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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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Möglichkeit! Welche Todsünde hat sie denn begangen?«
    »Sie hat sich nicht an das Schweigegebot gehalten und sich meinen Anweisungen widersetzt.«
    Der Domdekan legte die Stirn in Falten und schüttelte nachdenklich den Kopf. Seine Stimme wurde ernster. »Ach? Das kann ich nicht glauben. Im Gegenteil, wenn Schwester Agnes etwas sagt oder tut, dann bestimmt nicht leichtfertig. Dann hat das einen guten Grund. Sonst müsste sie sich innerhalb eines Jahres doch sehr verändert haben. Ich habe sie ...«
    Die Äbtissin unterbrach ihn barsch: »Ihr habt hier nichts zu sagen. Ihr habt hier keinerlei Befugnisse! Ihr könnt nicht uneingeladen hereinkommen, mit dem Finger schnippen und Sachen verlangen, die euch nicht zustehen!«
    Nun richtete sich auch Johann von Rottorf auf. Seine Stimme wurde lauter, jegliche Freundlichkeit war daraus verschwunden: »Wir können das gerne mit dem Bischof von Minden besprechen. Ihr untersteht der Diözese Minden, deren Haupt Otto III. ist. Soll ich einen Boten schicken, damit er kommt? Oder wollen wir beide lieber gleich zu ihm?«
    »Wagt es nicht!«, kam es zischend.
    »Wer sollte es mir verwehren?« Er wartete vergeblich auf eine Antwort. »Wir beide, ihr und ich, sind nur dem Papst und dem Bischof verpflichtet. Aber was denkt ihr, auf wen von uns wird man eher hören? Wollt ihr wirklich die Probe machen?«
    Noch ehe die Äbtissin ein Wort herausbringen konnte, hatte der Domdekan Agnes ein Zeichen gegeben, und beide waren verschwunden. Zurück blieben ein paar erstaunte Nonnen, denen erst nach einigen Augenblicken klar wurde, was gerade geschehen war. Es war ein Schlag ins Gesicht der Äbtissin gewesen.
    Die gereizte Stimmung der Greta von Hattelen bekamen ein paar der jungen Novizinnen im Laufe des Tages unangenehm zu spüren.

Auftrag
    Im Rathaussaal beratschlagten sich der Bürgermeister Jaspar Prutze, Johannes vom Domhof, Ulrich von Engern und Arnold Bassenberg, der Priester der Stadtkirche St. Nikolai. Auch ein paar der Ratsherren waren inzwischen eingetroffen. Man diskutierte aufgeregt über die Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, um den Tod des Kunibert Nachtigal aufzuklären.
    Der Bürgermeister bestand darauf, dass der Graf einen fähigen Hauptmann schicken sollte, während Ulrich das selbst in die Hand nehmen wollte. Wer, wenn nicht er als Onkel der jungen Witwe, würde die Aufklärung des Verbrechens energisch und ernsthaft vorantreiben können? Aber den anderen Anwesenden war bewusst, dass auch niemand gnadenloser und unerbittlicher sein würde.
    In diese Runde trat nun der Domdekan mit Agnes und bot seine Hilfe an.
    Der Bürgermeister, ein etwas älterer Herr, reagierte gereizt: »Werter Herr, ihr habt kein Recht, hier zu sein. Rinteln ist Schauenburger Gebiet. Da lassen wir uns nicht von den Mindenern hineinreden.«
    Johann von Rottorf deutete eine zustimmende Verbeugung an. »Da habt ihr recht, mein lieber Herr Prutze. Aber das gilt nur im weltlichen Sinne. Geistlich gesehen ist Rinteln dem Bischof von Minden unterstellt.«
    Entrüstet erwiderte der Bürgermeister: »Die Untersuchung hat nichts mit Kirche zu tun. Mord ist eine Angelegenheit für weltliche Gerichte. Also habt ihr euch da herauszuhalten.«
    »Es geht doch auch um Maria Nachtigal, nicht wahr? Es heißt, ihr soll der Anschlag gegolten haben. Sie hat Visionen, es geschehen wundersame Dinge in ihrer Gegenwart. Von einigen wird sie schon als Heilige bezeichnet. Leute kommen von weit her, um dies zu sehen. Oder ist sie nur eine Ketzerin, die die Leichtgläubigen zum Bösen verführt? Da mein lieber Bruder Bassenberg hier ist, scheint ihr der gleichen Meinung zu sein.«
    Johann von Rottorf schmunzelte siegesgewiss. Sobald ein religiöser Aspekt ins Spiel kam – im Besonderen Häresie –, wurden alle gleich kleinlaut. Die Menschen waren sich sehr wohl bewusst, was ein kirchliches Sondertribunal in einer Stadt anrichten konnte. Der Bürgermeister schaute sich fragend um. Ulrich von Engern und der Priester nickten zögernd.
    Doch die Begleitung des Domdekans gab Prutze Rätsel auf: »Und was ist mit der Nonne an eurer Seite?«
    »Schwester Agnes von Ecksten hat schon in Minden zweimal gute Dienste bei delikaten Nachforschungen geleistet. Ich möchte sie auch hier in Rinteln wieder dabei haben.«
    Ulrich mischte sich nun ein. Energisch widersprach er: »Nein. Niemals. Das wird hier von Rinteln aus gemacht. Wir brauchen keine Fremden dabei.«
    Arnold Bassenberg legte Ulrich beruhigend die Hand auf die Schulter.
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