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Die große Volksverarsche

Die große Volksverarsche

Titel: Die große Volksverarsche
Autoren: Hannes Jaenicke
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populäre Beispiele:
    = Pfizer
= GlaxoSmithKline
= Merz Pharma
    Bild 10

    KONSUMENTEN-NAVI
    Lieber ’ne frische Tomate oder Birne mehr als ein Vitaminpräparat, das eh nicht resorbiert wird, sondern wie ein Klumpatsch im Magen liegt. Schon eine halbe Paprika deckt den Tagesbedarf an Vitamin C.

    Exempel Orthomol. Dieses Unternehmen hat mit seiner »Idee für mehr Gesundheit« eine Lifestyle-Produktpalette für jeden Bedarf entwickelt:
    Augen

Knochen, Gelenke und Bindegewebe

Herz und Gefäße

Immunsystem

Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit

Prostata

Sport

Stressbedingte Beschwerden

Wechseljahre

Innenohrerkrankungen

Mentale Leistungsfähigkeit

Weitere Produkte

    Bild 11
    Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung der Mikronährstoffversorgung für Erwachsene.

    Hier findet jedermann das für ihn passende Orthomol-Präparat, um sich sein persönliches Mehr an Gesundheit angedeihen zu lassen. »Trend zur Selbstmedikation (Consumer Health Care)« nennt Boehringer Ingelheim diese Hoffnung der Konsumenten, dem eigenen Körper mit Pillen und Pülverchen etwas Gutes zu tun. Klar, dass die Pharmaindustrie diesen profitablen Trend kräftig ausnutzt und befeuert. Ob in den Regalen der Apotheken,
in Zeitschriftenanzeigen oder in Werbespots – überall prangt das plumpe Versprechen der Arzneimittelproduzenten: »Das tut Ihrem Körper gut.« Von wegen. Der Einzige, dem es gut tut, wenn sich die Kunden immer wieder verführen lassen, ist der Gierschlund der Pharmaindustrie. Besonders übel sind auch jene Ärzte, die sich oder ihr Personal von den Herstellern anheuern lassen, um deren Lifestyleprodukte in der Praxis direkt an die Patienten zu verhökern – zumal es sich bei diesen Produkten noch nicht einmal um Arzneimittel, sondern um Medizinprodukte handelt, die weder auf Wirksamkeit noch auf Sicherheit und Verträglichkeit behördlich überprüft werden ...
    Die Mongering-Masche
    Gesundheit ist ein wertvolles Gut. Für die pharmazeutische Industrie aber ist die Krankheit viel wertvoller. Deshalb hat sie sich auch eine ganz perfide Marketingstrategie einfallen lassen: disease mongering. Hinter diesem Fachbegriff verbirgt sich nichts anderes als das Erfinden von Krankheiten. Stellen Sie sich mal vor, der ADAC würde plötzlich verkünden: Schrammen und Beulen am Auto gefährden die Fahrsicherheit. Natürlich kann man unterstützend mit namhaften Experten sowie aufwendigen Studien und entsprechenden Testergebnissen aufwarten. Und schon befinden sich die Autoindustrie und ihre Vertragswerkstätten im Aufwind ... Absurd? Nicht so absurd, als dass der Pharmaindustrie nicht genau dieser Marketing-Coup immer wieder gelingen würde. Ganz natürliche körperliche Lebensprozesse wurden plötzlich zu sogenannten behandlungspflichtigen Erkrankungen: menopausale Beschwerden, sinkender Testosteronspiegel, Erektionsstörungen, Osteoporose. Und ebenso
natürlich hatte man auch prompt die passenden Arzneimittel im Angebot – obwohl zum Beispiel kein Medikament die Osteoporose aufhalten kann. Viel wirkungsvoller sind Bewegung und kalziumreiche Ernährung – wobei von hoch dosierten Kalzium präparaten einmal mehr abzuraten ist, da sonst das Herzinfarktrisiko steigt. Auch der Hype um das Cholesterin gehört übrigens in diese Kategorie. Eines Tages war es da, das gefährliche Monster Cholesterin. Und ebenso die Cholesterinhemmer der Pharmafirmen – von dem Margarinemedikament (»Herzgesund mit Becel«, »Mit Becel pro.activ den Cholesterinspiegel senken«) mal ganz abgesehen ... 75 Dass der Mensch das Cholesterin, das in jeder Zelle, aber vor allem in der Leber gebildet wird, zum Leben braucht – für die Lungenfunktion, die Sexualfunktion und die Schilddrüsenfunktion –, davon war keine Rede mehr. Stattdessen wurde Cholesterin, dem verteufelten Blutfett, das gar kein Fett, sondern ein Alkohol ist, der Kampf angesagt. Der Kampf um neue Absatzmärkte ... Auf der Suche nach eben solchen kam zum Beispiel die Firma Pfizer auf die glorreiche Idee, für ihr berühmtes Potenzmittel eine Indikation bei Frauen zu erfinden: Female Sexual Dysfunction Syndrom. Uh, ein Syndrom. Klingt gefährlich. Und unbedingt behandlungsbedürftig. Und zwar mit Viagra. Daraufhin wurde diese neue Krankheit auf großen Kongressen und wichtigen Fachtagungen publik gemacht – bis Pfizer der ebenso pfiffige wie renommierte Journalist Ray Moynihan 76 in die Quere kam und den Schmarrn aufdeckte. Pfizer sah sich daraufhin gezwungen, sein »rosa Viagra«
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