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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck
Autoren: Kari Köster-Lösche
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dagegen.«
    »Was geht uns die Frau an! Trotzdem würde ich nicht darauf wetten, dass sie uns ungeschoren lassen. Nicolaus’ Vater ist als Richter der Stadt verpflichtet.«
    »Giovanni hat schon recht«, verkündete Nicolaus hochmütig. »Mir würde mein Vater nichts tun. Außerdem ist es ein Streich, den man in der Stadt nicht vergessen wird. Ich kröne damit meine Abreise nach Paris.«
    Wittenborch war unbehaglich zumute. Er glaubte nicht, dass eine solche Tat noch unter den Tatbestand eines Streiches fiel. Es handelte sich vielmehr um eine Kriegserklärung an den Rat, denn sie stellte die Macht der Stadt Lübeck über Hochgericht und Niedergericht in Frage. Aber Puttfarcken bereitete zweifellos mit dieser Idee, die so ungewöhnlich war, dass man jahrelang darüber reden würde, seinen zukünftigen glänzenden Lebensweg als Ratsherr vor. »Felle sind teuer«, bemerkte er.
    Nicolaus winkte ab. »Eichhörnchen doch nicht! Mein Vater hat gerade drei Fässer voll bekommen.«
    »Für einen Kaakkragen wird man eine ganze Menge brauchen. Man wird den Diebstahl entdecken«, wandte jemand am Tischende ein, wo erfahrungsgemäß nicht die allerbesten von Puttfarckens Freunden Platz zu nehmen hatten.
    »Sei nicht so kleinmütig! Bis der Gehilfe an das hinterste Fass gelangt, aus dem wir das Zeug nehmen, bin ich längst in Paris«, wiegelte Puttfarcken unwillig ab. »Außerdem bekommt Vater die Felle ja zurück. Er wird sie schon als die seinen erkennen.«
     
    Der Wirt und sein Knecht trugen ein Brett mit den Speisen herein. Die Platte mit knusprigen Hahnenschlegeln, die in einer scharf duftenden Tunke gewälzt worden waren, wurde vor dem Ratsherrensohn als dem vornehmsten Gast im »Affenbrot« und gleichzeitig Gastgeber abgesetzt. Für die weniger engen Freunde am Tischende gab es Dörrfleisch mit Saubohnenmus und als Nachspeise für alle einen süßen, gelben Brei.
    Der Schiffer erhob sich, um sich zu verabschieden. Wo solche Pläne geschmiedet wurden, wollte er nicht anwesend sein, mitmachen würde er ohnehin nicht, außerdem war der Beginn der Mahlzeit ein passendes Signal zum Aufbruch.
    Puttfarcken, der seinen Freund kannte, langte nach dessen Oberschenkel und drückte ihn auf die Bank. »Bleib«, befahl er. »Wir werden uns mehrere Jahre nicht sehen.«
    Dagegen fand Wittenborch kein schlagendes Argument und setzte sich wieder. Zu seinem Glück wurde der Plan nicht mehr erwähnt, sobald der heiße Würzwein als Auftakt gebracht worden war und sich danach alle hungrig den Speisen widmeten.
    Die Platten waren noch nicht ganz abgeräumt, als der junge Mann namens Giovanni ohne vorherige Anzeichen von Unwohlsein mit einem vernehmlichen Seufzer von der Bank fiel. Die meisten sprangen erschrocken auf und scharten sich um den am Boden Liegenden.
    Wittenborch stieß sie beiseite und kniete sich neben den Bewusstlosen. An Bord war er derjenige, der sich um Verletzte und Kranke kümmerte, da er als Einziger Ratschläge nachzulesen imstande war.
    Giovanni war einer der vielen Kaufmannssöhne, die Puttfarcken um sich sammelte, um wenig später das Interesse an ihnen zu verlieren. Dieser schöne Jüngling war möglicherweise sogar ritterbürtig, denn er hatte ein ungewöhnlich geschnittenes, schmales Gesicht wie Männer von jenseits der Alpen. Jetzt war er auffallend blass, und sein Körper bebte wie bei starkem Schüttelfrost.
    Wittenborch klopfte ihm sanft die Wangen, ohne dass sich ein Erfolg einstellte. »Wir legen seine Beine auf die Bank, damit das Blut wieder in den Körper zurückfließt«, ordnete er an.
    »Nein, bringt Giovanni raus!«, fuhr Puttfarckens Stimme dazwischen. »Wer kann denn beim Anblick eines Siechen feiern? Und wer weiß, was er hat! Auf dem Rittergut seines Vaters kann er sich Aussatz oder sonst was geholt haben …«
    Volrad Wittenborch runzelte die Stirn. »Er ist doch einer deiner Freunde …«
    Doch Puttfarcken kümmerte sein Einwand nicht. »Wirt!«, brüllte er.
    Der Wirt kam zutiefst erschrocken aus der Küche gerannt und verbeugte sich vor Puttfarcken. »Ratsherr? Was liegt an?«, erkundigte er sich mit zitternder Stimme.
    »Du hast uns eine vergiftete Speise kredenzt! Dein Mus bringt meine Freunde um!«
    »Nein, Ratsherr«, stammelte der Wirt entsetzt, »ganz bestimmt nicht! Und sieh, alle anderen sind gesund.«
    Das war nicht von der Hand zu weisen. Wittenborch musterte einen nach dem anderen. Die Gesichter der jungen Männer zeigten Verwunderung, manche auch Belustigung über die sichtbar
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