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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben
Autoren: Paul Gallico
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England kommen und ich könnte sie dort vielleicht einführen.»
    Wiener sagte: «Ja. Aber in der Zwischenzeit haben wir die Großen laufen lassen — die, die sie gedungen und ihn geschickt haben.» Und er deutete mit dem Kopf auf den Toten.
    «Was hätten Sie davon?» fragte Hero. «Schon morgen werden sie wissen, daß Sie Constable aus ihrer Falle befreit haben, und werden schleunigst nach Hause zurückkehren. Übrigens, wenn sie dort ankommen, werden sie sich bestimmt verantworten müssen. Ich nehme an, es wird ihnen dort noch schlechter ergehen, als wenn Sie sie geschnappt hätten.»
    Und dann rief Hero mit jäher Leidenschaft: «Ich bin sogar froh, daß Tina Cryder tot ist. Wenn sie noch lebte, müßten Sie sie ins Gefängnis stecken. Ich glaube, sie ist mit dem Tod besser davongekommen.»
    Er fragte sich einen Augenblick, ob ihm die Nerven durchgingen. Er sah, daß die drei Männer ihn mit offenem Munde staunend anblickten, und sagte: «Verzeihen Sie.»
    Es war Philbrick, der das letzte Wort hatte. «Ich glaube, wir werden die Engländer nie ganz durchschauen können», sagte er. «Aber trotzdem ist es gut, daß wir in einem Boot sitzen.» Dann fügte er, wobei er die Leiche betrachtete, hinzu: «Er hat recht. Wir werden den Lumpen verscharren.»
    Nur Saul Wiener war auf dem Flughafen, um sich von Hero zu verabschieden, als dieser am nächsten Spätnachmittag nach London zurückflog. Der FBI-Mann hatte ihn in seinem Wagen zum Kennedy-Airport hinausgefahren, und während der ganzen Fahrt hatte Hero gemerkt, daß Wiener etwas auf dem Herzen hatte. Vorher hatte er Finis unter den Fall der Hand Mary Constables geschrieben und damit zu verstehen gegeben, daß der Wissenschaftler seine Arbeit an der Operation Fingerhut wieder aufgenommen hatte, als sei nichts geschehen. Aber danach hatte sich das Gespräch nur mühsam dahingeschleppt. Als Hero sich an dem Schalter der BOAC gemeldet hatte und darauf wartete, daß man die Passagiere, die nach England fliegen wollten, aufrief, standen sie, sich noch ein paar Minuten unterhaltend, an der Barriere und versanken dann in ein beklemmendes Schweigen. Wiener schluckte und war offensichtlich bemüht, endlich mit der Sprache herauszurücken. Was mag er mir wohl sagen wollen? dachte Hero...
    Schließlich gelang es dem FBI-Mann, seine Scheu zu überwinden. «Hören Sie, ich weiß, ihr Briten haßt das, aber nächstes Jahr habe ich ein paar Monate Urlaub, und ich habe meiner Familie und mir selbst versprochen, daß wir dann alle zusammen, auch die Kinder, unsere erste Reise nach Europa machen wollen. Dürfen wir Sie vielleicht, wenn wir in London sind, besuchen? Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich es gern tun. Inzwischen werde ich Ihnen gelegentlich schreiben, um Sie wissen zu lassen, wie alles weitergeht. Blöderweise hat es mir Freude gemacht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.»
    Hero spürte, wie sein Herz plötzlich überströmte. Als er sich von Philbrick verabschiedete, hatte dieser trocken angedeutet, daß er vielleicht in aller Stille einen Orden für seine Arbeit erhalten würde und darum nicht überrascht sein sollte, wenn er eines Tages in die amerikanische Botschaft gebeten würde, um ihn in Empfang zu nehmen.
    Aber dieser Saul Wiener, den er von Anfang an gemocht hatte, bot ihm etwas anderes, seine Freundschaft. Ihm wurde klar, daß in vieler Hinsicht die Amerikaner den Briten gegenüber ebenso scheu waren wie umgekehrt die Briten ihnen gegenüber.
    «Bitte, tun Sie es», sagte Hero. «Es würde mich freuen, wenn Sie meine Mutter und meine Stiefschwester Meg kennenlernten, und ich weiß, es würde sie ebenfalls freuen, Sie kennenzulernen. Vielleicht kommen Sie alle zu uns ins Schloß Heth und wohnen bei uns. Aber lassen Sie mich auf jeden Fall vorher wissen, wann Sie kommen.»
    Sie waren nicht mehr voreinander verlegen. Etwas Wertvolles war angeboten und angenommen worden, und für einen Augenblick genossen sie diese neue Beziehung und lächelten einander mit Respekt und ehrlicher Sympathie an. Dann schüttelten sie sich die Hände, und Hero ging durch das Tor, das ihn aus den Vereinigten Staaten herausführte.

    Der Wind kam von Westen. Und nachdem das Flugzeug gestartet war, flog es in Richtung Manhattan, um Höhe zu gewinnen, bevor es kreiste und den Atlantik erreichte.
    Hero blickte noch einmal auf die Stadt hinunter. In einem dieser dicht nebeneinanderstehenden Gebäude lag auf einer Marmorplatte die Leiche eines jungen Mädchens. Ein Tuch war über die
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