Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition)
Autoren: Katharina Hacker
Vom Netzwerk:
Bentham hat sich darüber fürchterlich aufgeregt. Mein Gott, habe ich zu ihm gesagt, wer glaubt schon, daß sie nicht foltern. Die Amerikaner, die Engländer. Aber Bentham war entsetzt, er war niedergeschlagen. –Mir hat er gar nichts gesagt, murmelte Jakob. Isabelle schaute ihn an. –Jakob? fragte sie, aber er hörte sie nicht. Der Hubschrauber kreiste, gewann an Höhe, flog in einer scharfen Kurve nach Süden. –Wovon redet ihr überhaupt? fragte sie heftig. Etwas klapperte, es war Krapohl, der die Fenster hochzog. Isabelle wollte ihm winken, aber er schaute nicht zu ihnen hinunter. Sie drehte sich unruhig zur Straße, die jetzt still dalag, die Sirenen waren auch verstummt. –Irgendwann wird es uns hier erwischen, sagte Alistair, und warum sollten auch ausgerechnet wir unsere Ruhe haben? Isabelle sah Jakob an, der in sich zusammengesackt war. Warum tut er nie etwas? dachte sie, warum wehrt er sich nicht? Sie spürte, wie er mit etwas kämpfte, und er fragte nicht, wie es ihr ging, er schien sie vergessen zu haben. –Nun schaut euch an, wie wir hier rumstehen, Alistairs Stimme klang boshaft.
    –Ich möchte nach Hause gehen, sagte Jakob still. Er löste sich von dem Gitter, zögerte nur einen Augenblick, dann lief er los, ohne sich umzudrehen. Isabelle und Alistair standen reglos. –Was ist denn? fragte Isabelle hilflos und spürte, daß sie mit den Tränen kämpfte. –Was ist denn nur?
    –Das solltest du wissen, erwiderte Alistair.
    –Aber was war das mit Bentham, was hat das mit euch zu tun, die Fotos und all das?
    –Was das mit uns zu tun hat? Wenn Engländer im Irak foltern und Kinder erschießen? Alistair zuckte mit den Achseln. –Wahrscheinlich nichts. Hauptsache, uns geht es gut. Er grinste Isabelle an, kalt, boshaft. –Es ist aber nicht deswegen, sagte Isabelle.
    –Kann schon sein, sagte Alistair. Komm, wir gehen etwas trinken. Dann hat Jakob Zeit, sich zu beruhigen. Oder streitet ihr gar nicht?
    Isabelle schüttelte den Kopf. –Wir streiten nicht. Jakob war schon um die Ecke verschwunden, sie dachte, daß er nicht nach Hause gehen würde. Wahrscheinlich wußte er nicht, wohin mit sich. –Worüber sollten wir auch streiten? Alistair trat auf sie zu, nahm ihr Gesicht in seine Hände. –Was du so denkst, sagte er, was wohl in deinem Kopf vorgeht?

    Zwei Stunden lief Jakob durch Camden, in der Hoffnung, die Straße wiederzuerkennen, in der Miriam wohnte, aber er fand sie nicht. Schließlich fuhr er ins Büro zurück. Mister Krapohl räumte noch in der Bibliothek Bücher aus einem Regal in ein anderes, sonst waren alle gegangen, von Alistair und Isabelle keine Spur. Jakob überlegte, Alistair auf seinem Handy anzurufen, dann entschied er sich dagegen. Es ist nichts passiert, dachte er, aber er war unruhig. Auf seinem Schreibtisch lag ein Zettel von Maude, Mister Miller hatte angerufen und bat um Rückruf. Der zweite Zettel lag darunter, er war von Bentham. Lassen Sie uns nach Berlin fahren. Mir würde eine kleine Reise guttun, Schreiber ist begeistert. Wenn Sie einverstanden sind, fliegen wir morgen um elf Uhr von Heathrow. Wenn nicht, rufen Sie mich bitte kurz zu Hause an. Ich habe drei Flüge reserviert, falls Ihre Frau uns begleiten möchte.
    Jakob hielt den Zettel in der Hand, dann faltete er ihn sorgfältig zusammen. Er sah Bentham so deutlich vor sich, als wäre er bei ihm. Dann packte er zusammen, was er an Papieren für die Reise brauchte.

    Isabelle kam erst gegen Mitternacht, sie wirkte angetrunken, fiel ihm um den Hals und fragte nicht, wo er gewesen sei. Als er ihr sagte, er wolle morgen mit Bentham nach Berlin fliegen, schien sie zu erschrecken. Sie ging in die Küche und holte sich ein Glas Rotwein. –Wie lange denn? Jakob zögerte. –Nur zwei oder drei Tage. Ihr Gesicht sah klein aus. –Gleich morgen früh? fragte sie.
    Sie ging zu Bett und schlief sofort ein. Er streichelte die Decke über ihrer Schulter, sie atmete gleichmäßig, und er schämte sich, daß er sie nicht gefragt hatte, ob sie mitkommen wolle. Zwei Anzüge und Hemden hatte er schon gepackt.
    Am Morgen schlief sie noch, als er aufstand, er überlegte, sie aufzuwecken. Doch dann schrieb er nur auf einen Zettel, daß er sie später anrufen werde, legte Geld auf die Kommode in ihrem Arbeitszimmer – in der Schale lag nur eine einzige Zwanzig-Pfund-Note – und ging hinaus. Wie ein Dieb, dachte er, aber als er in die U-Bahn einstieg, war er aufgeregt und glücklich. Sobald sie in Tegel gelandet wären, würde er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher