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Die grünen Augen von Finchley

Die grünen Augen von Finchley

Titel: Die grünen Augen von Finchley
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daß er fast genauso aussah wie Doktor Woodrof. Vielleicht war er etwas jünger …«
    Corner blickte den Anwalt an: »Sie vertreten die Interessen Sir John Marshalls?«
    »Ja …« Schmunzelnd fügte Woodrof hinzu: »Und im Augenblick beschütze ich außerdem noch Fräulein Evelyn vor meinem unheimlichen Doppelgänger, den ich übrigens gern einmal kennenlernen möchte.«
    Corner wurde ernst: »Ich fürchte, das wird nicht mehr möglich sein, Herr Doktor.« Dann fragte er Evelyn: »Wie war der Fremde gekleidet?«
    Sie dachte einen Augenblick nach, bevor sie die Sachen aufzuzählen begann, die sie in Erinnerung behalten hatte: »Grauer Mantel, brauner Hut, braune Schuhe, grauer oder brauner Anzug, ein Seidenschal …«
    Der Inspektor unterbrach sie: »Und auffallend hellgelbe Schweinslederhandschuhe?«
    »Ja, recht auffallende …«
    »Na also …«, Corner trank seinen Tee in einem Zuge aus. »Da haben wir ihn ja …«
    »Den Mörder?« Woodrof fuhr von seinem Sessel auf.
    »Nein, den Ermordeten!«
    Evelyn schloß eine Sekunde lang die Augen: »Ist er wirklich ermordet worden?«
    Der Inspektor nickte: »Leider scheint kein Zweifel daran zu bestehen. So wie die Sache sich mir bisher zeigt, muß der unbekannte Tote von Finchley derselbe Mann sein, der Sie gestern auf der Straße angesprochen hat. Nur hat man sein Gesicht unkenntlich gemacht und sogar an seinem Körper derartige Verstümmelungen vorgenommen, daß eine Identifizierung unmöglich ist. Und das ist wichtig, denn …«, er stockte einen Augenblick, »der Mensch, der heute morgen endgültig den Pelz erwarb und Ihnen den Fuchs schicken ließ, ist nicht der Mann, der Sie ansprach.«
    Verblüfft schaute Evelyn Corner an. »Das ist doch unmöglich! – Wie sollte denn ein anderer wissen, was wir gestern nachmittag gesprochen haben?«
    »Auch mir ist das vorläufig noch ein Rätsel! … Fest steht jedoch: Der Pelz wurde heute morgen gekauft. Um diese Zeit aber war die Leiche schon aufgefunden und von uns unter Bewachung gestellt worden. Der Pelzhändler glaubt allerdings, beschwören zu können, daß der Mann, der heute morgen in seinem Laden erschien, derselbe ist, der gestern abend den Fuchs zurücklegen ließ. Zwar war er heute anders gekleidet, doch soll er wieder diese auffallend hellen Handschuhe getragen haben.«
    In diesem Augenblick lachte Woodrof ironisch auf: »Sie entwickeln da recht gewagte Theorien, mein lieber Corner …«
    Der Inspektor ließ den Einwurf unbeachtet. Wort für Wort betonend, fuhr er fort: »Seelenruhig kaufte der Mörder für Sie den Fuchs, nachdem er kurz vorher einen Unbekannten und noch einen anderen armen Kerl ermordete. Denn – das habe ich Ihnen bisher nicht gesagt – er brachte auch einen gewissen Ben Farmer um. Damit löschte er den einzigen Zeugen aus, der seinen Wagen in der Nähe des Tatorts gesehen hatte.«
    Woodrof wiederholte lächelnd: »Gewagte Thesen, Herr Inspektor … Erstens: Warum soll der Mann, der Fräulein Marshall gestern ansprach, ermordet worden sein? Ebenso kann es sich bei ihm um den Mörder handeln. Es ist doch möglich, daß er dem Opfer seine Sachen angezogen hat, wie? Vielleicht hatten sie beide die gleiche Figur … Außerdem klammern Sie sich an die hellen Schweinslederhandschuhe … Wenn's darum geht, können Sie mich gleich verhaften, denn ich habe auch solche Dinger! Und ich möchte nicht nachzählen, wie viele Londoner sich gleichfalls ähnlicher Handschuhe erfreuen!«
    Stirnrunzelnd blickte Corner ihn an. Kurz darauf verabschiedete er sich.

6
    Jerry Scherk war eine jener Gestalten, die in den Abgründen einer Großstadt leben und – wenn sie nicht gerade hinter ›Schwedischen Gardinen‹ sitzen – von großen und kleinen Raubzügen existieren.
    Am Abend des Tages, an dem in Finchley zwei Morde entdeckt wurden, lag er in seiner jämmerlichen Bude auf einem zerschlissenen Sofa und starrte gegen die trüben Scheiben in den nicht zu erkennenden, nebelverhangenen Himmel.
    Plötzlich fuhr er zusammen: Die Tür hinter ihm hatte leise geklappt, und schon in der nächsten Sekunde stand eine hohe Gestalt in der Dunkelheit des Zimmers.
    Eine schwarze Maske verdeckte das Gesicht des Eindringlings, und sein unmoderner, langer Regenmantel reichte fast bis auf die Schuhe. In der Hand hielt er eine mattschimmernde Pistole, deren Lauf er nun Zentimeter um Zentimeter Jerrys Stirn näherbrachte.
    Gelähmt vor Angst, konnte Jerry nur röchelnd flüstern: »Was wollen Sie?«
    »Das kommt ganz darauf an, wie
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