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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck
Autoren: Kari Köster-Lösche
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rede, überleg dir doch, was wir anstellen könnten, um dem Rat mal Feuer unter dem Hintern zu machen«, schlug Puttfarcken vor. »Diese Dösbattel ein bisschen zu erschrecken ist schon lange fällig.«
    »Wer muss denn da noch lange überlegen?«, rief ein anderer. »Wir könnten Brände vor einem Tor legen, um die Wächter herauszulocken, oder wir könnten die Boote der Binnenschiffer reihenweise losmachen oder alle Kirchenglocken auf einmal läuten oder die Gänge versperren, in denen Leute leben, die wir nicht leiden können …«
    »Hör auf«, unterbrach ihn Puttfarcken gelangweilt. »Das haben wir doch alles schon gemacht. Lass dir etwas Neues einfallen. Schankmädchen, wo bleibt das Essen!«
    »Sofort, junger Ratsherr«, antworteten der Wirt und das Mädchen unterwürfig im Chor.
    »Na, noch bin ich’s nicht«, antwortete Puttfarcken grinsend. »In ein paar Jahren dürft ihr mich so anreden.«
    »Dann werdet Ihr im Ratskeller speisen, nicht mehr hier«, bedauerte der Wirt.
    Wittenborch, der das Gespräch still verfolgte, während die übrige Gruppe lebhaft disputierte, stellte fest, dass Schmeicheleien ihre Wirkung bei Nicolaus immer noch nicht verfehlten. Es war eine seiner Kardinaluntugenden, ansonsten war er ein verlässlicher Freund, den er seit ihrer gemeinsamen Zeit auf der Stadtschule Sankt Jakobi kannte. Manches Mal hatte Nicolaus ihn vor allzu harten Strafen mit dem Pritschholz bewahrt, und der Lateinlehrer hatte wegen der hohen Stellung des Ratsherrn Puttfarcken nicht gewagt, den Sohn zu relegieren.
    »Ach was, ich werde mich natürlich so nach deinem Fraß sehnen, dass ich zurückkomme«, murrte Puttfarcken nach einer nachdenklichen Pause, um sich dann plötzlich wieder seinen Freunden zuzuwenden. »Was ist, raus mit euren Ideen! Giovanni, was meinst du dazu?«
    Die ganze Gesellschaft richtete ihre Aufmerksamkeit auf einen jungen Mann am Tischende.
    »Nicolaus, treib es nicht zu weit«, riet Giovanni bedächtig, »bisher ist der Rat nachsichtig gewesen, obwohl er natürlich weiß, aus welcher Quelle die Streiche stammen. Aber irgendwo gibt es sicherlich auch für ihn eine Grenze …«
    »Ach was«, tat Puttfarcken ab.
    Dieser Giovanni hatte sich immerhin einen Rest von Verstand bewahrt, fand Wittenborch, während alle anderen sich beeilten, Nicolaus beizupflichten. Seine bräunliche Haut wies ebenso wie sein Name darauf hin, dass er nicht in Lübeck gebürtig war. Aber er sprach, als hätte er hier schon immer gelebt.
    »Schwierig. Wir haben ja schon alles gemacht«, meldete sich einer der anderen gelangweilt. »Hast du nicht selber eine Idee?«
    »Natürlich!«, bestätigte Nicolaus mit einem selbstsicheren Grinsen.
    »Lass hören!« Die ganze Gesellschaft wurde still, bis auf zwei Streithähne.
    »Also, die Idee trage ich schon seit einiger Zeit mit mir herum«, begann Nicolaus behäbig, um die Aufmerksamkeit auch der letzten beiden einzufangen. »Zuvor muss ich aber etwas wissen. Ist gegenwärtig jemand am Kaak angekettet? Ich meide den Rathausplatz, solange die alten Herren tagen, und war seit der vorigen Woche nicht mehr dort …«
    Gelächter.
    »Nur die Frau eines Brauers«, wusste einer. »Sie soll sein Bier gepanscht haben. Hat er behauptet.«
    »Kette oder Strafmantel?«
    »Nur Halsgeige. Das Niedergericht glaubte der Ausrede des Brauers wohl nicht so ganz, weil er schon einmal in Verdacht geraten war.«
    »Sie ist mir egal. Er auch. Aber die Halsgeige ist hervorragend für meinen Plan«, stellte Nicolaus begeistert fest. »Also hört zu. Wir brechen die Halsgeige auf, das ist eine schnell gemachte Sache. Die Frau mag gehen, wohin sie will. Und dann …«
    »Und dann …?«, flüsterte jemand.
    Puttfarcken pulte schweigend mit der Zunge in seinen Backenzähnen, um die Spannung noch ein wenig anzuheizen. »Und dann schmücken wir den Kaak mit Eichhörnchenfellen. Mit einem Kranz um den Hals, als wär’s der Kragen eines gutgestellten Bürgers.«
    Für einen Augenblick herrschte Stille, selbst am Ausschank, dann brach der Tumult los.
    »Mensch, Puttfarcken!«, schrie einer, um den Lärm zu übertönen, »dafür schicken sie uns auf den Strafstuhl! Eine solche Verhöhnung lässt sich der Rat nicht gefallen. Auch wenn es keine Hermelinfelle sind.«
    »Man könnte es wagen. Sobald Puttfarckens Vater erfährt, wessen Idee es war, passiert uns nichts«, prophezeite Giovanni. »Aber die flüchtige Frau werden sie aufgreifen und dann richtig hart bestrafen. Deswegen bin ich
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