächlich. Die Wunden hatten zwar geblutet, doch war die Blutung inzwischen gestoppt. Die Natur war manchmal eben schneller und effektiver als jeder Medikus. Sonst hatte Maria nur ein paar Kratzer am Hals und eine Schwellung an der Schläfe von einem Schlag – mehr war nicht zu sehen. Agnes wollte im Kloster genauer nachschauen, dort war man wenigstens vor den neugierigen Blicken Fremder geschützt. Sie säuberte und verband schnell die Wunden an den Armen. Dabei bemerkte sie auch einige ältere Narben an den Handgelenken. Die Frau war außergewöhnlich schlank mit spindeldürren Gliedmaßen. Sie wirkte zerbrechlich wie Geschirr aus sehr dünnem Ton.
    »Nicht weggehen!«, flehte Maria, als sich Agnes umwandte.
    »Ich komme sofort wieder. Dann gehen wir zusammen ins Kloster. Dort seid ihr in Sicherheit. Alle Nonnen werden euch beschützen. Kein Fremder kommt dort ungesehen hinein. Alle Schwestern werden wachsam sein. Ganz bestimmt.«
    Maria nickte kurz, aber ihr flehentlicher Blick verriet ihre Angst.
    Agnes ging rasch in die Stube, wo Johannes vom Domhof und Ulrich von Engern miteinander redeten. Warum hatte gerade die Frau überlebt? Wurden die Angreifer gestört? Es wäre doch ein Leichtes gewesen, Maria aus ihrem Versteck zu holen? Oder war der Mann das Ziel gewesen? Und sie wurde lediglich leicht verletzt, als sie ihren Mann verteidigen wollte?
    Jetzt fiel der jungen Nonne die leere lederne Scheide an Kuniberts Gürtel auf. Aber das dazugehörige Messer war nirgends zu sehen. Entweder hatten die Angreifer es mitgenommen, oder es lag irgendwo im Raum. Sie würde später danach suchen müssen. Schnell legte sie ein Tuch über die Leiche, damit sie Maria hier entlangführen konnte. Der Armen sollte der Anblick ihres toten Mannes erspart bleiben.
    Beim Zudecken der Leiche bemerkte Agnes, dass sich die Jacke klamm anfühlte. Der Mann musste gestern Abend durch das Gewitter gelaufen und beim Hereinkommen angegriffen worden sein. Hatten die Eindringlinge hier auf ihn gewartet? Oder hatte er sie überrascht, als sie seine Frau angriffen?
    Agnes wandte sich an Ludolfs Vater: »Was ist passiert?«
    Ulrich von Engern antwortete an Johannes’ Stelle. »Maria wurde ganz offensichtlich überfallen. Das sieht man doch, oder? Ihr Mann wollte sie verteidigen und wurde getötet. Als sie sich Maria zuwandten, wurden sie jedoch von jemandem gestört und verjagt.«
    »Von wem? Gibt es Zeugen?«
    Ulrich legte seine Stirn in Falten. Er war es wohl nicht gewohnt, dass man seine Ansichten anzweifelte. »Ich werde schon dafür sorgen, dass der Schuldige hingerichtet wird.« Abrupt drehte er sich um, murmelte einen kurzen Gruß und rauschte davon.
    Verblüfft stand Agnes im Raum und schaute Marias Onkel hinterher. »Der hat es aber eilig.«
    »So ist er halt.« Johannes vom Domhof wandte sich lächelnd an sie. »Ich habe euch hier gar nicht erwartet. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, aber ich wusste nicht, dass ihr weg seid.«
    Verlegen zupfte sie an ihrem schwarzen Skapulier 2 . Sie suchte nach den richtigen Worten. »Letzten Januar kam ich hier nach Rinteln ins Kloster St. Jakobi. Ich sollte wie in Möllenbeck auch die Novizinnen unterrichten. Aber diesmal in einem richtigen Kloster, nicht nur in einem Stift mit einer Menge adeliger Damen.« Wie ein schüchternes Mädchen blickte sie dabei zu Boden.
    »Und? Macht es Spaß?«
    Sie zögerte. »Na ja, leider ist im Moment nichts mit Unterricht. Ich habe nun ... mmh ... andere Aufgaben.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    Johannes vom Domhof hatte schon längst bemerkt, wie blass und traurig Agnes aussah. Ihr offenes, liebenswürdiges Lächeln war verschwunden. Die munteren, braunen Augen hatten ihren Glanz verloren. Sie machte einen müden, erschöpften Eindruck. Selbst ihre Stimme klang heiser und rau. Diese Bedrücktheit zu sehen tat ihm richtig weh.
    »Ihr seht schmal aus«, sagte er diplomatisch.
    Agnes zuckte müde mit den Schultern. »Ich habe sehr viel zu tun. Manchmal komm ich nicht zum Essen.«
    Er nickte. »Ihr seht auch nicht glücklich aus.«
    Die junge Nonne schaute verwirrt zur Seite und zupfte
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