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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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außerdem mit einem Mann gesprochen, der kein geistliches Amt hat!«
    Agnes schwieg notgedrungen. Wer hatte sie angeschwärzt? Es war doch niemand aus dem Kloster anwesend gewesen? Johannes vom Domhof würde niemals so gemein sein. Was war mit diesem mürrischen Onkel Marias? Hatte sie ihn so sehr gereizt, dass er sich gleich hier beschwert hatte? Nein, es war wohl eher der Bote, der sie hinübergeführt hatte. Ein hinterhältiges Aas!
    Doch die Strafpredigt war noch nicht beendet. Die Äbtissin ging dabei langsam um die Angeklagte herum. »In Möllenbeck ist es vielleicht üblich, dass sich diejenigen, die sich dort Nonnen nennen dürfen, unkeusch betragen, aber hier nicht. Deine Lüsternheit werden wir dir schon noch austreiben. Es hat sich auch schon bis zu uns herumgesprochen, dass du sowohl im letzten Jahr als auch im Jahr davor mit einem Mann unverheiratet zusammengelebt hast. Eine Schande für dieses Kloster!«
    Sie konnte nur die Zeit meinen, in der Agnes zusammen mit Ludolf vom Domhof zwei Mordfälle aufgeklärt hatte. Aber es war doch nichts passiert! Sie war anständig geblieben! Sie war noch immer unberührt! Selbst Ludolf hatte sich immer respektvoll zurückgehalten.
    »Zur Strafe bekommst du heute kein Essen mehr und morgen lediglich eine Scheibe Brot mit Wasser.«
    Nicht schon wieder! Agnes war doch bereits den ganzen Tag über hungrig. In der Früh hatte sie nichts bekommen, weil die Morgenmahlzeit längst vorbei gewesen war, als sie schließlich die ganzen Tiere in den Stallungen versorgt hatte. Sonst hatten das immer zwei Nonnen gemacht. Doch jetzt musste sie das ganz allein schaffen und kam fast jedes Mal zu spät zu den Mahlzeiten.
    Agnes nahm sich gerade vor, auch das durchzustehen, als die Äbtissin ergänzte: »Damit du dir merkst, was Demut und Gehorsam sind, werden wir dir den Kopf scheren.«
    Agnes sprang erschrocken auf. »Nein!«, presste sie grimmig hervor.
    Die Priorin ahndete dieses Widerwort mit einem kräftigen Rutenschlag. Agnes zuckte zusammen, hatte sich aber schnell wieder gefangen. Blitzschnell wirbelte sie herum und zischte Margarete Rennemann an: »Wag es nicht noch einmal!«
    Doch die Priorin hatte das Gemüt eines Henkerknechts und ließ sich nicht einschüchtern. Kräftig ausholend zielte sie nun auf Agnes’ Gesicht. Ihr hämisches Grinsen wurde immer breiter, ihr gefiel die Aufgabe sichtlich. Glücklicherweise konnte Agnes den Hieb der Rute abwehren. Nur der getroffene Unterarm brannte wie Feuer.
    Aber bevor die Priorin zu einem zweiten Schlag ausholen konnte, wurde die Tür aufgerissen und eine energische Stimme rief: »Was geht hier vor?«
    Alles hielt die Luft an und starrte auf den unerwarteten Eindringling. Johann von Rottorf, der Domdekan zu Minden, trat in den Raum und schaute sich erstaunt um. Die meisten Nonnen erkannten ihn sofort. Rottorf war als Vertreter des Bischofs schon öfter im Kloster St. Jakobi gewesen. Seine Familie gehörte zu den angesehensten Herrschaften der Umgebung. Sein Vater war ein wohlhabender und einflussreicher Grundbesitzer. Die anwesenden Schwestern waren zu überrascht, um dem Gast eine Antwort zu geben. Und die erhobene und auf Agnes zielende Rute sprach auch so eine deutliche Sprache.
    Nach einem strengen Blick in die Runde wandte sich der Domdekan an die Äbtissin. Dabei setzte er ein betont freundliches Lächeln auf. Jedem war klar, dass hier gute Miene zum bösen Spiel gemacht wurde. »Schön, dass schon alle ehrwürdigen Damen beisammen sind. Das verkürzt die Angelegenheit ungemein. Ich möchte die so hilfsbereite und so glaubenstreue Nonne Agnes von Ecksten abholen. Wir brauchen ihre Hilfe in einer wichtigen Angelegenheit. Ihr habt doch bestimmt nichts dagegen, werte Schwester im Herrn?«
    Greta von Hattelen war sichtlich verärgert über die Störung. Sie trat näher heran und richtete sich so weit es ging auf. Ihre schicklich gefalteten Hände waren so verkrampft, dass ihre Knöchel weiß leuchteten. Ihre Stimme bebte vor Aufregung: »Wofür braucht ihr diese Person?«
    »Es geht um die junge Frau Maria Nachtigal, die ihr freundlicherweise aufgenommen habt. Wir wollen herausfinden, was passiert ist und wer ihren Mann getötet hat.«
    »Das geht nicht!«, kam es unwirsch. »Agnes hat Arrest. Sie hat sich ungebührlich verhalten. Ich werde euch eine passendere Schwester mitgeben.«
    Rottorfs Verwunderung war nicht gespielt, obwohl er die Szene beim Eintreten sehr genau verstanden hatte. »Ungebührlich? Ist denn das die
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